Offensichtlich bereitet der Stopp beim Azure Window Unbehagen bei Anna. Die gegen die Küste donnernden Wellen scheinen wirklich gefährlich zu sein und mütterlich ermahnt sie uns mehrmals zur Vorsicht. Aber ein Besuch von Gozo ohne das Azur Window? Das geht ja gar nicht. Wie beliebt und wichtig das Azur Window als Ausflugsziel auf Gozo ist, lässt sich schon an der gut ausgebauten Zufahrtsstraße und dem ordentlich angelegten Parkplatz vor Ort erkennen. So ist hier auch trotz des Sturms einiges los.
Weltweit bekannt wurde das Azure Window zuletzt durch die Serie Game of Thrones. Der 50 Meter hohe Kalksteinfelsen, der einen natürlichen Bogen formt, diente als Kulisse für die Hochzeit von Daenerys Targaryen mit Khal Drogo. Leider ist der Ort auch einer der Gründe, weshalb HBO auf weitere Dreharbeiten in Malta verzichtet. Da die Küste vor dem Blauen Fenster stark verkarstet und zerklüftet ist, musste für die Dreharbeiten ein Bereich mit Sand aufgefüllt werden. Da Drehorte nach dem Abschluss der Filmaufnahmen wieder in den ursprünglichen Zustand zu setzen sind, musste das Material natürlich auch wieder entfernt werden. Blöd nur, dass es sich bei dem Sand um ein Schnäppchen gehandelt hatte. Anstelle eines einfach strukturierten Sands hatte man ein Mineralgemisch auf den Felsen geleert, das sich mit dem Regenwasser, der salzigen Gischt des Meeres und den Belastungen während der Dreharbeiten ähnlich wie Beton verhärtet hatte. Das Entfernen war damit alles andere als ein Kinderspiel und verursachte hohe Kosten.
Das Nachsehen haben nun die Malteser. Sie sahen in der Serie eine neue Chance, mit dem Filmtourismus mehr Besucher und vor allem auch mehr jüngere Leute auf die Insel zu locken. Die Aussicht, dass dies so eintritt, ist mit dem plötzlichen Abzug von HBO deutlich geschrumpft. Dafür werden andere kommen. Immerhin diente das Azure Window, als es noch existierte, neben Game of Thrones auch bei Filmen wie Kampf der Titanen und Der Graf von Monte Christo als beliebte Filmkulisse. Bei unserem Besuch ist hingegen King Kong beim Blauen Fenster vertreten. Gespielt wird er von einem der vielen Chinesen, welche über die scharfen Felsklippen vor dem Fenster hüpfen. Während es die meisten bei dämlichen Selfie-Posen belassen, übt er sich fröhlich lachend in allen erdenklichen Affenposen. Ich bin begeistert!!! Warum sind hier nur so viele Chinesen? Und darf ich wenigstens den einen ins Meer schmeißen? Ich lasse Gnade walten. Die Wellen sind doch arg hoch und stark. Wie um dies zu unterstreichen, entdecken wir eine Ratte, die tot zwischen den Felsen liegt.
Der Anblick des monumentalen Kalksteinbogens lässt sich bei diesem Wetter am besten mit nass und salzig beschreiben. Es ist eine kamerafeindliche Gegend – ich sehe schon wieder teure Reparaturrechnungen ins Haus flattern. Und doch ist es ein wunderbares Naturschauspiel, welches wir aus fast sicherer Entfernung beobachten können. Manchmal wird das gesamte Fenster von den Wellen verschluckt. Aus dem blauen wird dann ein weißes Fenster. Wir verbleiben bei dem Spektakel eine Weile, eh wir an der Sant' Anna-Kapelle vorbei zum Salzwassersee spazieren. Durch eine Höhle ist dieser mit dem Meer verbunden. Grün schimmerndes Wasser und ein Kiesstrand laden bei ruhiger See zum Baden ein. Dann werden auch die Ausflugsboote aus den Bootshäusern geholt und Rundfahrten zum Fungus Rock durchgeführt. Heute aber begnügen wir uns mit dem besonderen Anblick.
Hinweis: An der Unterüberschrift konnte man es schon erkennen. Das Blaue Fenster gibt es leider nicht mehr. Bereits im April 2012 - also vor unserer Reise - waren Teile der berühmten Felsenbrücke abgebrochen. Einer der dabei ins Meer gestürzten Felsen war so mächtig, dass er bis fast an die Wasseroberfläche reichte. Seit diesem Ereignis war das Betreten des Torbogens verboten. Wer die Felsenbrücke dennoch betrat, musste ab Januar 2017 mit einer Geldstrafe rechnen. Am 8. März 2017 geschah dann, was geschehen musste. Während eines mehrtätigen Sturms stürzte die Felsformation ein. Dabei ging auch ein Großteil des im Meer stehenden Pfeilers verloren. Malta und insbesondere Gozo ist seitdem um eine Attraktion ärmer. Auf einen Ausflug hierher würden wir aber dennoch nicht verzichten. Denn auch der Salzwassersee und die Bootsfahrt durch den Tunnel zum offenen Meer lohnen den Besuch. Für letzteres sollte dann allerdings das Wetter mitspielen.