Auf der Weiterfahrt bekommt Anna einen Anruf von Heritage Malta. Wir haben die Xwejni Salt Pans als Nächstes auf unserem Programm, sollten aber lieber von einem Besuch absehen. Zu stark und hoch wären die Sturmböen und Wellen. Da wir schon auf dem Weg zu den Salzpfannen sind, vergewissern wir uns indes lieber selbst, wie es vor Ort aussieht. Unser Fahrer ist wirklich mutig. Die Straße, die zu den Salzpfannen führt, befindet sich nur knapp über der Meeresoberfläche. Als Folge treibt der Sturm hohe Wellen bis an den dahinterliegenden Felsen. Da der Fels über die Straße hängt, versperrt er uns zudem die Sicht auf die weitere Strecke. Das aber kann unseren Fahrer nicht aufhalten. Nervenstark wartet er kurz ab, um bei der nächsten rücklaufenden Welle um den Felsen herumzufahren. Alleine hätten wir auf einen Besuch wahrscheinlich verzichtet (bei Lars ist man nie so sicher). Aber unser Fahrer kennt die Situation. Er stammt von Gozo und ist hohen Wellengang und überflutete Straßen gewohnt.
Auf der anderen Seite des Felsens öffnet sich der Blick auf die Salzpfannenlandschaft. Über 300 Pfannen wurden hier in mühsamer Kleinstarbeit angelegt und verzaubern die Landschaft. Links der Straße führen Stufen bis zu einem in den Fels gehauenen Laden hinauf. Hier treffen wir Josephine Cini. Seit mehr als fünf Generationen arbeitet die Familie Cini in der Salzgewinnung. Einige Jahre wurde die Salzgewinnung jedoch vernachlässigt, bis Josephines Vater, Emmanuel, die Salzpfannen in den 1960er Jahre wiederbelebte. Im Mai 1974 erntete er sein erstes Salz und beschloss, sich mit dem Salzgeschäft selbständig zu machen. Bis heute hat die ganze Familie in den heißen Sommermonaten Hochkonjunktur und arbeitet gemeinsam in den ordentlich gemusterten Quadraten. Das gewonnene Meersalz gehört zur wichtigsten Zutat der gozianischen Küche und ist durch die traditionelle Art und Weise der Gewinnung von sehr guter Qualität. Laut Josephine soll es schon fast süßlich schmecken. Wir probieren und es schmeckt … na ja, salzig halt …
Nach dem kurzen Besuch müssen wir abermals um den Felsen herumfahren. Diesmal waren zwei Autos auf der anderen Seite. Offenbar fürchten sie die überflutete Straße, hihi. Für uns aber geht es mit einem Rutsch durch die nächste ablaufende Welle und weiter quer über den Nordteil der Insel Gozo. Unser nächstes Ziel ist das Azur Window. Zuvor aber erscheint vor uns die auffallend schöne Basilika ta’ Pinu. Auch wenn diese nicht auf dem Programm steht, wollen wir uns diese natürlich genauer anschauen. Leider fehlt unserem Fahrer der Blick fürs Bild. Hätte er gekonnt, wäre er wahrscheinlich bis ins Kirchenschiff gefahren. So muss Lars eine kurze Wanderung unternehmen, um den romanischen Bau in seiner ganzen Pracht fotografieren zu können.
Ähnlich wie bei der Rotunda von Xwekija ist der Sandstein im Innern der Basilika ta’ Pinu naturbelassen. In die Säulen und Bögen der Kirche sind kunstvolle Ornamente geschnitzt. Dennoch wirkt sie schlicht und freundlich hell. Wie so oft in Malta wurde auch hier der Sakralbau über eine bestehende, kleinere Kapelle gestellt. Am 22. Juli 1883 betrat Carmela Grima, eine Bauersfrau aus Għarb die Kapelle und vernahm die Stimme der Heiligen Jungfrau Maria. Carmela wurde aufgefordert, drei Ave Maria zu beten. Sie gehorchte, woraufhin verschiedene Wunderheilungen folgten. Als Folge pilgerten immer mehr Menschen zur Kapelle, um hier zu beten. Angeblich soll Gozo, im Gegensatz zu Malta, auch durch diese Gebete von der Pest verschont geblieben sein. Das wiederum nahmen die Menschen als Anlass, um zu spenden und eine prächtige Kirche zu bauen, die sich zu einer wichtigen Wallfahrtsstätte entwickelt hat.
Auch heute noch pilgern die Menschen hierher, um zu beten und auf Wunder zu hoffen. In einem Nebenraum hängen Schaukästen mit Danksagungen, Fotos und Geschichten von Gläubigen, deren Gebete allen Anschein nach erhört wurden. Auch die beiden Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben die Kirche auf der kleinen Insel besucht.