Als ich im Palast des Inquisitors nachfrage, wie wir zu Fuß am besten zum Tempel von Tarxien kommen, ernte ich erstaunte Blicke. »Zu Fuß? Das ist viel zu weit«, erklärt die Dame an der Info und empfiehlt uns den Bus. Meine Annahme, der Tempel befände sich ebenfalls bei Vittoriosa, ist damit hinfällig. Aber zum Glück habe ich meinen Mann dabei, dem immer noch eine Folgefrage einfällt: »Können wir da auch mit dem Auto hinfahren?« Seitdem wissen wir, dass Malteserinnen schräg, verwundert und belustigt schauen können – und das alles gleichzeitig. Wenig später schlängeln wir uns also mit unserem C1 durch das Gassengewirr von Vittoriosa. Wobei der Bus vielleicht doch die bessere Wahl gewesen wäre. Denn die vielen Baustellen und Absperrungen locken uns nur allzu bald auf einen Platz, bei dem alle abgehenden Straßen mit Durchfahrtsverbotschildern dekoriert sind. Na toll!!! Aber wir fallen schnell auf und ein netter Malteser weist uns den richtigen Weg. Dankeschön!
So wie wir aus Vittoriosa herausgefunden haben, ist der Hal Tarxien dafür umso schneller gefunden. Und das, obwohl sich dieser inmitten der Ortschaft Tarxien befindet. Durch die benachbarte Bebauung und einen angrenzenden Friedhof wirkt die Tempelanlage seltsam. Doch auch wenn die beiden Tempel Hagar Qim und Mnajdra durch die Nähe zum Meer einiges idyllischer gelegen sind, ist der Hal Tarxien von größerer wissenschaftlicher Bedeutung. Was allen drei Tempeln gemein ist, sehen wir direkt darüber: das super-hässliche Schutzdach der UNESCO.
Der maltesische Archäologe Sir Themistocles Zammit leitete die Ausgrabungen des Tempels in den Jahren 1914 bis 1919. Leider wanderten auch hier die wichtigsten Fundstücke direkt ins archäologische Museum von Valletta. Das Besucherzentrum des Hal Tarxien muss sich indes mit Nachbildungen begnügen. Kaum besser erging es der eigentlichen Tempelanlage. Hier wurden sogar größere Steinquader abtransportiert und durch Replikate ersetzt. Als Ergebnis führt heute ein aufwendig angelegter Holzsteg um die echten und unechten »prähistorischen« Steine. Das Wesentliche der steinzeitlichen Kultstätte, die alten Venus-Skulpturen, aber fehlt weitgehend.
Hal Tarxien sind die größten Tempel von Malta. Sie entstanden vor etwa 5500 bis 4500 Jahren, also zum Ende der maltesischen Tempelbauepoche. Die Anlage ist dabei in vier einzelne Tempel unterteilt, wobei alle Tempel baulich miteinander verbunden sind. Es wird vermutet, dass an dieser Stätte das Orakel befragt, Fruchtbarkeitsriten vollzogen und Tiere an die Gottheiten geopfert wurden. Die vier Tempel sind dabei unterschiedlich gut erhalten. So deuten bei Tarxien I. nur wenige Steine die Gebäudeumrisse an, während bei Tarxien IV. ein Trilith auch heute noch als Eingang dient und es mit Spiralmotiven verzierte Altäre gibt. Dort finden wir auch den unteren Teil der berühmten maltesischen Kolossalstatue, die als die älteste der Welt gilt. Mit einer Höhe von 2,50 Meter wurde sie einst als Magna Mater, Fruchtbarkeitsgöttin, verehrt.
Viel Fantasie braucht es im Tempel Tarxien III.. Bei einer Megalithwand sollen die Abbildungen zweier Stiere und einer Muttersau, die ihre 13 Ferkel säugt, zu erkennen sein. Soweit, so gut. Tatsächlich aber stehen immer wieder Touristen vor dieser Wand und kratzen sich fragend am Kopf. Wir auch. Einzig das Zisternenloch im Boden vor der Mauer erkennen wir auf Anhieb. In den Minuten danach bekommen wir eine Ahnung davon, wie schwierig die Arbeit der Archäologen ist, die ständig auf der Suche nach neuen Erkenntnissen sind. Denn erst einmal geht es darum, überhaupt etwas zu erkennen.
Malta bietet reichlich Kultur und Sehenswürdigkeiten. Für Kulturinteressierte, die längere Zeit auf der Insel verbringen, lohnt sich das 30-Tage-Ticket. Neben den Tempeln Hal Tarxien und Ggantija beinhaltet dies die Katakomben von St. Pauls, den Palast der Inquisitoren, die Festungen St. Angelo und St. Elmo und viele weitere Sehenswürdigkeiten. Das Ticket ist bei Maltaexcursion erhältlich.