Durch die geführten Touren hatte unser Mietwagen zwei Tage lang frei. Damit wird es höchste Zeit, ihn mal wieder zu bewegen. Unser nächster Programmpunkt ist Mdina, die alte Hauptstadt Maltas, mit ihren Kirchen, Klöstern und Palästen. Zu finden ist die Stadt denkbar einfach. Immerhin thront sie schon von Weitem gut sichtbar auf einem Plateauabbruch mitten auf der maltesischen Insel. Dort angekommen stellt sich die Parkplatzsuche ebenfalls als unerwartet einfach heraus. Sowie wir die Festungsmauern erreichen, entdecken wir auf dem erstbesten Parkplatz mehrere freie Plätze. Von dort führt eine langgezogene Rampe zum Charrequin Gate, durch das wir in die Zitadelle gelangen.
In den Gassen von Mdina
Eigentlich sollte man Mdina durch das Mdina Gate betreten. Dafür aber müssten wir einen Umweg um die Mauern in Kauf nehmen. Schöner finden wir es, durch die Gassen zum Haupttor zu spazieren. Dort überquert die Zugangsbrücke einen Trockengraben, der auf die Zeit der Araber zurückgeht und der heute begrünt ist. Obwohl es noch früh am Vormittag ist, treffen wir beim Gate auf die erste Hürde des Tages. So kann Lars warten, solange er will, es ist einfach nicht möglich, das triumphbogenartige Tor wenigstens einmal ohne Leute aufzunehmen. Es scheint, als würden insbesondere die Busrundtouren mit der Stadtbesichtigung von Mdina beginnen, sodass uns jede Menge Menschen entgegenkommen. Davon sollte sich aber keiner abschrecken lassen. Denn schon wenige Schritte vom Tor entfernt verteilen sich die Besucher recht gut in den vielen Gassen.
So betreten wir im zweiten Anlauf Mdina ordnungsgemäß durch das Main Gate und stehen im nächsten Moment auf einem Boden mit 3000 Jahre Geschichte. Bereits zur Bronzezeit soll das Plateau besiedelt worden sein. Den Grundstein für eine befestigte Stadt legten später die Römer, unter denen Mdina eine erste Blütezeit erlebte. Die Stadt erstreckte sich damals bis in das heutige Rabat und wurde etwa 200 v. Chr. zur Hauptstadt der Insel ernannt. Schon damals wussten die Römer, wie wichtig Hygiene für eine Stadt ist. Sie legten eine Kanalisation an, die teilweise immer noch genutzt wird. Unter den Römern hieß die Stadt wie das Eiland selbst noch Melita.
Die Zitadelle, wie wir sie heute kennen, wurde von den Sarazenen 870 n. Chr. erstellt. Zur besseren Verteidigung reduzierten sie die alte Stadt und bauten die Befestigungsanlagen aus. Sie gaben Mdina ihren Namen, der so viel wie »von Mauern umgebene Stadt« bedeutet. Die Normannen verstärkten die Stadt abermals, sodass Mdina 1422 sogar dem schweren Angriff der Türken standhielt. Die strategisch günstige Lage schätzten danach auch die Johanniter, die sich 1530 auf Malta niederließen. Sie erwählten Mdina zu ihrer ersten Residenz, merkten aber bald, dass Malta leichter von der Küste aus zu beherrschen war. Mdina musste ihren Hauptstadtstatus an Birgu abgeben und infolge dessen einen erheblichen Bevölkerungsschwund verkraften. Dieser verstärkte sich noch, als Valletta 1571 endgültig zur Hauptstadt von Malta erklärt wurde.
Heute ist Mdina ein touristisches Zentrum, das von mittelalterlichen, schmalen Gassen mit Palästen und Kirchen aus dem typischen maltesischen Kalkstein geprägt ist. Dazu zählt auch der Palazzo Vilhena, der unmittelbar neben dem Main-Gate steht. Antonio Manoel de Vilhena, der 66. Großmeister von Malta, war einer der wenigen, die Mdina nach dem großen Erdbeben von 1693 wieder zu neuem Glanz verhelfen wollten. Er ließ Teile der »Città Notabile« restaurieren, womit er Mdina maßgeblich zu seinem heutigen Aussehen verhalf. Seinen 1730 gebauten Palazzo nutzte er als Sommerresidenz. Heute beherbergt das aus drei Flügeln und einem Innenhof bestehende Gebäude das Naturgeschichtliche Museum von Malta. Ihm selbst wurde nach seinem Ableben im Jahr 1736 das kostspieligste und größte Grab aller Großmeister in der St. John's Cathedral eingerichtet.
Beim Rundgang durch die mittelalterlichen Gassen erkennen wir, weshalb Mdina auch »die stille Stadt« oder »die schweigsame Verborgene« genannt wird. Ruhig geht es hier zu. Dass knapp 240 Menschen hier wohnen sollen, fällt kaum auf. Zum Glück ist es nur wenigen Bewohnern gestattet, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. So strahlen die Mauern, die uns umgeben, eine herrliche Ruhe aus, die einzig durch einige starke Windböen unterbrochen wird. Denn wie in den Gassen von Valletta und Victoria zieht es auch hier mal wieder wie Hechtsuppe. So sind wir ganz froh, als wir beim Palazzo de Piro ein nettes Café finden, wo wir uns bei einer Latte macchiato aufwärmen können. Ja, wir sind auf Malta und suchen Plätze, wo man sich aufwärmen kann – aber wir haben ja schon bei unserer Namibia-Rundreise sowie auch auf der Ceylon-Insel Sri Lanka deutlich kühleres Wetter erlebt als man erwartet.
Eindrücke von der Festungsstadt Mdina auf Malta. Ausblick von den Festungsmauern, Spaziergang durch die Gassen. Aufnahme vom Mdina Gate.
Einer der Hauptanziehungspunkte von Mdina ist die St. Paul's Cathedral. Die Kathedrale war der ursprüngliche Bischofssitz des Erzbistums von Malta. Sie teilt diese Funktion jedoch seit 1816 mit der St. John's Co-Cathedral von Valletta. Eine lange Schlange von Touristen vor dem Eingang der Kirche erschreckt uns etwas. Doch wir müssen ohnehin zunächst Eintrittskarten besorgen, die wir nebenan im Kathedralenmuseum bekommen. Leider gibt es nur ein kombiniertes Ticket für die Kirche und das Museum. Wahrscheinlich mangelt es dem Museum an Besuchern. Wie die meisten Touristen verzichten wir dennoch auf den Museumsbesuch. Eine Albrecht-Dürer-Sammlung, Messgewänder und Choralbücher sind einfach nicht die Dinge, die uns vom Hocker reißen. Nennt uns Banausen, doch wir haben einfach andere Interessen und stehen dazu.
Am Eingang zur St. Paul's Cathedral ist es inzwischen ruhig geworden. Demnach müssten sich die vielen Leute von vorher nun im Innern der Kirche aufhalten. Umso überraschter sind wir, als wir die Kathedrale betreten. Es herrscht Stille und die Kirche ist so gut wie menschenleer. Offenbar wurde die Gruppe nur schnell durch das Gotteshaus gejagt. Uns kann es recht sein. Denn so trampelt keiner auf den kunstvoll verzierten Grabplatten herum, die wie in der St. John's Co-Cathedral von Valletta, den Boden über und über bedecken.
Die heutige Kathedrale entstand nach dem schweren Beben von 1693, dem die alte normannische Kathedrale zum Opfer gefallen war. Die Apsis ist vom Vorgängerbau noch erhalten. Mit dem Neubau wurde vier Jahre späte der Lorenzo Gafà beauftragt. Der Architekt verlieh der Kirche eine nüchterne Außenfassade, ließ ihr Inneres aber in maltesischer Pracht erstrahlen. Die sizilianischen Brüder Manno malten das Gewölbe mit Szenen aus dem Leben der Apostel Paulus und Petrus aus. Erzählungen nach befand sich an hiesiger Stelle die Villa des römischen Prokurators Publius. Der Heilige Apostel Paulus knüpfte während seiner Zeit auf Malta Kontakte zu Publius und heilte dessen kranken Vater. Zum Dank ließ sich der oberste Verwaltungsbeamte zum Christentum bekehren. Paulus selbst war durch einen Schiffbruch auf der Insel gelandet. Dargestellt wird das Ereignis heute durch die Innenbemalung der Kuppel. Von Paulus' Aufenthalt auf Malta leitet sich auch das Patrozinium der Kathedrale ab.
Von der alten normannischen Kathedrale hat außerdem der marmorne Taufstein die Zeit überdauert. Die einstigen Türen des Hauptportals aus irischer Torfeiche sind ebenfalls erhalten und bilden heute den Eingang zur Sakristei. Da wir bei unserem Besuch fast alleine in der St. Paul's Cathedral sind, lassen wir die Ruhe und Ausstrahlung der heiligen Gemäuer nun doch eine ganze Weile auf uns wirken. Lars nutzt die Gelegenheit zudem, um einige der Grabplatten zu fotografieren, die mit hübschen Skeletten und aufwendigen Wappen reich verziert sind.
Eindrücke von der St. Peter und St. Paul-Kathedrale in Mdina. Aufnahmen aus dem Innenraum der Kirche.