Für unseren letzten Tag auf Malta haben wir uns die Stadt Vittoriosa mit dem Palast der Inquisitoren vorgenommen. Vittoriosa ist eine der »Three Cities« und gehört somit zur Wiege Maltas. Die Drei Städte sind allesamt älter als die Hauptstadt Valletta und erhielten nach der Belagerung durch die Türken 1565 neue Namen. Genau das bringt so einige Touristen an den Rand der Verzweiflung. Denn die Malteser halten den alten Namen selbst auf den offiziellen Wegweisern noch immer die Treue. Wer nach Vittoriosa will, sollte sich daher immer an den Schildern nach Birgu orientieren, um dorthin zu finden. Das ist ja herrlich!!! In Birgu, dem heutigen Vittoriosa angekommen, gilt es als Nächstes, einen Parkplatz zu finden. Leider ist der Hauptplatz auch hier wieder voll belegt. Durch schmale Gassen gelangen wir aber irgendwie zur äußeren Befestigungsmauer am Kalkara Creek. Es scheint sich um einen Geheimtipp zu handeln. Denn auf dem gar nicht so großen Parkplatz stehen nur wenige Fahrzeuge.
Von 1532 bis 1571 hatte Birgu als Nachfolger von Mdina den Hauptstadtstatus von Malta inne. Diesen verlor Vittoriosa aber wieder, als die Johanniter das neu gegründete Valletta zum Regierungssitz ernannten. Doch ein Spaziergang durch die engen, teils steilen Gassen lohnt sich. Das Städtchen wirkt herausgeputzt und sauber, die Gebäude sind liebevoll saniert und verleihen Vittoriosa einen besonderen Charme. Zudem trifft man hier auf die Malteser und herrscht in den Gassen deutlich weniger Betrieb als in den Straßen von Valletta. So bummeln auch wir etwas durch Vittoriosa, bevor wir uns auf die Suche nach dem Palast des Inquisitors begeben.
Die Malteser sind ein frommes Volk. Im Glauben der meist einfachen Menschen tief verwurzelt, genießt die Kirche hohes Ansehen bei der Bevölkerung. Entsprechend prächtig sind die Kirchen ausgestattet. Und die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst versteht sich von selbst. Darüber wachen auch selbsternannte Pharisäerinnen, wie Annette auf der Insel Gozo erfahren musste. Die Schattenseite der Kirche und des Glaubens aber tritt erst im Palast der Inquisitoren offen zutage, auch wenn es sich eher um die Auslegung des Glaubens handelt. Oder besser gesagt: der Palast, seine Funktion und grausame Geschichte zeigen, wie einfach sich Religion für niedere Zwecke sowie zugunsten einiger weniger missbrauchen lässt. Aber der Reihe nach.
Nach seiner Errichtung in den 1530er Jahren diente der Palast zunächst den Rittern auf Malta als Gerichtshof. Erst nachdem sie nach Valletta übergesiedelt waren, nutzten die Inquisitoren das prächtige Gebäude für ihre Zwecke. Die Inquisition auf Malta begann schon vor der Ankunft des ritterlichen Ordens. Bis 1562 oblag die Inquisition der Gerichtsbarkeit des Bischofs von Palermo, wobei die von Rom ausgerufene Inquisition auf Malta erst 1561 einsetzte. Dem neu organisierten Tribunal stand zunächst Domenico Cubelles als Bischofs-Inquisitor vor. Ihm folgte Martin Royas als zweiter bischöflicher Inquisitor ins Amt. Er war zugleich der letzte Bischof, der beide Ämter vereinte. Grund ist ein Streit mit dem Großmeister La Cassierie, der Rat bei Papst Gregor XIII. gesucht hatte. Dieser schickte Pietro Dusina als Mediator, Apostolischen Visitator und Inquisitor. Mit ihm wurde die Inquisition als eigene Institution geführt.
Und auch wenn Pietro Dusina das Amt nur neun Monate innehatte, gelang es ihm, die Inquisition als separate Einrichtung zu etablieren. Aufgabe der Inquisitoren war es, den Menschen ein Gefühl für das richtige Verhalten und die Überzeugungen einzuprägen, die von einem guten Katholiken erwartet wurden. Dabei stand die Inquisition über den Dingen und sogar der Regierung. Die Inquisitoren handelten dabei wie Wachhunde, die gegen alle Arten von Irrlehren vorgingen. Zu den Vergehen, die geahndet wurden, zählen Gotteslästerung, Bigamie, das Lesen verbotener Bücher und magische Kulthandlungen auszuüben. Auch wer nur den Verdacht erweckte, sich von der katholischen Kirche abzuwenden, rief damit die Inquisitoren auf den Plan.
Auf dem ersten Blick klingt das alles gar nicht so dramatisch. Erst in den unteren Etagen wird deutlich, was Inquisition für die Menschen bedeutet. Ein erstes dumpfes Gefühl geben uns die engen und düsteren Verliese. Hier konnte im Prinzip jeder landen. Der Inquisitor musste bloß von der Schuld des Inhaftierten überzeugt sein. Nun stellt sich die Frage, wie sich die Antworten des Beschuldigten verifizieren lassen, um ihn zu überführen? Die Antwort finden wir gleich nebenan. Zunächst einmal wird der oder die Beschuldigte gedemütigt. Hierfür reicht eine Tür, die so niedrig ist, dass der vermeintliche Delinquent den Verhörraum nur gebückt betreten kann. Dort werden ihm dann verschiedene Geräte gezeigt, die geeignet sein sollen, aus seinen Aussagen die »Wahrheit zu extrahieren«. Schließlich musste überprüft werden, ob die Anschuldigungen zutrafen.
Als für die Wahrheitsfindung besonders gut geeignet erschienen den Inquisitoren verschiedene Geräte zum Brechen diverser Knochen, um mit den Spanischen Stiefeln nur eines der Folterinstrumente zu nennen. Zuvor jedoch band man dem Beschuldigten die Hände hinter dem Rücken zusammen, um ihn daran hochzuziehen. Die Dauer wurde mit einer Sanduhr exakt bemessen. Die höllischen Qualen reichten aus, um selbst haarsträubendste Verleumdungen als eine gestandene Tat hieb- und stichfest zu machen. Es ist nichts anderes als eine Hexenjagd, die sich bestens dazu eignete, Rivalen und Andersdenkende aus dem Weg zu räumen oder auch nur, um sich fremde Besitzgüter anzueignen. Leider sind die Inquisitoren den Beweis schuldig geblieben, dass sie ihre eigene Verhörmethoden aufgrund ihrer unbestrittenen Rechtschaffenheit mühelos überstehen. Stattdessen haben einige der Inquisitoren die Macht dafür missbraucht, um unschuldige Menschen zu quälen und ihre perversen Gelüste je nach Belieben auszuleben. Zudem gereichte das mit hohem Ansehen ausgestattete Teufelswerk zwei Inquisitoren, um bis zum höchsten Amt der katholischen Kirche aufzusteigen. Nach Fabio Chigi alias Papst Alexander VII. gelang dies Antonio Pignatelli. Er nannte sich fortan Papst Innocent XII., was so viel wie gutmütig, treuherzig oder auch unschuldig heißt. Wir finden, eine vortreffliche Wahl.
1798 setzten die Franzosen dem Spuk ein Ende.
Malta ist reich an Museen, Tempeln sowie auch Festungen und Gärten. Bei einem längeren Aufenthalt auf der Insel erspart einem das 30-Tage-Ticket das sonst ständige Anstehen. Neben dem Palast der Inquisitoren sind mit dem Ticket die Festungen St. Angelo und St. Elmo sowie auch alle großen Tempel zugänglich. Das Ticket kann man schon vor der Anreise bei Maltaexcursion bestellen. Der Gültigkeitszeitraum beginnt mit der ersten Nutzung.