In der Chellah von Rabat, gleich außerhalb der Stadtmauer, geht es eigentlich darum, die Grabstätte der Meriniden-Sultane zu besichtigen. Auf einem Hügel gelegen und von einer Mauer aus dem 14. Jahrhundert umschlossen, wird Chellah heute als heiliger Ort verehrt. Grund dafür sind die Marabuts, die sich bei den Quellen auf dem Areal reinigten. Außerdem gibt es hier eine bedeutende Nekropole aus dem 13. und 14. Jahrhundert und Überreste einer römischen Siedlung zu sehen. So weit die Theorie.
So wie wir den Eingang passiert haben, kommen wir jedoch in einen schön angelegten Garten und hören dann auch schon das Geklapper von Weißstörchen. Im Nu sind die Meriniden vergessen und ist Annette auf der Suche nach den großen Vögeln.
Aufnahmen von der Chellah bei Rabat inklusive einem Konzert mehrerer Klapperstörche.
Wobei Suche? Tatsächlich müssen wir nur ein paar Meter laufen, um die ersten Nester zu sehen. Oft befinden sich fünf, sechs Stück auf einem Baum und, obwohl wir Mitte Juli haben, sind sie alle bewohnt. »Im Juli fliegen die letzten Störche nach Europa«, bekommen wir während unserer Reise gleich mehrmals zu hören, »ab und zu bleiben sie aber auch den ganzen Sommer.«
Uns ist es recht. So genießen wir die klappernde Oase der Ruhe, beobachten, wie einzelne Störche mit ihren weiten Schwingen über den Ruinen hinweggleiten und spazieren schließlich durch den dicht bewachsenen unteren Teil des Gartens. Einfach schön! Nicht vergessen wollen wir aber auch einen Gecko, der von der Decke der sanitären Anlagen auf Annettes Arm fiel, als sie sich die Hände gewaschen hat...
Wir verlassen die Klapperstörche und fahren zu unseren letzten Station in Rabat. Der Hassanturm ist das Wahrzeichen der Stadt. Kurz bevor wir auf der Seite Richtung Salé anhalten, erklärt uns Abdul, dass er hier leider nicht parken darf, sondern gleich weiterfahren und auf der anderen Seite der Anlage auf uns warten müsse. Das ist aber auch kein Problem, da wir tatsächlich nur vorne rein und hinten wieder raus laufen müssen - natürlich erst, nachdem wir die Gelegenheit genutzt haben, die Aussicht auf Salé bildlich festzuhalten.
Eigentlich sollte hier einst die größte islamische Moschee entstehen. Nachdem Yaqub al-Mansur den Bau Ende des 12. Jahrhunderts in Auftrag gegeben hatte, starb er jedoch vor Abschluss der Arbeiten. Weil seine Nachfolger danach nach Marrakesch zogen, wurde das in großen Teilen fertiggestellte Projekt unvollendet liegen gelassen. Dem nicht genug, zerstörte im Jahr 1755 ein Erdbeben weite Teile der Anlage. Dadurch sind heute nur noch Teile der Mauer, verschieden hohe Säulen und der Turm zu sehen. Statt der geplanten 80 Meter ragt dieser übrigens nur 44 Meter hoch in den Himmel.
Nachdem wir zwei Reiter am Eingang passiert haben, dauert es nicht lange, bis wir angesprochen werden. Erst auf Französisch, dann auf Englisch, schließlich auf Deutsch. Das Ziel bleibt in jedem Fall dasselbe. Doch nein, wir brauchen keinen Führer und nein, wir sind auch nicht alleine hier, sondern haben unseren Reiseleiter dabei.
Genau das ist das Problem. Denn hier darf nicht jeder Reiseleiter so einfach hineinspazieren und seine Urlauber über die ehrgeizigen Pläne und das abrupte Ende der Moschee informieren. Angeblich sind hier sind nur ein paar privilegierte Führer berechtigt. Wir lehnen die sicher gut gemeinten Angebote dennoch dankend ab.
Trotz aller Versuche immer noch ohne Führer, wagen wir uns schließlich in das Mausoleum am Rand der Ruine. Zwischen 1961 und 1967 entstanden, beherbergt es neben den sterblichen Überresten von Mohammed V., dem Begründer des neuen Reiches und Großvater des jetzigen Königs, auch die von König Hassan II.. Dass der Turm »Hassanturm« heißt, hat damit aber nichts zu tun, sondern er ist nach dem Stadtviertel Hassane benannt, welcher sich früher befand.