Als Fantasia werden Reiterspiele in Marokko und anderen Maghreb-Staaten genannt. Im Arabischen ist das bunte Treiben als Laab el-baroud bekannt, was »Spiel des Pulvers« bedeutet. Auf der Fahrt nach Meknes lernen wir die Spiele zufällig kennen.
Eindrücke unserer Ausflüge und Rundgänge durch die Königsstädte von Marokko.
Rabat ist über die Autobahn mit der Königsstadt Meknès verbunden. Doch Abdul wählt die Landstraße. »Auf der Autobahn sieht man nicht so viel wie bei der Fahrt über Land«, erklärt er. Schon bald geben ihm ein paar traditionelle Zelte zu unserer rechten Seite recht. Die Frage, ob wir anhalten wollen, stellt Abdul wohl rein rhetorisch. Denn schon lenkt er den Wagen an die Seite und auf den sandig-staubigen Behelfsparkplatz.
Es ist Fantasia, ein Reiterspiel, das man nach der Erntezeit bei allen möglichen Dorffesten sieht. Abdul: »Die Bauern haben jetzt wenig zu tun und ziehen mit ihren Pferden von einem Fest zum nächsten.« Manchmal werden die Reiterspiele auch bei traditionellen Berber-Hochzeiten abgehalten. Wir jedenfalls sind gespannt.
Tatsächlich erwartet uns vor Ort ein regelrechtes Spektakel. Auf der einen Seite des großen Reitplatzes steht eine nicht zählbare Anzahl an Reitern. Von einer Bühne gegenüber von uns gibt irgendwer das Kommando zum Start. Wer es ist, können wir aus der Ferne nur erraten. Auch ist nicht zu sehen, an welche der Reiter genau sich die Aufforderung richtet, loszureiten.
Stattdessen löst sich eine Gruppe Reiter, die im wilden Galopp und auffliegenden Staub an uns vorbei prescht. Sowie sie das andere Ende der Bahn erreicht haben, heben die Reiter ihre historischen Schlossflinten und feuern eine Salve in die Luft. Dies erklärt einen der arabischen Begriffe für die Reiterspiele: Laab el-baroud bedeutet soviel wie »Spiel des Pulvers«.
Das Schauspiel wiederholt sich ein ums andere Mal. Es klappt jedoch nicht immer. So startet auf einmal eine deutlich größere Schar als üblich, welche am anderen Ende ausläuft und gemächlich zurück trabt. Die Reittiere geben Fantasia den weiteren Namen Laâb el-kheil, das Spiel der Pferde.
Von Abdul erfahren wir, dass immer nur ein paar Reiter zugleich starten dürfen. Somit ist der letzte Lauf des Spiels ungültig. Dafür gelingt der nächste Lauf umso besser und erleben wir noch einmal dieses tolle Schauspiel, bevor wir weiter in Richtung Meknès fahren.
Wenig später in Khemisset fragt Abdul, ob wir eine Mittagspause einlegen möchten. Dass wir mit »nein« antworten, bewahrt uns jedoch nicht vor dem Halt. Denn in Marokko wird gewöhnlich mittags warm gegessen, und so möchte sich Abdul zumindest mit einer Kleinigkeit, also einer kleinen Tajine mit Fleich und Gemüse, stärken. Uns selbst bleibt damit ein Spaziergang in dem kleinen Ort irgendwo zwischen der Königsstadt Rabat und Meknès.
Gerne wären wir früher hier gewesen, weil heute Markttag ist, einige der Händler jetzt - zur Mittagszeit - ihre Stände jedoch schon abgebaut haben. Oder gerade dabei sind. So beobachten wir ein älteres Paar, das mit einiger Mühe zwei störrische Esel vor ihren beladenen Karren spannt. Es ist den Tieren förmlich anzusehen, dass sie keine Lust haben, die Waren durch die Hitze Marokkos zu ziehen. Erst als zwei Kinder dazukommen und mit ihnen für ein Foto posieren, wirken die Zugtiere etwas besser gelaunt.
Weiter hinten im Markt werden noch Melonen feilgeboten, während am Stand gegenüber Tomaten von den Käufern gründlich auf ihre Reife und Qualität geprüft werden. Weil hier nur selten Europäer auftauchen, lassen uns die Händler und Bauern in Ruhe. Groß lohnen tut sich Khemisset deswegen allerdings nicht. So laufen wir zwar noch weiter bis in Sichtweite der Moschee des Ortes, damit aber erschöpfen sich auch schon die Sehenswürdigkeiten der Stadt und sind wir froh, als es weiter zur Königsstadt Meknès geht.