Der schönste Zugang in die Altstadt Fès el-Bali erfolgt durch das Bab Bou Jeloud. Zu Deutsch heißt das »Blaues Tor«, wobei das nur für eine Seite stimmt. So führt uns Mohammed über einen kleinen Umweg zur Innenseite des Tors, welche eindeutig nicht blau, sondern grün ist.
Erst als wir hindurchgegangen sind und die blaue Seite sehen, erklärt Mohammed: »Die blaue Seite steht für die Farbe Fès, die grüne für den Koran.« Tja, so einfach kann Farbenlehre in Marokko sein.
Eindrücke unserer Ausflüge und Rundgänge durch die Königsstädte von Marokko.
Der Bereich direkt hinter dem Tor wird in Fès auch »Platz der verlorenen Touristen« genannt. Den Namen trägt er, weil es für Besucher unmöglich ist, sich in diesem Gassengewirr zurecht zu finden. Es sind zu viele Verzweigungen, Winkel und Sackgassen, als dass man ohne ortskundigen Führer die gewünschten Ziele auf direktem Weg findet.
So hat Mohammed keine Mühe, uns vom Tischlerplatz durch die umliegenden Suqs zu führen. Wenig später geht es erneut an den Tischlern vorbei, als uns Mohammed vor dem Rätsel stellt, wo wir uns gerade befinden? Einzig an den Brunnen können wir uns erinnern, weil er der älteste in Fès und einer der schönsten in der Medina ist.
Am Nachmittag führt uns Mohammed durch die Lebensmittel-Suqs auf den Place Seffarine, wo die Führung endet. Sein Angebot, uns ein Taxi rufen, lehnen wir jedoch ab. Stattdessen lassen wir uns von ihm den Namen unseres Hotels auf Arabisch aufschreiben, um später mit Sicherheit zum Tghat zurückzufinden, bevor wir auf eigene Faust in die Medina laufen. Weil ich mir eine breite, befahrene Straße beim Place Seffarine merke, klappt dies zunächst ganz gut. Leider fällt mir nicht auf, dass die Straße eine Sackgasse ist, die eben hier auf dem Platz endet.
Meine Strategie, in Bögen immer wieder zurück zu der vermeintlichen Straße zu laufen, scheitert damit kläglich. Zwar finden wir die Färber und können auch das Marktgeschehen ein zweites Mal beobachten, von unserem gewünschten Ziel (dem Blauen Tor) entfernen wir uns jedoch immer mehr.
Bis wir schließlich gar nicht mehr wissen, wo wir genau sind. Zehn Minuten, nachdem wir beschließen, nur noch im Zickzack abwechselnd links und rechts zu laufen finden wir zu einem Platz, der uns bekannt vorkommt: der Place Seffarine.
Am Abend fahren wir mit dem Taxi ein zweites Mal zum Blauen Tor Bab Bou Jeloud. So wie wir hindurchgehen, dauert es nicht lange, bis wir das erste Mal angesprochen werden. Und gleich danach ein zweites und drittes Mal. Hier ist es schier unmöglich zu verhungern. Denn es passiert jedes Mal, wenn wir ein Restaurant passieren. Wir aber haben schon im Hotel gut gegessen und wollen nur das Flair der Altstadt erleben, bevor wir am nächsten Morgen zur nächsten Königsstadt Marrakesch fahren.
Schließlich lassen wir die Restaurants hinter uns und kommen an zwei Metzgereien und einem Obststand vorbei. Auch andere Geschäfte sind noch geöffnet und sogar den Eingang zu einem Restaurant, welches in einem der marokkanischen Prachthäuser untergebracht ist, finden wir in der Rue Talaa Kebira. Ob die Urlauber, die gleich hinter dem Blauen Tor hängen geblieben sind, wissen, welch schönes Ambiente sie hier verpassen?
Nach dem marokkanischen Restaurant wird es ruhiger in der Gasse. Ein alter Mann ruft uns zu, dass es sich nicht lohnt, weiter zu laufen, da die Läden im unteren Abschnitt geschlossen hätten. Gut möglich, dass es stimmt. Denn dort werden tagsüber überwiegend Lebensmittel verkauft. Als wir der überdachten Gasse um ein paar Ecken bis in die Suq el Attarine folgen, sind tatsächlich einige Geschäfte geschlossen. Weil auch viele andere Händler ihre Waren verstauen, kehren wir mit dem guten Gefühl um, dass wir dieses Mal nicht die Orientierung in Fès el-Bali verloren haben - auch wenn wir nur der überdachten Hauptgasse gefolgt sind.