So berühmt der Gerber Suq, das Viertel der Gerber in Fès ist, auf uns allein gestellt, hätten wir es dennoch kaum gefunden. In Begleitung von Mohammed aber ist es kein Problem. Er kennt nicht nur die Medina Fès el-Bali wie seine Jackentasche, sondern weiß natürlich auch, von welchen Gebäuden man die beste Sicht auf die Gerber hat. Genau genommen ist es ein Lederwarengeschäft bei den Chaouwara Tanneries, in das er uns führt.
Aufnahmen von der Arbeit der Gerber im Gerber Suq von Fès. Blick auf den Innenhof mit den vielen Farbbecken.
Noch bevor wir oben ankommen, werden uns zwei Pfefferminzzweige gereicht, die uns gegen den Gestank der verschiedenen Färbemittel schützen sollen. Denn, so erfahren wir, die Gerber in Fès verwenden zum Färben ausschließlich natürliche Gerbstoffe wie Sude aus Walnussblättern, Eichen- und Kastanienrinde, aber auch Taubendreck.
»Im Gegensatz zu Ammoniak ätzen diese Stoffe die Haut nicht, stinken dafür aber sehr stark«, bekommen wir als Erklärung. Vor dem Färben werden die Leder in einem Kalkbad für die weitere Behandlung vorbereitet. Früher wurden neben Brandkalk und Tierurin schwer definierbare und giftige Chemikalien zur Lederbehandlung benutzt. Die Zeiten sind längst vorbei. Hier geht die Gesundheit der Arbeiter vor.
Mag sein, dass es am Rückenwind liegt, mag sein, dass wir Taubendreck eher mit Dünger in Verbindung bringen. Den oft zitierten Gestank des Gerber Suq können wir zumindest nicht feststellen. Selbst eine geschlossene Fischhalle kann es vom Geruch her spielend mit den Gerbstoffen aufnehmen. So also verzichten wir darauf, uns die Pfefferminze theatralisch unter die Nase zu reiben. Stattdessen beobachten wir, wie die einzelnen Lederstücke aus den Bottichen geholt oder eine ganze Füllung nochmals mit Stecken und Füßen umgerührt wird, bevor andere Arbeiter das Leder auf den angrenzenden Dächern zum Trocknen ausbreiten.
Als wir schließlich gehen wollen, werden wir aufgefordert, den Lederbezug eines Kissens auf seine Qualität zu prüfen. Eine schöne Jacke gefällig? Oder eine neue Tasche? Kein Problem, hier kann alles an Ort und Stelle ohne Preisvergleich erstanden werden. Vor allem den Lederbezug für einen Bodenhocker, wie sie vor Jahren mal ganz groß in Mode waren, will uns ein Verkäufer aufdrängen. Doch wohin mit all dem Zeug?
Und eine schicke Lederjacke haben wir erst bei unserem letzten Besuch in einer Lederfabrik gekauft. Nein, da beobachten wir doch lieber einen jungen Mann, der es schafft, mit einer weißen Sporthose in einem Bottich mit rötlicher Farbe zu stampfen, ohne dabei übermäßig schmutzig zu werden, bevor wir der nächsten Fuhre Touristen Platz machen und den großen Balkon über eine schmale Treppe wieder verlassen.