Höhepunkt am zweiten Tag in Marrakesch ist der Bahia Palast. Er zählt zu den wenigen Palästen der Königsstadt, die für Besucher geöffnet sind. Bei unserem Besuch gilt das allerdings nur eingeschränkt, da einige Bereiche während restauriert werden müssen. Der Harem, also der ‘verbotene Bereich’, aber ist zugänglich. Zuerst jedoch muss man erstmal heile zum Palast hin kommen.
Zwischen der äußeren Palastmauer und dem eigentlichen Eingang ins Palais de la Bahia säumen Palmen, Yuccas, Zitrusfrüchte und Wandelröschen den Weg. Hier, im Riad Zitoun el Djedid, ist es deutlich stiller als außerhalb des Palastes. So können wir uns in aller Ruhe die Räume rund um die einzelnen Innengärten, die Mosaike und kunstvoll gestalten Decken aus Zedernholz anschauen. Viele Teile der mittlerweile über 100 Jahre alten Einrichtung, wie ein großer Bücherschrank in der Bibliothek, besitzen noch ihren ersten, erstaunlich gut erhaltenen Anstrich.
Schön finden wir, dass sich Hamit richtig Mühe gibt, uns die verschiedenen Räume zu erklären und darauf schaut, dass wir uns möglichst dort befinden, wo nicht schon alles voll mit anderen Touristen ist. So richtig aufblühen tut er jedoch, als er uns erzählt, wie der Sultan hier früher gelebt hat, auf welchen Wegen die vielen Geliebten zu ihm kamen und wie er seine Herrschaft genoss. Frauen hatten hier nur einen geringen Stellenwert.
Besuch des Bahia Palasts in Marrakesch
»Ich hatte mal eine Reisegruppe mit 14 Frauen, ohne Männer, durch Marokko geführt«, berichtet Hamit, »als ich ihnen erzählt habe, wie das Leben der Frauen im Harem war, sind die Gesichter immer länger geworden. Ich habe das richtig genossen und meinen Bericht immer weiter und weiter ausgeschmückt. Danach habe ich drei Tage gebraucht, um das wieder gutzumachen...«
Wer von der im Islam früher möglichen Vielweiberei schwärmt, muss sich aber auch bewusst sein, dass es wohl nur dazu kam, weil in den Glaubenskriegen sehr viele Männer ihr Leben ließen. Als die Frauen, die keinen Mann abgekriegt hatten, darüber klagten, dass sie heiraten wollten, es aber keine freien Männer mehr gäbe, wurde den Männern gestattet, mehrere Frauen zu heiraten. Allerdings nur, wenn er es sich leisten und sie (materiell) gut versorgen konnte.
Eindrücke vom Bahia Palast in der Königsstadt Marrakesch.
Während so für ein paar Mächtige zig Frauen und Geliebte übrig waren, kamen also auf der anderen Seite unzählige Männer in den Kriegen um. Auch nicht vergessen darf man, dass Männer keinen Zutritt in den Harem hatten, sondern die Frauen von Eunuchen bedient und unterhalten wurden - welche damit einen deutlich niedrigeren Rang einnahmen.
Noch vor dem Besuch des Bahia Palastes besuchen wir deb Menara Garten. Nach einer erholsamen ersten Nach in der Königsstadt Marrakesch im Hotel bzw. am Hotelpool holt uns Abdul am frühen Morgen ab. Bevor es nach Menara losgeht, müssen wir noch ein paar wenige Minuten warten. Dann aber kommt auch der örtliche Reiseleiter, Hamit, und können wir starten.
Unsere erste Station ist der Menara Garten und Stadtpark aus dem 12. Jahrhundert. So wie wir das Auto und Abdul verlassen haben, greift sich Hamit an den Kopf. »Oh, ein Bier gestern Abend war nicht gut«, meint er und erklärt, dass er auf einer Geburtstagsfeier war.
Nun gut, das ist wohl sein Problem. Während unser Reiseführer als einzige Sehenswürdigkeit ein Palais aus der Zeit der Almohaden nennt, weiß uns Hamit (auch mit schwerem Kopf) aber dafür ein paar Geschichten über den Teich vor dem Palais zu erzählen.
Eigentlich ist es ein großes Schwimmbassin, zu dem uns Hamit führt. Denn weil die Marrokaner bis nach Andalusien vorstießen und dies nur mit Booten möglich war, mussten die Soldaten hier für den Fall eines Schiffsunglücks schwimmen lernen. Das ist für jeden gut nachvollziehbar. Weit interessanter sind jedoch die Karpfen in dem großen Becken. So soll einer der Sultane jede Nacht eine Jungfrau zu sich ins Palais genommen haben. Weil sie danach von keinem Menschen mehr gesehen wurden, entstand das Gerücht, der Sultan hätte die Frauen in den Teich geworfen und dort ertrinken lassen. Hamit: »Der Sage nach glaubt man, dass die Seelen der Jungfrauen heute in den Karpfen weiterleben. Deshalb werden sie nicht gefangen.«
Im hinteren Bereich des Bassins kommen wir zu einer Tribüne. Davor, im Wasser, befinden sich einige Holzstege. »Hier fand bis 2007 die Licht- und Ton-Show ‘Al Menara’ statt«, erklärt Hamit. »Weil die Gärten und das Palais zum Weltkulturerbe zählen und die UNESCO damit gedroht hat, den Status abzuerkennen, verzichtet man jetzt auf die Show.«