Rabat ist als die Weiße Königsstadt bekannt. Zusammen mit dem angrenzenden Salé wohnen hier rund 1,5 Millionen Menschen. Damit ist Rabat zwar wirtschaftlich bei Weitem nicht so wichtig wie Casablanca, dafür aber ruhiger und gepflegter. Oder, wie es in unserem Reiseführer »Vom Rif zum Antiatlas« steht: »Wer Stress vermeiden will, gerade am Anfang der Reise, sollte seine Besichtigungstour in Rabat und Salé beginnen.« Na dann, auf zur Kasbah!
Rundgang durch die liebevoll restaurierte Kasbah des Oudaias in Rabat.
Über die Autobahn ist es von Casablanca bis zur Hauptstadt Rabat nur ein Katzensprung. Als wir nächsten Morgen aufbrechen, muss unser Fahrer Abdul jedoch zunächst einen Taxifahrer nach den Weg fragen. »Ich hasse es, in Casablanca zu fahren«, meint er und erklärt, dass sie sonst ein anderes Hotel für ihre Urlauber gebucht hatten. »Aber wir haben jetzt gewechselt, weil es in dem anderen Hotel Beschwerden gab, dass es dort so laut ist.« Logische Folge: ein neues Hotel bedeutet, es gibt eine neue Route durch Casablanca. Nach zweimal Abbiegen findet Abdul dann aber auf eine der Ausfallstraßen Richtung Rabat und kann die Fahrt sogleich ein wenig entspannter angehen.
Unser erster Halt in Rabat ist bei der Kasbah des Oudaias. Wie bei der Moschee bleibt Abdul beim Wagen. Denn auch wenn es in den Städten überall jemanden gibt, der für den Parkplatz ein paar Dirham kassiert, so geht unser Fahrer doch lieber auf Nummer sicher. Uns ist es recht, zumal sich unser gesamtes Gepäck im Fahrzeug befindet.
Der Nachteil ist natürlich, dass wir auf eigene Faust losziehen müssen, ohne zu wissen, was uns in der Kasbah erwartet. Und außerdem, ohne zu wissen, wo wir genau hinlaufen müssen. So winkt uns wenige Meter hinter dem mächtigen Eingangstor der erste Verkäufer zu und versucht, uns in die erstbeste Gasse zu schicken.
Da wir keine Lust haben, einem selbsternannten Reiseführer in die Hände zu fallen, lassen wir sie links liegen. Stattdessen laufen wir zunächst ein Stück die Hauptgasse der Kasbah hinunter und biegen erst, als wir vor uns nichts Interessantes entdecken können, nach links in die der Rue Zirara ab.
Endlich sind wir da, wo wir hinsollen. Auf dem Weg durch die Rue Zirara entdecken wir eine ganze Reihe winziger Gassen. Die meisten haben keinen eigenen Namen, sondern sind Teil der Rue Zirara und enden nach zwei, drei Ecken vor dem Eingang eines der blau und weiß angemalten Häuser.
Die Fenster zur Gasse sind klein und vergittert, die Türen dafür um so gewaltiger, sodass sie in dieser kleinen Welt fehl am Platz wirken. Auch wenn wir, bis auf einen Kasbah-Führer, der nahe einer öffentlichen Toilette auf Urlauber lauert, kaum jemanden begegnen, wirkt das Gassengeflecht freundlich und einladend.
Es sind die Blumenkübel und Pflanzenschalen neben den Eingängen, die Laternen hoch oben an den Wänden und die Sauberkeit, welche der Kasbah des Oudaias ihren besonderen Charme, ihre Atmosphäre verleihen. Angenehm finden wir, dass uns weder die Händler zu ihren Läden rufen, noch die im Reiseführer genannten Henna-Frauen über Annette herfallen, um ihr im Vorbeigehen die Hände zu bemalen.
So können wir den Start in den ersten vollen Urlaubstag richtig genießen. Als wir schließlich zum Oudaia-Tor zurückkommen, wagen wir uns also auch in die Gasse, in die uns der eine Händler hatte schicken wollen. Es ist die Rue Chbanate, die um eine Ecke herum in einen anderen Teil der Kasbah führt. Offensichtlich hatte der Mann es ehrlich mit uns gemeint. Denn auch hier erwartet uns ein hübsches Gassengeflecht, auch wenn die Chbanate selbst eine Sackgasse und deswegen nicht so groß ist wie die Zirara ist.
Wenige Meter unterhalb der Kasbah (vom Tor entlang der Mauer), kommen wir in die ehemalige Residenz von Mulai Ismail. Unter dem Sammelbegriff Museum des Oudaias sind hier das Museum für marokkanische Kunst, das Musikinstrumentenmuseum und das Volksmuseum untergebracht. Zu sehen sind, neben den Instrumenten, umfangreiche Schmucksammlungen, Teppiche und Trachten sowie alte Schriften des Korans.
Wer sich, wie wir, zu den Kunstbanausen zählt, kann aber auch einfach im Innenhof des Museums spazieren gehen und einen Eindruck von dem gewinnen, was Franzosen unter einem andalusischen Garten verstehen. Die nämlich haben ihn angelegt - was ihnen mit den prächtigen Oleandern, Palmen und Yuccas, Lantanen (Wandelröschen) und Hibiskushecken sowie den Wegen, Treppen und Bögen wirklich gut gelungen ist. Nicht zu vergessen, die kleinen Katzen, die überall in den Beeten liegen, auf den Mauern stehen oder einem vor die Füße laufen.
Ebenfalls vom Innenhof bzw. Garten der Residenz aus zu erreichen ist das maurische Café des Museums. Neben Tee, Kaffee und Mokka, kühlen Getränken und kleinen Speisen bietet es seinen Besuchern einen ungestörten Blick über die Mündung des Bou-Regreg auf Salé. Leider wissen wir nicht, wie viel Zeit Abdul für den ersten Stopp eingeplant hat und kehren also - rastlos - zum Auto zurück. Zumal das Frühstück eh noch keine zwei Stunden zurückliegt.