Nach der langen Anreise gehen wir den ersten vollen Tag mit Cahors ruhig an. Am Morgen begrüßt uns ein strahlend blauer Himmel. Damit herrschen beste Bedingungen, um die Pont Valentré in Cahors zu besichtigen. Wir verlassen das Tal des Le Célé und gelangen in das Tal des Lot.
Eindrücke von der Pont-Valentré in Cahors, der mächtigen Brücke über den Lot. Aufnahme vom Dämon, der vergeblich den Stein des Teufels wieder zu lösen versucht.
Das Haupttal ist noch eine Spur gewaltiger als die Umgebung von Cabrerets. Die enge Straße schlängelt sich entlang hoher und überhängender Felsen. Wir kommen durch mehrere Naturtunnel und kleine Dörfer. Schließlich wird es städtischer. Immerhin ist Cahors nach Montauban das zweitgrößte Städtchen des Quercy.
Bereits daheim hatten wir mehrere Parkplätze als Favoriten ins Navi gespeichert. Bestens vorbereitet stellt sich uns vor Ort jedoch die Frage, warum wir an einem Sonntag die teuren Bezahlparkplätze nutzen sollten, wenn es nahe der Pont Valentré genügend freie Gratis-Parkplätze gibt?
Zwischen den Industriebauten überlegen wir noch, wie wir auf die Sicherheit achten können. Doch dann fällt uns der Betonnachbau eines schweizerischen Zivilschutzbunkers auf, in dem das Best Western Plus untergebracht ist. Unser Auto befindet sich also in bester Gesellschaft. Das stimmt optimistisch, dass es auch nachher noch dort stehen wird.
Die bekannteste Sehenswürdigkeit von Cahors ist die Pont Valentré. Mit ihren drei über 40 Meter hohen Türmen und sechs Bögen bildet sie das Wahrzeichen der Stadt. Zugleich hat das kolossale Bauwerk maßgeblich dazu beigetragen, dass wir die Midi-Pyrénées als Reiseziel überhaupt erst entdeckt haben.
Die Pont Valentré ist Bestandteil der Verteidigungsanlage Cahors' und wird als Meisterwerk mittelalterlicher Militärarchitektur angesehen. War sie in den düsteren Jahren eine unüberwindliche Barriere im Fluss Lot, so ist sie heute Anziehungspunkt für Touristen und Pilger, die ausgelassen über sie hinweg spazieren. So auch wir.
Möglich wurde die Brücke durch das starke Selbstbewusstsein seiner aufstrebenden Bürgerschaft. Im Spätmittelalter wählten lombardische Bankiers und reiche Kaufleute die Stadt Cahors als ihren Stützpunkt in Südfrankreich. Indem sie sich über kirchliche Verbote hinwegsetzten, bescherten sie der Stadt unermesslichen Reichtum. Die zuvor tonangebenden Bischöfe wurden von den Konsuln als neue Stadtherren abgelöst.
1306 beschlossen die Konsuln den Bau der Brücke, zwei Jahre später erfolgte die Grundsteinlegung. Ein Großteil der Arbeiten fiel in das Pontifikat von Papst Johannes XXII. Als Jacques Arnaud Duèze, so sein bürgerlicher Name, war der in Cahors geborene Bischof unheimlich stolz auf den Reichtum seiner Stadt.
Der Bau der Brücke zog sich allerdings ewig in die Länge, womit sich später eine Legende verband. Dieser zufolge soll der vom langsamen Baufortschritt entnervte Baumeister die Heiligen um Unterstützung gebeten haben. Doch die himmlischen Kräfte verweigerten ihm jedwede Hilfe und vergrößerten so die Not des Baumeisters. Um seinem Dilemma zu entkommen, ging er einen Pakt mit dem Teufel ein und versprach ihm seine Seele. Als Gegenleistung sollte der Teufel den Brückenbau erfolgreich zu Ende bringen. Erfreut über das Geschäft legte sich der Teufel ins Zeug und ließ die Brücke in einem Höllentempo wachsen.
Bald aber bereute der Baumeister seinen Pakt und suchte nach einem Ausweg aus dem Schlamassel. Um dem Fegefeuer zu entrinnen, forderte der Meister den Teufel schließlich auf, mit einem Sieb Wasser für den Mörtel zu besorgen, um den Schlussstein zu befestigen. Durch diese List konnte der Teufel seinen Teil des Vertrags nicht mehr erfüllen und sah sich um die Seele des Baumeisters Seele betrogen. Als Rache erschien er jede Nacht und brach den Schlussstein aus dem mittleren Turm heraus, sodass die Maurer diesen am nächsten Tag immer wieder ersetzen mussten.
Noch heute können wir den Schlussstein des Teufels sehen. Der Architekt Paul Gout bereitete den teuflischen Lockerungen 1879 ein jähes Ende, indem er einen behauenen Stein in die Lücke einsetzte. Dieser zeigt einen kleinen Dämon, der versucht, den Stein aus dem Gemäuer herauszureißen. Doch er bleibt mit seinen Klauen im Zement stecken. Sehr schön!
Teuflisches erkennt Lars auch heute noch am mittleren Turm. Doch nachdem er sich kurz über einen Vogel geärgert hat, kann er schon wieder munter dichten: »Lars steht am Turm, direkt vorm Tor. Ein Foto schießen – das hat er vor. Was oben die Dohle davon hält, seht ihr, wenn's vom Himmel fällt!« Zum Glück sind Lars und Kamera bald wieder sauber und können wir weiter fotografieren.
Teile der Brücke sind über ausgetretene Steintreppen zugänglich. Aber Vorsicht: die Treppen sind fast schon halsbrecherisch. Auch können wir bei der Pont Valentré die ersten Hausboote beobachten, die über den Lot schippern und die Schleuse unterhalb der Brücke nutzen. Wir sind gespannt, wie wir das nächste Woche hinbekommen werden.
Die Altstadt von Cahors wurde auf der Halbinsel einer Schlaufe des Lot erbaut. Dadurch ist der historische Stadtkern gut überschaubar, auch wenn er noch reichlich dunkle und schmale Gassen aus dem Mittelalter in sich birgt. Hier gilt es, die alten Schätze in Form von Häusern, Eingängen, Schaufenstern, Innenhöfen und Brunnen zu entdecken. Wir starten bei der majestätischen Kathedrale Saint Etienne, die von außen betrachtet einer Festung gleicht.
Besuch der Markthalle von Cahors
Die Kuppeln ähneln denen von der Hagia Sophia in Istanbul und verleihen dem Gebäude einen byzantinischen Touch. Es beginnt gleich die Sonntagsmesse und wir wollen die Menschen nicht bei ihrer Andacht stören. Etwas befremdlich sind die auffallend jungen Bettler vor der Kirche. Hier wird deutlich, dass Frankreich ein enormes Problem mit der Jugendarbeitslosigkeit hat. Was sollen sie in der Gegend anderes tun?
Nahe der Kathedrale befindet sich die Markthalle, die auch sonntags geöffnet ist und französische Spezialitäten und Obst feil bietet. Genießer finden außerdem eine große Auswahl an Cahors-Weinen, für die das Städtchen bekannt ist. Neben dem Tourismus gilt der Weinanbau als bedeutendster Wirtschaftszweig der Gegend. Daneben lohnen sich in der Altstadt kurze Abstecher in die Innenhöfe. Sie sind meist hübsch bepflanzt und in einigen finden wir alte Waschtröge, die längst ausgedient haben und doch gut erhalten sind.