Mit der Grotte de Niaux besuchen wir erneut eine Grotte mit Höhlenzeichnungen. Werden bemalte Felsen auf Dauer nicht langweilig? Wir werden sehen. Für unseren zweiten Tag im Tal von Ariège hätten wir uns jedenfalls kaum ein besseres Ziel aussuchen können. Denn nach unserem Besuch im Château de Foix beginnt es tierisch zu regnen.
Vorausgesetzt natürlich, dass wir in der Höhle trockene Füße behalten. Guter Hoffnung fahren wir also zur Grotte de Niaux, die uns tatsächlich schon bei der Anreise überrascht. Statt auf einer normalen Straße wie bei der Grotte von Pech Merle erfolgt die Fahrt dorthin auf einer schmalen, deutlich ansteigenden Piste entlang einem Abgrund.
Felsenmalereien der Neuzeit bei der Grotte de Niaux
Die nächste Überraschung ist der Parkplatz, der nahezu komplett durch den Höhleneingang überdacht ist. Angesichts des Platzregens ist dies zudem überaus praktisch. Der Eingang mit dem Besucherzentrum selbst besitzt mit 55 Meter Höhe und Breite gigantische Ausmaße. Verglichen damit wirken die Autos wie Spielzeuge. Wie bei der Höhle Pech Merle haben wir uns auch hier schon im Vorfeld unserer Reise angemeldet. Das ist wichtig. Denn während bei der Pech Merle 700 Besucher pro Tag eingelassen werden, ist Zahl hier auf nur noch 200 Besucher eng begrenzt.
Diese teilen sich in Gruppen mit höchstens 20 Leuten auf. Bald nach unserer Ankunft haben sich alle Teilnehmer unserer Gruppe versammelt. Bevor es los geht, bekommen alle eine Grubenlampe in die Hand gedrückt. Das macht Sinn, da anders als bei den bisherigen Höhlen in der Grotte die Niaux sonst absolute Finsternis herrscht. Die Felsmalereien sind so empfindlich, dass selbst geringe Temperaturschwankungen irreversible Schäden hervorrufen können.
Alle bereit? Gut, dann marschieren wir wie die Sieben Zwerge hintereinander durch einen Stollen, der uns in die eigentliche Höhle bringt. Der Eingang, den die Magdalenier nutzten befindet sich rund 150 Meter vom Besuchereingang entfernt. Allerdings ist dieser nur 1,60 Meter hoch, womit er für die Allgemeinheit ungeeignet ist. Entlang einem ehemaligen Bachlauf geht es von der ersten Kammer tief in die Höhle hinein. Immer wieder entdecken wir Schriftzeichen an den Wänden. Zeugnisse der Steinzeitmenschen? Nein, mit den Urmenschen haben die Kritzeleien nichts zu tun.
Es sind Graffiti der Dorfbewohner aus dem Tal, die immer wieder hierher kamen und sich ab dem frühen 17. Jahrhundert auf den Wänden verewigten. »Es war immer bekannt, wo sich die Höhle befindet«, erklärt unsere Führerin. Die meisten Graffiti sind mit einer Jahreszahl versehen, wobei die Angaben allerdings mit Vorsicht zu genießen sind. So befinden sich auch mehrere gefälschte Jahreszahlen darunter. Andererseits wurden während der viktorianischen Zeit einige Stalagmiten entwendet. Die jüngsten jedoch stammen aus dem Jahr 1906. Damals hatte das Denkmalamt dem Treiben ein Ende bereitet und die Höhle zum Schutz der Felsmalereien verschlossen.
Nach ein paar glitschigen und unbequemeren Stellen erreichen wir den Schwarzen Salon, eines der Heiligtümer der Höhle. An dieser Stelle wird es richtig düster, denn wir müssen nun auch unsere Grubenlampe löschen. Jetzt darf nur noch unsere Führerin ihre Lampe benutzen. Sie zeigt uns Malereien aus der Zeit der Magdalénien, einer Phase der jüngeren Steinzeit vor über 12.500 Jahren.
Unter den insgesamt 21 Darstellungen finden sich Wisente, Pferde, Steinböcke und ein Hirsch. Beachtlich ist, dass es hier in der Gegend weit und breit gar keine Wisente gab. Die Magdalénien sind demnach für die damaligen Verhältnisse weit gereist oder haben die Tiere nach Erzählungen anderer gemalt. Eine andere Eigenart ist, dass die Zeichner damals die natürlichen Konturen des Gesteins beachtet haben, um verschiedene Bereiche der Tiere zu betonen.
Wir müssen uns sputen, denn auch die Besuchszeit ist begrenzt. So ist die Karawane der Leuchten bald wieder auf dem Rückweg. 'Ob auf dem unebenen Boden auch schon Leute gestürzt sind?', will Lars wissen. »Ja, das kommt gelegentlich vor«, wobei es auch schon mal einen Armbruch gegeben habe, räumt unsere Führerin ein, die jedoch an allen kritischen Stellen zu erhöhter Vorsicht ruft.
Was wir außerdem mitnehmen, ist die Erkenntnis, dass sich die Höhlenzeichnungen in den Midi-Pyrénéen immer wieder ähneln, zugleich aber auch immer wieder spannend sind. Dabei hätten wir gerne noch die 85 Meter lange Galerie Cartailhac besucht. In ihr befindet sich die bekannteste Felszeichnung von Niaux, die sehr seltene Darstellung eines Wiesels. Dies ist nur nach längeren Dürreperioden möglich. Ansonsten benötigt man eine Tauchausrüstung, um den Lac Vert bzw. den Grünen See zu durchqueren.
Besuchszeiten und Infos über die Höhle von Niaux