Heftige Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und England setzten dem Volk Okzitaniens lange Zeit zu. Auslöser des Konflikts war die Heirat von Henry Plantagenet, dem späteren König Heinrich II. von England, mit Eleonore, der Erbin von Aquitanien im Jahr 1152. Besonders schwer litten die Menschen unter den Albigenserkriegen, bei denen weite Landstriche entvölkert wurden. Wer auf dem Land blieb, sah sein Leben durch Kriege und Raubüberfälle bedroht. Zu ihrem eigenen Schutz, aber auch als Demonstration ihrer Bereitschaft zur Verteidigung gründeten die jeweiligen Landesfürsten über 400 Bastiden in Südfrankreich.
Besichtigung von Cordes-sur-Ciel, dem Cordes über dem Himmel. Aufnahmen vom überdachten Marktplatz mit dem Brunnen der Inquisitoren, dem Ausblick auf die Landschaft und den malerischen Gassen in dem Ort.
Kennzeichnend für diese Bastiden ist eine Dorf- und Stadtanlage in einem streng rechtwinkligen Straßenraster. Mittendrin befindet sich ein Marktplatz, der normalerweise von Häusern mit Arkadengängen gesäumt ist. Cordes-sur-Ciel – Cordes über dem Himmel – bildet hier eine Ausnahme.
Dazu kommt eine für die Verteidigung günstige Lage auf einem Plateau oder auf einer Bergkuppe. So konnte die Umgebung gut bewacht werden und blieb der Bevölkerung im Falle eines Angriffes Zeit, sich zu wappnen.
Kleine Läden und Boutiquen in Cordes-sur-Ciel
Natürlich erheben einige Bastiden wie Mont-de-Marsan oder Montauban Anspruch darauf, zu den ältesten dieser Festungssiedlungen zu gehören. Doch stimmen die Historiker darin überein, dass die Gründung von Cordes-sur-Ciel im Jahr 1222 den Anfang aller Bastiden markiert.
Sie geht auf den Grafen von Toulouse, Raymond VII., zurück, der Cordes als Sinnbild einer wehrhaften Bastion auf einer zu allen Seiten abfallenden Anhöhe anlegen ließ. Umgeben von Wiesen und kleinen Wäldern thront Cordes-sur-Ciel bis heute auf der vom Grafen gewählten Bergkuppe, sodass wir den malerischen Ort schon von weiter Ferne erkennen.
Doch die Bergkuppe hat es in sich. Cordes-sur-Ciel ist nämlich autofrei, weshalb wir unser Auto für 3,50 Euro die Tageskarte auf einem der stadtnahen Parkplätze abstellen. Für 6,50 Euro bringt einen das Muson-River-Bähnle hoch in die Altstadt. Wir verzichten und erklimmen die teils wirklich steilen und unebenen Pflastersteinstraßen aus eigener Kraft.
Da wir von Osten her kommen, betreten wir die Stadt durch die Porte de L´Horloge, in der ersten von vier Stadtmauern. Die Stadtmauern mussten im Laufe der Zeit zweimal erweitert werden. So wurde aus der ursprünglich doppelten Wehrmauer eine vier-, im östlichen Bereich sogar eine fünffache Verteidigungsanlage.
Bis Mitte des 14. Jahrhunderts lebte Cordes-sur-Ciel vom florierenden Tuch- und Lederwarenhandel. Aus hellem Sandstein ließen die reichen Händler zahlreiche gotische Bürgerhäuser erbauen. Diese erste Blütezeit ging mit den Religionskriegen im 16. Jahrhundert zu Ende.
Insbesondere der Handel litt unter den ständigen Unruhen. Im 17. Jahrhundert fielen dann dem Canal du Midi die wichtigsten Handelsverbindungen in der Region zu. Um daran zu partizipieren, befand sich Cordes-sur-Ciel zu weit abseits der neuen Schiffsverbindung, was das endgültige Aus für Cordes als Handelsstadt besiegelte.
Der wirtschaftliche Niedergang lässt sich allein an der Bevölkerungszahl ablesen. Betrug diese in den florierenden Zeiten zeitweise rund 5500, ist Cordes zu einem Dorf mit gerade noch 1300 Einwohnern geschrumpft. Wie es für solche Ortschaften typisch ist, haben sich auch hier in der jüngeren Vergangenheit Künstler angesiedelt.
Zusammen mit einigen Restaurants und Hotels haben sie Cordes-sur-Ciel zu einem beliebten Touristenort gemacht, der an so manch schönem Sommertag an Menschen förmlich überquillt. Wir haben Glück. Zu diesen herbstlichen Zeiten herrscht nur wenig Betrieb, sodass wir unseren Spaziergang durch die mittelalterlichen Gassen genießen können.
Wer Ruhe sucht, findet diese in der Église Saint-Michel. Sie ist ähnlich blau bemalt wie die Cathédrale Saint-Cécile in Albi. Gleich neben der Kirche befindet sich das einzige dreistöckige Gebäude von Cordes, das Maison du Grand Veneur (das Haus des Großen Jägers). Um die kostbaren Spitzbogenfenster herum sind einige Jagdszenen angebracht. Eine weitere Besonderheit ist der Marktplatz. Cordes ist die einzige Bastide, die eine überdachte Markthalle besitzt.
Auch hier haben sich Restaurants breit gemacht. Doch leider zieht es wie Hechtsuppe. An einem Ende befindet sich ein gemauerter Brunnenaufbau mit einem mannshohen Kreuz dahinter. Es erinnert an die Bewohner des 16. Jahrhunderts, die mit ihren lästigen Inquisitoren kurzen Prozess gemacht und in den Brunnen geworfen hatten. Welch großartige Idee!
Nach dem Besuch der oberen Gassen von Cordes-sur-Ciel gilt es, anschließend durch das richtige Tor wieder nach unten zu laufen. Fast wäre es passiert: Wir sind auf der falschen Seite der Stadt und beginnen den Abstieg. Unten hätten wir dafür einen längeren Spaziergang in Kauf nehmen müssen, um zurück zum Auto zu kommen.
Zum Glück bemerken wir unser falsches Abbiegen frühzeitig und bummeln dafür ein zweites Mal durch die Altstadtgassen. Dann aber geht es – nun auf der richtigen Seite – zurück zum Parkplatz. Schließlich steht mit Bruniquel noch ein weiteres mittelalterliches Dorf auf unserer Agenda.