Gut zehn Minuten von Mirepoix entfernt befindet sich Lagarde. Bekannt ist das Dorf durch die imposanten Ruinen des gleichnamigen Châteaus Lagarde. Im Ort folgen wir den Schildern zur Burg, die uns durch eine Platanenallee bis zum Burgtor führen.
Ausflug zum Château de Lagarde bei Mirepoix. Rundgang um die Ruine des einst prächtigen Schlosses. Fütterung der Lamas, welche heute der Verbuschung der Anlage entgegenwirken.
Laut unserem Reiseführer sollen die Ruinen langsam in meterhohem Gras und Gestrüpp verschwinden. Doch nach den Broschüren am Tor entwickelt es sich hier in die genau entgegengesetzte Richtung. Leider kommen wir zur Mittagszeit an und öffnen die Tore erst in einer halben Stunde. Gut, damit machen auch wir Pause, stibitzen uns ein paar Feigen von den Büschen und warten.
Obwohl außer uns keine Besucher zugegen sind, wird das Tor pünktlich geöffnet. Einen Moment später stehen wir in einer Art Besucherzentrum. Bereits hier wird offensichtlich, dass unser Reiseführer irrt. Bereits vor einigen Jahren haben ein Bauer aus der Umgebung und zahlreiche Freiwillige die Ruinen und Außenanlage des Châteaus vom Wald und Buschwerk befreit. Mittlerweile werden hier Ziegen und Lamas für die Landschaftspflege gehalten, damit das Gemäuer nicht erneut zuwächst.
So bietet uns das Château de Lagarde heute einiges mehr, als wir erwartet hatten. Die Ruinen dürfen wir allerdings wegen Einsturzgefahr nicht betreten. Im Innern der Burg muss noch viel gearbeitet und gesichert werden, bis man auch diese Bereiche zumindest in Teilen freigeben kann. Doch wir können drum herum laufen, immer mit sichererem Abstand durch den Burggraben. Einzig die Ziegen hüpfen sorglos über das Gemäuer und suchen nach verwertbarem Grünzeug.
Die Anfänge der Burg reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Damals hatte Sancho Ramirez I. alias Sancho V. als König von Aragon sowie Navarra die Festung errichtet. Zwei Jahre nach dem Ausbruch des Albigenserkreuzzugs wurde das Château eingenommen. Zusammen mit Mirepoix fiel es an Guy de Lévis. Knapp 100 Jahre später ließ François de Lévis umfangreiche Abriss- und Umbaumaßnahmen durchführen.
Eine erneute Umbauphase begann unter Jean de Lévis Ende des 15. Jahrhunderts. Als Berater von drei aufeinander folgenden Königen Frankreichs ließ er die mittelalterliche Festung in ein prächtiges Renaissanceschloss umgestalten. Die alte Spiegelgalerie soll länger als die von Versailles gewesen sein und die Eingangstore zum Schloss wurden von bis zu drei Meter hohe Statuen flankiert.
Im 18. Jahrhundert wurde das Schloss schließlich mit einem herrschaftlichen Barockgarten verschönert. In dieser Epoche erhielt das Château de Lagarde die Beinamen »Kleines Versailles der Pyrenäen« bzw. »Versailles du Languedoc«. In der Form und dem Umfang nach hätte die weitläufige Gartenanlage durchaus aus der Feder André Le Nôtres, dem obersten Gartenarchitekt von Ludwig XIV., stammen können. Durch Luftaufnahmen lassen sich die Ausmaße noch immer nachvollziehen. Leider ist der Bereich des Gartens auch heute noch bewaldet, wobei es unwahrscheinlich ist, dass der Barockgarten in absehbarer Zeit rekonstruiert wird.
Am Abend vor der Französischen Revolution fand die Blütezeit des Château ein jähes Ende. Das Château Lagarde wurde nach dem Sturz der Monarchie verstaatlicht und 1794 als Steinbruch verhökert. Als vorerst letzter Schlossherr hatte sich François Gaston Lévis de Mirepoix dazu entschieden, nach Italien auszuwandern. Vor seiner Flucht war es ihm noch gelungen, das Schlossarchiv in Sicherheit zu bringen.
Die alten Dokumente werden heute im Archiv der Stadt Foix verwahrt. Doch mussten die einst edlen Räume als Pferdestall, Waffenlager und Salpeterfabrik herhalten. Nachdem die inneren Bereiche geplündert und ruiniert waren und etliche Steine der mächtigen Mauern für den Häuserbau in der Umgebung genommen worden waren, gelangte das Schloss von 1805 bis 1983 wieder in den Besitz der Familie Lévi.
Nachdem zunächst zwei Damen aus Toulouse das Areal gekauft hatten, wurde schließlich Danielle Gillet die letzte private Eigentümerin des Schlosses. Zwischen 1986 und 2000 ließ sie umfangreiche Aufräumarbeiten durchführen. Seit 1990 versuchen außerdem verschiedene Gruppen, das zu den einst schönsten Schlössern des 17. Jahrhunderts zählende Château zu sichern und in Teilen wiederherzustellen.
Dazu zählt auch ein mittelalterlicher Gemüsegarten, der zur Öffnung der Außenanlagen für Besucher im Jahr 2006 angelegt wurde. 2012 hat Danielle Gillet die Burg dem Verein »Per le Castel« geschenkt, damit dieser den Ort lebendig hält. So sind heute auf allen Seiten des Schlosses große Graphiken zu sehen, welche die alten Ansichten des Châteaus abbilden und finden hier über das Jahr verteilt verschiedene Feiern statt.
Im Anschluss an unseren Rundgang bekommen wir im Besucherzentrum noch einen Kaffee. Hier finden immer wieder Feste und Veranstaltungen statt, wie einige Bilder zeigen. Für Kinder gibt es hin und wieder Ritterspiele. Uns aber begeistern die Lamas, die plötzlich um eine Mauer herum auf die Kaffeeterrasse blicken. Sie betteln nach hartem Brot, das der Bauer Annette zum Verfüttern gibt. Schöne Sache!
Danach können wir einen Film über die Geschichte und des Aufbau des Besucherzentrums vom Château de Lagarde anschauen. Dafür, dass hier lauter Freiwillige am Arbeiten sind, ist dieser richtig gut gemacht. Auch der Informationsbereich im Besucherzentrum ist interessant und anschaulich eingerichtet. Insgesamt bietet uns das Château de Lagarde damit ein unerwartet schönes Erlebnis.