Zwei Nächte im Château de Canac

schönes Zimmer in Rodez mit viel Lärm

Nach der Enttäuschung beim Moulin de Conques fahren wir das Château de Canac bei Rodez an. Das Schloss hat die gleiche Preisklasse wie die Mühle. So haben wir zumindest keine Absteige zu befürchten. Doch die Begeisterung hält sich bereits bei der Anfahrt in Grenzen.

Wollten wir die letzten beiden Nächte in der Natur verbringen, fahren wir nun stattdessen durch Industriegebiete mit ALDI- und LIDL-Idylle. Dies wechselt bei der Zufahrt zum Hotel in ein Neubaugebiet. So stehen wir bald vor dem verschlossenen Tor des Château de Canac und sind uns nicht sicher, ob dies nun ein Museum oder ein Hotel sein soll?

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Parken nur außerhalb des Hotels

Wir klingeln und tatsächlich kommt kurz darauf der Hausherr durch das kleine Burgtor. Das große Tor bleibt für uns verschlossen. Wir sollen außerhalb der Burgmauer auf einem Sandhaufen parken. Laut unserer Buchung sollte das Hotel einen bewachten, sicheren Parkplatz besitzen.

Tatsächlich haben wir während der gesamten Reise nirgends unsicherer geparkt wie beim Château de Canac. Aber gut, der Auris gehört nicht gerade zum Lieblingsmodell der Autodiebe. So sind wir zuversichtlich, auch morgen noch in seinem Besitz zu sein.

Henri Busset, wie der Burgherr heißt, führt uns zum Haus. Wir sprechen ihn auf den Missstand und die falsche Buchung an. Ja, die unfreundliche Dame aus der Moulin de Conques hat ihn natürlich vorgewarnt. Aber er grinst nur und meint, sie hätten Probleme mit dem Buchungssystem gehabt. Eine Erweiterung wäre falsch eingebunden gewesen, wodurch unsere Buchung auf das falsche Zimmer geleitet worden wäre. Da kann er gut grinsen. Immerhin bringt es ihm Gäste und unterm Strich sehr viel Geld.

Jetzt werden sich einige fragen, weshalb wir überhaupt dorthin sind? Leider war der Moulin de Conques neben dem Sainte Rose in Lourdes das einzige Hotel, welches eine Vorabzahlung per Kreditkarte verlangte und strikte Stornierungskosten veranschlagt. Das Geld war abgebucht, bevor wir dort übernachtet hatten, und ein Rückgängigmachen ist bei der Familie Busset zwangsläufig mit einem Totalverlust verbunden.

Wir wollen also das Beste daraus machen. Doch was macht man in solch einem Schloss? Henri zeigt uns die für Gäste zugänglichen Räume. Über eine Wendeltreppe im Turm kommen wir in die Küche. Dort bekommen wir am nächsten Morgen das Frühstück serviert. Gleich daneben befindet sich ein Wohnzimmer mit dem einzigen Fernseher im Schloss. Die gegenüber uns abweisend wirkende Oma sitzt davor in einem Sessel. Wir könnten ihr das Fernsehprogramm streitig machen, verzichten aber darauf. Einen Stock weiter oben gibt es schließlich noch unser Zimmer, womit sich unsere Möglichkeiten innerhalb der Burg auch schon erschöpft haben.

Unser Zimmer an sich ist sehr schön. Mit alten Möbeln, Teppichen und schweren Vorhängen ist es so eingerichtet, wie man es bei solch einem Schloss erwartet. Das Bett ist gemütlich mit vielen Kissen und wir haben eine große Badewanne. Es gibt zwar nur alte Armaturen, doch alles funktioniert prima bis auf die in der Beschreibung genannte Heizung. Obwohl wir es bereits Oktober haben und die Temperaturen die letzten Tage empfindlich zurückgegangen sind, ist diese kalt.

Die Elektrik des Zimmers ist zwar modern, aber so dezent gehalten, dass das Schlossidyll zumindest optisch bewahrt wird. Bleibt die Frage, wie man in dem Schloss schläft? Henri Busset wirkt auf seine Art unheimlich. Er erinnert mich an die gruseligen Butler aus den alten englischen Horrorfilmen und Krimis. Wir gehen also davon aus, dass es hier spukt. Selbst da werden wir enttäuscht.

Kein Wunder, denn bei dem Geräuschpegel, der im Schloss herrscht, suchen auch Geister das Weite. Das Château de Canac ist umgeben von mehrspurigen Schnellstraßen und Bahngleisen. Der große Haupt- und Rangierbahnhof von Rodez befindet sich gleich gegenüber. Während Henri stolz auf seine alten Kassettenfenster ist, sehnen wir uns bald nach einer Dreifachverglasung. Bis mitten in die Nacht dringt vom Bahnhof her ein nicht zu ignorierendes Palimpalim zu uns. Bis Mitternacht rangieren vor allem Güterzüge auf den vielen Gleisen.

An eine erholsame Nacht ist also gar nicht erst zu denken. Verschlafen geht allerdings auch nicht. Denn pünktlich um sechs Uhr morgens schrecken uns die Ansagen für die Passagierzüge auf. Spätestens durch die schrillen Pfeifen der Schaffner und das Abfahren der Züge ist man hellwach. Die Dohlen, die in den Bäumen rund um dem Château übernachten, allerdings auch. Zu dem Palimplaim und den Bahnhofsansagen mischt sich damit das lauthalse Gegacker direkt vor unseren Fenstern.

Neben der ungemütlichen Parkbestuhlung und dem ungepflegten Garten ist der Lärm auch ein Grund, weshalb wir auf einen Abend im Grünen verzichten. So bleibt noch das Frühstück. Wir sind die einzigen Gäste. Da Henri gerne ausschläft, gibt es dieses erst recht spät. Er versucht, mit einer aufgesetzten Art anmutig und freundlich zu wirken. Was er uns serviert, ist indes das Geld nicht wert. Es gibt zwar guten Schinken und leckere Marmelade. Aber das Brot kommt aus der Tüte und wird im Toaster aufgebacken. So wird es steinhart.

Dafür ist er bald zwanzig Minuten damit beschäftigt, mit einer elektrischen Zitronenpresse frischgepressten O-Saft zu kredenzen. Auch dies ist mit Lärm verbunden, eh wir jeweils ein zwei Drittel gefülltes Glas Saft bekommen. Milch für den Kaffee bekommen wir auf Nachfrage. Ein Topf mit Zucker steht bereit, wobei der Inhalt allerdings verklumpt ist. Jede Kleinigkeit wird mit einem »de rien« begleitet, das eher hochnäsig, denn freundlich klingt. Nebenher kommandiert ihn seine Oma herum, was Henry leicht gereizt erwidert. Die Alte scheint das Opfer zu sein, dass er bringen muss, um mit den drei Zimmern im Schloss Kohle zu machen. Und das merkt man ihm an.


Insgesamt haben wir uns in diesem Schloss überhaupt nicht wohl gefühlt. Die zwei Nächte haben uns so viel gekostet wie uns die Domaine de Castagne bei Auch für eine ganze Woche gekostet hätte. Für das viele Geld wird einem nichts außer Lärm geboten. Obendrein erkältet sich Lars, weil das ungeheizte Zimmer vor allem in der ersten Nacht stark auskühlte. Das Zimmer selbst war zwar schön, aber das hatten wir auch in einigen anderen Hotels. Dazu brauche ich kein Schloss. Wir haben Henri darauf angesprochen und ihm erklärt, dass wir nicht bereit sind, so viel für die beiden Nächte zu bezahlen. Doch der hatte das Geld bereits abgebucht und es war ihm schlichtweg egal. Kritik lässt seine boshafte Arroganz nicht zu.

Wir hätten die E-Mail besser lesen sollen, dann hätten wir wohl erkannt, dass es sich um einen Buchungsfehler handelt. Das ist unser Problem, nicht seines. Dass unser Versehen erst durch den Fehler des hoteleigenen Buchungssystems ermöglicht wurde, interessiert ihn genauso wenig wie die Tatsache, dass ein- und dasselbe Zimmer zum Beispiel über Booking.com 45 Prozent günstiger angeboten wird als über das Hotel – ohne dass dort eine Anzahlung zu tätigen ist. Nach über 200 Hotels, die wir gemeinsam besucht haben, hat sich das Château de Canac damit erfolgreich ganz weit hinten, bei den schlechtesten angesiedelt. Anderen Reisenden können wir damit nur empfehlen, sowohl um das Château de Canac als auch dem Moulin de Conques einen weiten Bogen zu machen.

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