Nach zwei Nächten in Balti verlassen wir das kommunistisch verstaubte, aber doch angenehme Städtchen wieder. Entlang landwirtschaftlicher Flächen führt uns die Fahrt Richtung Kloster Curchi wieder in den Süden des Landes.
Doch bereits nach 28 Kilometern lohnt sich ein erster Stopp bei Glinjeni. Oberhalb eines Sees befindet sich ein idyllischer Brunnenplatz mit Aussicht auf die grüne Landschaft Moldawiens.
Bald geht die befestigte Straße in eine Schotterpiste über. Fahrzeuge, die uns in dieser Gegend begegnen, werden überwiegend von Pferden gezogen. Als wenig später bei Noroceni Gänse über die Straße watscheln, stoppt uns das moldauische Idyll ein weiteres Mal. Zwei Bauern schöpfen gerade Wasser aus dem Brunnen und leeren es in die angehängte Pferdetränke.
Ganz gleich, ob Pferde, Kühe oder Federvieh, hier im Dorf Noroceni läuft alles frei herum. Die Tiere suchen sich selbst ihr Futter auf den satten Wiesen sowie auch unter den Bäumen. Wer manch subventionierten und trotzdem schäbigen Bauernhof in Deutschland kennt, wird staunen, wie sauber und ordentlich solch ein ärmliches Bauerndorf in Moldau sein kann.
Ländliche Idylle in Moldawien
Doch unsere eigentlichen Ziele sind das Kloster Curchi und das ländliche Orheiul Vechi. Durch die Nähe zu Chisinau kombinieren viele Touristen beide Ziele zu einem Tagesausflug. Als eine Folge dieser Beliebtheit ist zwischen der Hauptstadt und den beiden Orten die Infrastruktur besser ausgebaut.
Gut acht Kilometer vor Curchi, beim Dorf Morozeni, kommen wir wieder auf eine befestigte Straße. Mehrere Reisebusse untermauern den Ruf der beiden Ziele als Besuchermagnet. Und sollten noch letzte Zweifel bestehen, werden diese durch den luxuriös angelegten, weiträumigen Parkplatz sowie der Privatzufahrt des Klosters beseitigt.
Stefan der Große, auch Stefan cel Mare, wie er hier heißt, soll an der Gründung des Klosters mitgewirkt haben. Genaues ist jedoch nicht überliefert. Als sicher gilt, dass Iordach und Mihail Curchi 270 Jahre nach cel Mare an der Stelle des Klosters eine Einsiedelei gegründet hatten.
Die beiden Brüder erbauten 1775 eine Holzkirche, welche sie dem Märtyrer Dimitrius weihten. Erst 1810 wurde die erste Steinkirche zu Ehren der Geburt der Jungfrau Maria erbaut. Als großer Gönner erwies sich später Toader Sabau, der Bürgermeister der Ortschaft Dubasarii. Er stiftete dem Kloster 550 Hektar Land.
Zwischen Obstgärten und Wäldern entstanden nach und nach fünf Kirchen und Kapellen, Unterkünfte mit Mönchszellen, dem Refektorium und Klostergebäude, mehrere Brunnen und Teiche. Wir erreichen die Klosteranlage durch das große Torgebäude und stehen sogleich vor einem mit Brunnen geschmückten Treppenaufgang.
Die Anlage wirkt mehr wie ein botanischer Garten als ein Kloster. Und das kommt nicht von ungefähr. Alexander Ciubotaru, ehemaliger Direktor des botanischen Gartens Chisinaus, hat sich der Gartengestaltung angenommen und das Luxuskloster mitsamt seiner Außenanlagen in ein Kunstwerk verzaubert.
Und doch litt auch dieses Kloster jahrzehntelang unter der Sowjetmacht. Bereits 1944 flüchteten 40 Mönche in rumänische Klöster. Diejenigen, die ausharrten, wurden 1958 von den Sowjets verbannt. Die Gebäude wurden als Psychiatrie zweckentfremdet oder dem Zerfall preisgegeben.
Schlimmer jedoch war die Zerstörungswut der Sowjets. Wertvolle Ikonen und etwa 4000 Bände an religiöser und künstlerischer Literatur wurden in großen Feuern für immer vernichtet. Bücherverbrennungen haben noch nie zu etwas Gutem geführt.
Im heutigen Kloster »Zur jungfräulichen Geburt« wohnen inzwischen wieder rund 30 Mönche. Wohlhabende Privatpersonen haben mit ihren Spenden bewirkt, dass der Wiederaufbau rasch vonstatten ging. So spazieren wir hier durch den wohl malerischsten Gebäudekomplex der Republik Moldau. Passend zur gepflegten Anlage sind die Besucher, die hier umher spazieren.
Menschen in Festtagskleidung kommen und gehen, während wir sie Nüsse knabbernd von einer Gartenbank aus beobachten. Erst, als wir die Kirchen besichtigen wollen, erkennen wir, dass der Freitag wohl ein Tag der Taufen und Hochzeiten in Curchi ist. Die Familien wechseln im 30-Minuten-Takt und genießen wie wir das Klosteridyll.
Bei der Hinfahrt sind uns mehrere Cafés im Ort aufgefallen. Sollten wir hier das erste Kloster Moldawiens gefunden haben, welches wir nicht hungrig verlassen? Wir spazieren durch den Garten zurück ins Dorf. Nun fallen uns auch die hochzeitlich geschmückten Autos auf dem Parkplatz auf, denen wir vorher keine Beachtung schenkten.
Allerdings sind mittlerweile auch die ersten Busse angekommen, um ihre italienische Fracht zu entladen. Wir mögen Italiener. Doch so, wie sie vorne in den Klostergarten hineinströmen, entweicht hinten die Ruhe. Froh, von dem Trubel unbehelligt geblieben zu sein, laufen wir vergnügt zum Café und bekommen tatsächlich etwas zu Trinken.