Das orthodoxe Kloster Rudi ist idyllisch auf einer Waldlichtung in Moldawien gelegen, rund 170 Kilometer von Chișinău entfernt. Es ist der Dreieinigkeit geweiht und wird von zurückgezogen lebenden Nonnen bewirtschaftet. Ganz in der Nähe lohnt sich ein Abstecher zu einem Messpunkt des Struve-Bogens.
Von Soroca fahren wir weiter zum Kloster Rudi. Wir sind inzwischen etwas verwöhnt von der Hinfahrt auf der picobello angelegten Schnellstraße M2. Die ersten 15 Kilometer ab Soroca sind ebenfalls in Ordnung. Doch dann müssen wir auf die R9 abbiegen. Auweia! Die Straße kann es in puncto Schlaglöcher gut mit den Nebenstraßen unserer Kuba-Rundreise aufnehmen. Wir kommen nur langsam voran und hoffen, von einem Achsbruch verschont zu bleiben. Nachdem wir zunächst gegenüber der vom Navi errechneten Ankunft etwas Zeit gut gemacht hatten, verlieren wir fortan Minute um Minute. Ob das Kloster Rudi diese Strapaze wert ist?
Doch zuerst suchen wir den Struve-Bogen. Für die UNESCO scheint die Republik Moldau weitgehend uninteressant zu sein. Einzig den Struve-Punkt, irgendwo im Nirgendwo, haben sie in einer ihrer Listen aufgenommen. Zu verdanken hat Moldau dies dem skandinavisch-russischen Meridianbogen.
Zwischen 1816 und 1852 ließ der Astronom Wilhelm von Struve eine durch Triangulation versteifte doppelte Punktekette erstellen. Zweck dieses fast 3000 Kilometer langen Meridianbogens war die Bestimmung der Erdfigur in Größe und Form. Aus heutiger Sicht scheint es unvorstellbar, wie genau das funktionierte.
Der Struve-Bogen zählt zu den genauesten Erdvermessungen aus dieser Epoche und verläuft durch Rudi in Moldawien. Der Struve Punkt befindet sich allerdings außerhalb der Ortschaft. Wir fahren in einen Feldweg, wo unser Navi das dazugehörige Denkmal irgendwo links vermutet. Stattdessen treffen wir auf eine alte Bauruine.
Nach etwas dumm aus der Wäsche gucken und intelligent am Kopf kratzen entdecken wir rechts des Feldwegs bzw. am Rand einer Obstplantage einen ungewöhnlich gepflasterten Weg. Dieser führt schnurstracks auf den genauen, von Struve gemessenen Punkt. Na siehste, geht doch!
Nach diesem eher in der Bedeutung als im Anschein zu sehenden Höhepunkt kehren wir zurück auf die Hauptstraße. Das Kloster Rudi wird hoffentlich einfacher zu finden sein als solch ein Messpunkt in der Einöde. Sollte man zumindest meinen. Als wir in Rudi bei einer Kirche ankommen, fühlen wir uns bereits am Ziel, stehen aber nur vor der Dorfkirche.
Dahinter erstreckt sich ein mit Pflanzen überwucherten Friedhof. Doch wir sind auf dem richtigen Weg, besser gesagt, dem unbefestigten Waldweg, dem wir zunächst hinab zum Bächlein Bulboana folgen. Schließlich führt uns der Weg jenseits des Bachs aus dem Wald heraus und öffnet sich vor uns eine wunderbare Oase.
Wir spazieren durch das Eingangstor. Die Bewohner scheinen von uns kaum Notiz zu nehmen. So war es bereits bei den anderen Klöstern. Lediglich die Nonne im Empfangshäuschen streckt mir sofort einen Wickelrock entgegen. Frau mit Hose will man hier offenbar nicht sehen. Beim Kloster Moní Ioánnou Prodrómou in Griechenland hatte man mich auch in solch einen modischen Rock gesteckt. Mit dem Kopftuch dazu sehe ich nun aus wie eine Kartoffelrussin vom Feld.
Eindrücke vom Kloster Rudi und dem Klostergärten
Anders als bei den bisherigen Klöstern fehlt es beim Kloster Rudi an Prunk. Golddächer sucht man hier vergebens. Stattdessen wird auf Natürlichkeit gesetzt und sind die Gebäudefassaden mit Naturstein verziert. Die Gärten sind wie gewohnt gepflegt. Anstelle von reinen Ziergärten wechseln sich hier Blumen- und Gemüsebeete ab.
Die Nonnen legen ihr Hauptaugenmerk auf den Kräuteranbau. Eigentlich müsste es in der Gegend auch Weinreben geben. Denn der Fürst Grigore III Ghica legte einst nach einer heilenden Weintraubenkur den Grundstein für das Kloster. Eine größere Weinbaufläche können wir bei unserem Rundgang durch das Klostergelände allerdings nicht finden.