Nach der Hektik im Zentrum fahren wir mit der Metro (Linie 2) bis zur Station Kolomenskaja, um im Freilichtmuseum Kolomenskoje ein wenig Ruhe zu schnuppern. Der Weg von der Station ist eigentlich ganz leicht: bei der Ankunft den Ausgang in Fahrtrichtung nutzen, dann links durch die Unterführung und an deren Ende nach rechts abbiegen und noch zehn Minuten laufen. Schon ist man beim Eingang zum Freilichtmuseum. Und hält man sich - wie wir - nicht daran und läuft die Unterführung zur falschen Seite hoch und also in die genau entgegengesetzte Richtung, kann man ja immer noch eine junge Russin fragen...
Nachdem wir einen etwas tristen Platz überquert haben und uns leicht bergauf, vorbei an ein paar großen Wohnblocks, orientieren, kommen wir aber dann doch in Kolomenskoje an. Eintritt müssen wir keinen zahlen. Sehr praktisch finden wir, dass sich wenige Meter hinter dem Erlösertor ein Übersichtsplan befindet. Dadurch sind meisten Gebäude ohne große Probleme zu finden. Wohl gemerkt, die meisten, denn für die eingetragenen Holzgebäude sind wir gleich mehrere Runden gelaufen, ohne sie alle entdecken zu können.
Zuvor aber schlendern wir durch die Lindenallee bis zur Kirche der Gottesmutter von Kasan. Sie zählt zweifellos zu den schönsten Kirchen außerhalb des Moskauer Gartenrings. So heißt es auch in unserem Reiseführer: »Die azurblauen Kuppeln mit den goldenen Sternen glänzen selbst dann, wenn sie nicht von Sonnenstrahlen erhellt werden.« Nun gut, auf die Wolken am Himmel könnten wir dennoch gerne verzichten. Dank des nicht ganz optimalen Wetters sind dafür aber die Bänke im Bereich der Kirche frei, sodass wir zumindest eine kleine Pause einlegen können, bevor wir in den Hauptteil des Museums gehen.
Kurz bevor wir das steinerne Eingangstor des Palastes gehen, entdecken wir eine Schulklasse. Sie ist nicht die einzige, deren Lehrer den Zeichenunterricht in das Freilichtmuseum verlegt hat. Denn auch, nachdem wir das große Gebäude auf der linken Seite passieren, entdecken wir immer wieder junge Menschen, die sich an den alten Gebäuden versuchen.
Um das gewaltigste und prächtigste Gebäude von Kolomenskoje, einen hölzernen Zarenpalast, im Bild festzuhalten, hätte man allerdings ein paar Jahrhunderte früher kommen müssen. Denn auch wenn der gigantische Palast der Romanow-Dynastie nach seiner Vollendung 1667 in Russland als achtes Weltwunder bezeichnet wurde, so konnte dies nicht verhindern, dass die ganze Anlage im 18. Jahrhundert schon wieder verfiel. Bis ihn Katharina die Große schließlich 1767 abreißen ließ.
Ob der Palast je wieder besichtigt werden kann, ist ungewiss. Im Moskauer Denkmalamt gibt es hierfür zwar Überlegungen, das Gebäude auf den historischen Fundamenten neu zu errichten, doch war es nicht möglich, die alten Entwürfe wiederzufinden. Wer sich dennoch in etwa einen Eindruck von der vergangenen Pracht verschaffen will, muss sich daher mit einem Modell im Museum begnügen.
Auf der anderen Seite des steinernen Eingangstores angekommen, finden wir uns inmitten einer kleinen Sammlung historischer und kirchlicher Gebäude wieder: direkt vor uns die weiße, etwas seltsam geformte Christi-Himmelfahrts-Kirche, ein paar Meter rechts daneben der Torturm der nicht mehr existenten Georgskirche, eine Metbrauerei und noch eine kleinere Kirche, die wir nicht eindeutig zuordnen können.
Die Gebäude sind aber nur ein Grund, warum das Museum zu den beliebtesten Ausflugszielen in Moskau zählt. Denn dahinter schließt sich eine weitläufige Parkanlage an. So schlendern auch wir zunächst bis zu einem Aussichtspunkt auf die Moskwa und schlagen dann einen Weg ein, der uns nach rechts durch die mit Bäumen und Rasenflächen gegliederte Landschaft führt. Hat man sich sonst nicht viel für die Stadt vorgenommen, kann man hier sicher ein paar Stunden gut verbringen. Nachdem wir uns aber ein Mammutprogramm aufgebürdet haben, kehren wir bald um.
Auf dem Rückweg, wieder vorbei an dem steinernen Eingangstor des Palastes und der Kirche der Gottesmutter von Kasan, machen wir dann aber doch noch einen Abstecher in den vorderen Teil (vom Erlösertor aus gesehen, also wenn man von der Metro hierher kommt) des Freilichtmuseums. Neben den Grundmauern eines alten Palastes finden wir hier die Holzhütte, in der Alexander der Große während des Baus seiner Flotte wohnte. So deuten wir das Schild beim Eingang zumindest. Auch kommen wir an dem sogenannten Boris-Stein vorbei. Vor allem aber genießen wir die herbstliche Stimmung mit dem gelborangen, teils schon herabfallenden Laub und den vielen roten Beeren an den Sorbus-Bäumen.