Die zweite Nacht auf dem Inle-See verläuft zum Glück einiges ruhiger als die erste. Es gibt im Nachbarort nichts zu feiern, sodass uns erst die Boote am frühen Morgen wecken. Trotzdem vermissen wir zwei Mitreisende bei unserem morgendlichen Treffpunkt. Die ersten unserer Reisegruppe sind leider krank geworden.
Es soll auf dem Inle-See am Wasser liegen. Ja, wir hatten uns am Vorabend gewundert, weil kein klares Wasser aus dem Hahn kam. Anscheinend gab es in unserem Hotel auf dem Inle-See einen Rohrbruch. An uns ist der Kelch jedoch vorbeigegangen, sodass wir einigermaßen fit starten können. Einzig ein dichter Nebel über dem See zögert den Start hinaus.
Stände beim Fünf-Tage-Markt am Inle-See
Bald nach Sonnenaufgang aber lichtet sich der Nebel und fahren wir ein zweites Mal zur Heiligen Stätte der Phaung Daw U Pagode. Denn dort findet heute ein Fünf-Tage-Markt statt. An fünf Tagen in der Woche finden an fünf verschiedenen Orten, rund um den See verteilt, Märkte in einem rotierenden System statt.
Um den See herum wohnen die Stämme der Palaung, der Padaung, der Akka, der Intha, der Danu und der Pa-O. Die Stammeszugehörigkeit lässt sich an den unterschiedlichen Farben der Stoffe ihrer Kleidung und Kopfbedeckung erkennen.
So haben alle Stämme die Möglichkeit, ihre Ware alle fünf Tage in der Nähe anzubieten. Doch es treffen sich immer alle ethnischen Gruppen auf den jeweiligen Märkten. Denn die verschiedenen Stämme bauen auch unterschiedliche Gemüsesorten an. Je nach der Region, der Bodenbeschaffenheit und der Bewässerungsmöglichkeiten haben sich die einen auf Reis und Zwiebeln spezialisiert, während die nächsten Tomaten und Gurken anbauen und wieder andere Ingwer und Curcuma heranziehen. Das ist eine schöne Sache, bei der jeder Bauer der Region eine faire Chance bekommt, seine Waren zu verkaufen.
Bei unserer Ankunft herrscht bereits das typische Marktgewusel. Der Nebel hat sich scheinbar nur über einen Teil des Sees ausgebreitet, sodass andere Boote früher starten konnten. Nun stürzen auch wir uns ins Gewirr, auf der Suche nach uns unbekannten Waren und Früchten. Wir werden bald fündig. Eine Frau verkauft ein seltsam kristallines Salz.
Es ist der Geschmacksverstärker Glutamat in seiner reinen Form. Glutamat ist natürlich jedem ein Begriff. Allerdings hatten wir immer gedacht, es sähe aus wie Fondor. So etwas Komisches, wie in diesem Sack, würde hingegen kaum in unserem Essen landen. Wobei, auf Glutamat und ähnliche Zutaten verzichtet Lars auch schon seit Jahren.
Etwas weiter finden wir eine Apotheke. Sie ist aufgebaut wie in ganz normaler Marktstand. Der Großteil der Medikamente ist auf dem Boden ausgebreitet. Ob die Frauen wissen, was sie da alles verkaufen? Doch als ein Mann von unserer Gruppe begeistert eine Bayer-Packung zum Fotografieren in seine Richtung dreht, beginnen die Frauen zu kichern.
Es ist eine Anti-Baby-Pille – soviel wissen sie also schon mal. Gleich daneben liegen anabole Steroide. Diese herrliche Mischung gibt es natürlich rezeptfrei. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie dann ihren besten bzw. ehrlichsten Freund oder die Verwandtschaft. Letztere sollte dann aber nicht erbberechtigt sein.
Zwischen den vielen Lebensmitteln findet sich immer wieder mal ein Stand mit Benzin, Diesel, Motorenöl oder dem schwarzen Lack des Thitsibaums. Zum Dosieren nutzen die Verkäufer leere Pflanzenölflaschen, die einen Liter fassen. Es stinkt, spritzt und versickert in der Erde – egal.
Selbst die Raucher stört es wenig, mit einer glühenden Zigarette an diesen Ständen vorbei zu gehen. Wann ein Unglück geschieht, scheint damit nur eine Frage der Zeit. Wir laufen lieber schnell weiter zum gut riechenden und akkurat sortierten Gewürz- und Knoblauchstand. Hauptsache raus aus der Gefahrenzone.
Rundgang über den Fünf-Tage-Markt bei der Phaung Daw U Pagode auf dem Inle-See. Eindrücke von der Vielfalt an Obst und Gemüse, aber auch einer Apotheke, die ihre Waren auf dem Markt anbietet.
Nach drei Nächten verabschieden wir uns vom Inle-See. Erneut sind wir früh auf den Beinen und noch während der Dunkelheit am Frühstücken. Aber wir müssen ja rechtzeitig los, um unseren Flug von Heho zur Hauptstadt Yangon zu erreichen.
Eingemummelt in die Decken auf dem Boot fahren wir durch die Morgendämmerung ein letztes Mal über den See. Es war richtig schön hier und wir genießen trotz der Kälte die Dreiviertelstunde lange Fahrt nach Nyaungshwe. Dort wechseln wir auf den Bus und dauert es noch gut eine Stunde bis zum Flughafen in Heho.
Dieter meint, der Flughafen gehört abgerissen und neu aufgebaut. Er spricht uns allen aus der Seele. Das gesamte Gebäude ist gammelig und die Anzeigetafeln haben ihren Geist längst aufgegeben. So ist es mühsam, mitzubekommen wenn endlich unser Flug geht. Nach flüchtiger (oder flüchtender) Betrachtung der sanitären Anlagen beschließt Lars,
dass er hier weder etwas zu trinken, geschweige denn zu essen kaufen wird. Zuletzt wirken die Sicherheitsmaßnahmen auf uns Europäer sehr exotisch. Von uns aus gesehen stehen die Raucher hinter dem Ausgang zur Startbahn, weil sie das Gebäude nicht voll qualmen dürfen … Zumindest aber startet die Yadanarpon Airlines pünktlich.