Nach einer gut zweieinhalbstündigen Fahrt erreichen wir das Thuwunna Bomi Mountain View Hotel & Resort bei Kyaiktiyo. Es ist Zeit für ein Mittagessen, bevor wir uns zum Goldenen Felsen aufmachen. Wir befinden uns mittlerweile im Mon-Staat. Bereits während der Fahrt sind wir an vielen schönen Reisfeldern vorbei gefahren. Die Rosenfelder hat Lars leider verpennt – auch wenn die ebenfalls sehr schön waren.
Nun sind wir umgeben von Palmen und großen Bäumen. Hier ist das Gebiet der Pomelo, die gerade ihre Erntezeit hat. Mehrere Marktstände bieten die Frucht, zu Pyramiden gestapelt, entlang der Straße an. Auch im Garten vom Hotelrestaurant wachsen mehrere Pomelobäume. Dabei ist es erstaunlich, an welch dünnen Ästen diese voluminösen und auch schweren Früchte hängen, ohne abzureißen.
Als leider weniger stabil erweist sich die Geduldsfaden innerhalb unserer Gruppe. Nachdem eine ältere Frau bereits mit dem ersten Abend immer wieder durch Extratouren auffiel, bequatscht sie ein allein reisendes Schweizer Paar, wie wenig Rücksicht doch ihre Bedürfnisse genommen werde und dass sie auch lieber an einem kleinem Tisch im Garten als an der großen Tafel im Restaurant sitzen würde. Und überhaupt könne man so vieles besser machen.
Dass das Schweizer Paar von all dem nichts wissen möchte, sondern bewusst eine Privat-Tour gebucht hat, kommt ihr nicht in den Sinn. Schließlich kommt es zum Eklat und erklären ihr gleich mehrere unserer Gruppe die Unterschiede zwischen einer individuellen und einer Gruppenreise, bis sie schimpfend von dannen stapft. Alle sind böse und gegen sie. Und selbstverständlich auch Lars, der sich bewusst aus allen vorhergegangenen Szenen herausgehalten hatte. Aber sei es drum.
Gut gestärkt geht es anschließend weiter zum Basislager von King Pun. Völlig ungewöhnlich für diese Jahreszeit beginnt es auf der Fahrt dorthin zu regnen. Das ist blöd. Denn unsere Regenjacken sind im Koffer. Diese müssen wiederum im Bus bleiben, da wir nur mit kleinem Gepäck zum Goldenen Felsen hinauf dürfen. Bei der Truck-Station angekommen, meint es schließlich unser Busfahrer etwas zu gut mit uns und parkt direkt vor der Einfahrt.
Damit ruft er einen Polizisten auf den Plan, der augenblicklich wie ein Rohrspatz zu schimpfen beginnt. Als wir anfangen, unsere Jacken aus den Koffern zu kramen, blickt der Mann bereits ganz schön grimmig aus der Uniform. Ich entwaffne ihn mit einem freundlichen Dankeschön. Dann flitzen wir auch schon Htet Htet hinterher, die Tickets für einen der Trucks besorgt.
Eigentlich wollten wir noch kurz über den Markt schlendern und eventuell eine Pomelo für den Abend kaufen. Doch Htet Htet hetzt uns gleich zu einem der LKWs. So Pilger führen ein ganz schön stressiges Leben, bei der Hektik hier. Sekunden später klettern wir auf eine rustikale Blechrampe und warten darauf,
dass wir auf die hinteren Bänke des Kleinlasters steigen dürfen. Htet Htet hat uns zwei Bänke reserviert, was eigentlich gegen die Regel ist. Jede Bank ist mit mindestens fünf Leuten zu besetzen und wir sind nur neun. Bei den deutlich schmaler gebauten Laoten stößt dies auf Unverständnis.
Andererseits ist es erstaunlich, wie schnell sich so ein LKW mit Leuten füllt. Um das Gemecker vom LKW-Personal zu beenden, nehmen wir noch einen Opa mit seiner Enkelin mit. Neben einer Frau und drei breiten Männerrücken dürfen sie sich auf den übrig gebliebenen Platz quetschen.
Jetzt kann es los gehen. Es regnet noch immer leicht und wir bekommen trotz Dach ab und zu einige Tropfen ab. Beim sogenannten 10-Minuten-Camp verjüngt sich die Straße. Hier müssen wir kurz den Gegenverkehr abwarten, bevor es weiter geht.
Ab jetzt wird es richtig steil. Hinter unserer Bank befindet sich jede Menge Gepäck und Ware, die so in den Kleinlaster gedrückt ist, dass wir unsere Beine kaum bewegen können. Die Säcke spüren wir im Nacken. Ob dies bis oben hält? Denn die Steigung der Serpentinen erinnert arg an die Sierra Maestra auf Kuba, als wir auf dem Weg zur Comandancia de la Plata waren.
Ab April 2017, kurz nach unserer Reise also, sollten Gondeln bis zum Goldenen Felsen hinauffahren. Sowie es bei unserer Fahrt aussieht, müssen sich die Bauarbeiter aber sputen. Erst später erfahren wir, dass wir mit unserer Einschätzung richtig lagen. Seit Oktober 2017 aber ist die Seilbahn in Betrieb und bietet eine schöne Alternative zur Fahrt mit dem Lkw.
Ab der ehemaligen End- bzw. der heutigen Mittelstation könnten wir den alten Pilgerpfad bis zum Heiligtum nach oben nehmen. Seit ein paar Jahren ist die Straße jedoch bis hoch zum abgeflachten Gipfelbereich ausgebaut.
Sehr zum Bedauern der Sänftenträger, die jahrelang Pilger die letzten 300 Höhenmeter nach oben geschleppt hatten und mit der Vollendung der Straße ihren Job verloren. Ein paar wenige von ihnen bieten ihre Dienste nunmehr ganz oben für Gehbehinderte an.
Oben angekommen, lädt eine Einkaufsstraße zum Bummeln und Eindecken mit Getränken ein. Hier wird sogar traditionelle, einheimische Medizin angeboten. 1988 wurde das 110 km² große Umland beim Goldenen Felsen unter Schutz gestellt.
Trotz des Verbots wird bis dato Medizin aus Bestandteilen wilder Tiere feilgeboten – aus Affenschädeln, Bärentatzen, Büffelhörnern und Schlangenhäuten. Es ist an der Zeit, dass die Regierung diesem Treiben endlich einen Riegel vorschiebt.