Unsere erste Besichtigungstour in Mandalay startet am Fluss Irrawaddy, also direkt gegenüber von unserem Hotel. Während der Regenzeit führt dieser unvorstellbar viel Wasser. Das auch, weil gleichzeitig reichlich Schmelzwasser aus dem Himalaya abfließt. Mit Hochwasser und Überflutungen ist während dieser Zeit immer zu rechnen.
Im Jahr unserer Reise waren diese besonders schwer und wurden ganze Siedlungen entlang des Flusses mitgerissen. Die Regierung hat den in Mandalay betroffenen Opfern Grundstücke zur Verfügung gestellt, wo sie ihre Hütten wieder aufbauen können. Und zwar da, wo der Baugrund am billigsten ist: direkt am Ufer des Irrawaddy.
Holz, Sandabbau und Müll am Irrawaddy
Riesige Bäume schützen den oberen Uferbereich und die Küstenstraße davor, von den Fluten weggerissen zu werden. Genau unter diesen Bäumen stehen die einfachen Hütten auf Stelzen. Vom Hoteldach aus war das Dorf so gut wie nicht auszumachen,
da wir stattdessen auf ein großes Blätterdach geblickt haben. So gesehen ist es wie ein Spaziergang in eine andere Welt, als wir die reich geschmückte Hotellobby verlassen und über die Straße in dieses arme Dorf gelangen.
Hier sehen wir auch, weshalb sich vor dem Hotel eine Sandpiste befindet. Der Irrawaddy bringt mit seinem Hochwasser auch große Mengen an Sand mit. Die armen Leute schaufeln diesen recht sauberen Sand direkt von der Straße mit Schaufeln und Schubkarren.
Für die Großbaustellen – diese gibt es in Mandalay zu genüge – fahren die LKWs an den unteren Uferbereich und nutzen diesen als Kiesgrube, die sich alljährlich immer wieder auffüllt. Wie praktisch!
Für die Schifffahrt ist dieser Sand indes ein Problem, da sich jedes Jahr Sandbänke an immer wieder neuen Stellen bilden. So wartet eine auf Sand gelaufene Holzdschunke auf das nächste Hochwasser, um wieder frei zu kommen. Ob sie dann noch zu gebrauchen ist, ist natürlich eine andere Frage.
Die Frachtkähne hingegen nutzen den Sand als natürlichen Hafenkai. Frauen tragen als Tagelöhnerinnen die lose Ware in Körben auf ihrem Kopf von den Booten an Land. Männer schleppen dafür die schweren Säcke auf ihren Schultern.
Fracht und Manufaktur für Räucherstäbchen am Irrawaddy
Bei unserer Ankunft rennen viele Kinder durch das Dorf. Die Eltern sind um diese Zeit bei der Arbeit. Wenige Frauen sind mit dem Kochen der täglichen Mahlzeiten beschäftigt. Dazu nutzen sie einen einfachen Topf, indem sie das Holzfeuer schüren. Darüber steht ein Reistopf, indem die Tagesration weich gekocht wird.
Ein Wok mit klein geschnittenem Gemüse steht bereit, um nach dem Reis auf der Feuerstelle zu landen. Für das tägliche Gemüse läuft die Frau Tag für Tag auf den Markt. Strom für einen Kühlschrank hat hier niemand. So werden auch die verschiedenen Pasten für den würzigen Geschmack, portionsweise in Tüten abgepackt, auf dem Markt geholt.
Die Tüten landen nach Gebrauch gleich neben der Hütte und bleiben sich selbst überlassen. So wie es aussieht, macht die gute Hausfrau dies schon eine ganze Weile so. Es ist eine Unart der Burmesen, Plastikmüll einfach die Landschaft zu werfen. Dadurch bilden sich vor allem in diesem armen Dorf furchtbare Müllhalden und Krankheitsherde zwischen den Hütten.
Die Hunde schnuppern und wühlen darin, die Kinder spielen darin – es ist leider ein unschönes Bild. Grotesk wirken da zwei Mädchen, die unweit von all dem Unrat mit neuen Badminton-Schlägern Federball spielen. Zudem lassen einige akkurat aufgeschichtete Holzstapel erkennen, dass die Menschen hier durchaus den Begriff Ordnung kennen.
Bei all den vielen Abfällen aber setzen die Bewohner auf den nächsten großen Regen, der dann den ganzen Dreck wieder weg wäscht. Das mag auf das Dorf bezogen vielleicht stimmen. Allerdings trifft der Irrawaddy mit seinen 2170 Kilometer Länge auf etliche solcher Dörfer. Am Ende mündet er über den Golf von Martaban in die Andamanensee, wohin er auch den ganzen Plastikmüll transportiert.
Was scheinbar weg gewaschen ist, vernichtet dort ganz andere Biotope und tötet zahlreiche Meerestiere und Fische. Dieser verhängnisvolle Wirkungskreislauf ist uns gut bekannt. Doch was interessiert das diese armen Leute? Sie sind schon froh, wenn sie ihre Kinder auch heute wieder satt bekommen.
Eindrücke von einem Dorf am Irrawaddy direkt bei Mandalay. Aufnahmen vom Entladen der Schiffe sowie vom Kochen zwischen den einfachen Hütten.