Langsam wird es bergiger und die Landschaft immer grüner. Nach einer Kurve rückt plötzlich ein großer Berg ins Bild und Htet Htet meint: »Hier sehen wir nun den Mount Popa«. Oh, den hatten wir uns ganz anders vorgestellt. Mit seinen 1518 Metern Höhe besitzt der Mount Popa die typische Form eines riesigen Vulkankegels.
Damit überragt er unsere Erwartungen bei Weitem. Wir dachten eher an einen Vulkandom, mit einem Tempel auf der Spitze. Und da sollen wir hochsteigen? Nein, natürlich nicht. Denn schon sehen wir seitlich von uns den 737 Meter hohen Popa Taung Kalat.
Wie uns ergeht es vielen bei ihrer Myanmar Rundreise. Immerhin wird mit Ausflügen zum Mount Popa geworben. Die wenigsten Besucher werden sich auf die Spitze des erloschenen Popa-Vulkans mühen. Sie werden, wie wir, zum Popa Taung Kalat gebracht.
Wobei, der Blick zum Popa Taung Kalat ist nicht weniger spektakulär. Wir halten an einem Aussichtspunkt bei einer Pagode am Hang des Mount Popa. So blicken wir auf die im Westen liegende Ebene, an deren Rand der Monolith des Popa Taung Kalat steil in die Höhe ragt.
Welch mühevolle Arbeit muss es gewesen sein, damals ein Kloster auf dem Berg zu erschaffen! Allein, um die ganzen Materialien für den Tempelbau hinaufzutragen, war ein enormer Kraftakt nötig. Weniger Mühe haben da die Makaken. Sie tollen bereits bei unserer Aussichtspagode über die Dächer. Htet Htet ermahnt uns, vorsichtig sein und uns vor diesen diebischen Scheißern in Acht zu nehmen. Wegen der Tiere wird der Popa Taung Kalat gerne auch Affenberg genannt. Richtig übersetzt heißt er jedoch Blumenberg.
In dem kleinen Pilgerdorf unterhalb des Tempelbergs herrscht chronischer Platzmangel. So werden wir an einem höher gelegenen Parkplatz aus dem Bus gelassen und laufen eine längere Treppe hinab, an den Fuß des Popa Taung Kalat. Hier geben wir an einer Sammelstelle unsere Schuhe ab. Aber das kennen wir ja schon.
787 überdachte Treppenstufen trennen uns von der bis zu 120 Meter höher gelegene Spitze des Berges. Es ist früh am Morgen. So können wir den Aufstieg bei angenehmen Temperaturen in Angriff nehmen. Zudem sind wir die bisher einzige Touristengruppe. Lediglich ein paar Pilger begleiten uns bis hoch auf die Spitze.
Oberhalb vom Schuhparkplatz hüpfen nun vermehrt Makaken über den Treppengang, immer auf der Suche nach Essbarem. Dabei nehmen sie auch die Pilger ins Visier. So werden wir Zeuge, wie ein unachtsamer Mann ein Tütchen frisches Obst kauft. Im nächsten Moment schnappt sich ein Affe das Päckchen schneller, als der Mann dumm gucken kann.
Ein weiteres Problem sind die Hinterlassenschaften der Tiere. Hier sind es nun die Anwohner, die davon profitieren. Mit Wischmop, Lappen und Putzeimer bewaffnet, schrubbt alle paar Schritte ein anderer die Stufen vor uns, die Hand stets für ein Trinkgeld geöffnet.
Die Treppen selbst sind gut zu meistern. Wir brauchen keine 20 Minuten bis auf die oberste Plattform. Unterwegs passieren wir mehrere kleine Tempel oder laufen durch sie hindurch. Lauthals werden die Pilger darauf aufmerksam gemacht, doch bitte in jedem dieser Tempel einzutreten, zu beten und natürlich zu spenden. Immerhin ist der Vulkankegel einer der wichtigsten Wallfahrtsorte für die Verehrung der 37 Nats.
Oben angelangt, öffnet sich uns eine wunderschöne Aussicht auf den Mount Popa und die weite Ebene. Natürlich ist man auch hier oben darauf erpicht, die Opferstände mit Geld zu füllen.
Dass zwei Mönche so tun, als müsse man hier oben Eintritt bezahlen, finden wir allerdings etwas unverschämt. Doch was hatte Htet Htet mal gesagt: »Eine Kutte macht noch lange keinen Mönch«.
Wir schlendern eine Weile über die verschiedenen Terrassen, beobachten betende und meditierende Pilger, lauschen den Klängen der Glocken und dem Geklimper der Goldplättchen an den Stupaspitzen. An manchen Stellen wird ein Magier namens Bo Min Guang, der hier im 20. Jahrhundert lebte, verehrt. Er galt bereits zu Lebzeiten als ein übermenschliches Wesen auf dem Weg ins Nirvana.
Strenge Meditation und ein enthaltsames Leben verliehen ihm die Fähigkeit, in vorherige Leben zu sehen, die Gedanken und den Verstand anderer zu lesen und weit entfernte Töne zu hören. Er konnte schweben, übers Wasser gehen und und und... Anstatt zu sterben, hat sich der Zauberer 1952 einfach in Luft aufgelöst. Ja, Wunder gibt es immer und überall!
Als wir den obersten Bereich wieder verlassen und die Treppen zum Schuhparkplatz hinuntersteigen, erkennen wir den Vorteil des frühen Aufstehens. Denn nun kommen uns Scharen von Mönchen, Pilger und auch die ersten anderen Touristen entgegen. Das bremst den Aufstieg ungemein. Ein kleiner Mönch, der die Abstiegsseite der Treppe nach oben nutzen will, wird von uns in die Schranken gewiesen.
Er gehorcht verlegen – soll er doch früher aufstehen! So empfängt uns Htet Htet wieder am Fuße des Felsens und sind wir froh, dass sie für jeden feuchte Tücher aus ihrem Rucksack zaubert. Denn trotz der vielen Putzleute sind die Treppenstufen ganz schön schmuddelig. Oder, wie Lars geschwind zusammenreimt: »Wird es unterm Fuß ganz heiß, stehst Du auf frischem Affenscheiß!«
Dennoch gehört der Popa Taung Kalat für uns zu den vielen kleinen Highlights der Rundreise. So können wir uns mit dem guten Gedanken, auch an diesem Tag schon wieder etwas Schönes erlebt zu haben, auf den langen Weg zu den Höhlen von Pindaya machen.
Ausflug zum Mount Taung Kalat, einem kleinen Nachbarberg des Mount Popa. Aufnahmen von der Pagode auf dem Tempelberg sowie von Affen und der Berglandschaft zwischen dem Mount Popa und der tiefer gelegenen Ebene.