Nach zweimal rund sechs Stunden Flug kommen wir in Yangon auf dem frisch eröffneten Internationalen Flughafen an. Blöd nur, dass die Emirates im hinteren Teil des Flugzeugs keine Einreiseformulare verteilt hat. So stehen wir bei der Einreise ohne da, während die Mitreisenden, die wir bis dahin gefunden haben, die Einreiseabfertigung bald hinter sich haben. Außerdem werden wir nach der Bordkarte gefragt, welche wir im Flugzeug liegengelassen haben. Super! Doch der nette Zöllner glaubt uns, dass wir – wie alle anderen Passagiere auch – von Dubai kommen und füllt netterweise das Einreiseformular für mich aus. Wo sonst auf der Welt gibt es denn so etwas?
Beim Gepäckband treffen wir wieder auf unsere Gruppe. Denn auch die Koffer lassen auf sich warten (haben wohl kein Einreiseformular bekommen). Dafür können wir am Bankautomat die ersten 300.000 Kyat abheben. Seit gut einem Jahr vor unserer Reise werden in Myanmar überall solche Automaten aufgestellt. Und das, wo wir so viele schöne Dollarnoten mitgenommen haben, um einen besseren Wechselkurs zu erzielen. Wenig später treffen auch die Koffer ein und können wir zum Ausgang. Auf dem Weg dorthin müssen wir noch eine Zollkarte ausfüllen und versichern, dass wir nichts Illegales oder zu viel Devisen unangemeldet nach Myanmar einführen.
Am Ausgang werden wir von unserer Reiseleiterin Htet Htet erwartet. In der World Insight-Broschüre sind vier Reiseleiter vorgestellt und Htet Htet war meine Wunschkandidatin. Das passt. Wir sitzen also bald im Bus und fahren durch das stauträchtige Yangon.
Auffallend und völlig untypisch für Asien sind die fehlenden Mopeds. Um eine zu hohe Luftverschmutzung in der Stadt zu vermeiden, wurden diese verboten. Stattdessen fahren jede Menge Autos und gammlige Busse durch die Millionenstadt. Ob das besser ist?
Der Weg vom neuen Flughafen ins Zentrum führt durch städtische Industrie- und Wohngebiete, die mit riesigen Werbetafeln plakatiert sind. Wir passieren weitläufige Grünanlagen und den Damm des Inya-Sees, bevor links von uns die goldene Shwedagon-Pagode auftaucht.
Unter einem blauen Himmel glitzert die Stupa der Pagode golden in der Sonne. Ganz in der Nähe befindet sich das Summit Parkview Hotel, in dem wir erst einmal einchecken. Zum Ausruhen bleibt jedoch keine Zeit. Denn wir starten gleich unsere ersten Besichtigungen in Yangon.
Hundemüde fallen wir am ersten Abend in Myanmar ins Bett. Trotz der Zeitumstellung schlafen wir beide recht schnell ein. Leider aber muss Lars dann doch mitten in der Nacht ins Bad. Schlaftrunken sieht er dort durch die Lüftungsschlitze der Tür meine Beine und denkt, ich stünde im Gang. Als er das Bad wieder verlässt, ist das Zimmer jedoch dunkel und findet er mich schlafend im Bett. Leicht verwirrt überlegt er, ob noch eine dritte Person im Zimmer sei, eh er sich selbst Halluzinationen unterstellt. Der Arme. Hätte er gewusst, dass ich tatsächlich aufgestanden war, um die Klimaanlage einzuschalten, dann aber sofort zurück ins Bett bin, wäre vielleicht auch er am nächsten Morgen ausgeschlafen aufgewacht.
Egal, auch er ist trotz meines nächtlichen Spuks einigermaßen fit, als wir zum Frühstück gehen und unsere Gruppe mit einem gut gelaunten »Mingalaba« begrüßen. Das bedeutet so viel wie »Glück und Segen mit Dir« und ist die wichtigste Grußformel in Myanmar. Diese können wir sowohl morgens und mittags als auch abends anwenden, wie uns Htet Htet erklärt. Sie selbst geht noch einen Schritt weiter. So starten wir nicht nur den Rundgang durch die Altstadt von Yangon, sondern fortan jede unserer Tagestouren im Chor mit dem Wunsch: »Mögen alle Lebewesen glücklich und zufrieden sein.« Es wirkt anfangs etwas seltsam auf uns. Doch irgendwie ist es ein motivierender und schöner Spruch für den Tag. Mücken sind von dem Wunsch übrigens ausgeschlossen.
Am ersten vollen Tag in Myanmar lernen wir Yangon näher kennen. Und zwar zu Fuß. So schmeißt uns der Busfahrer bei der Sule-Pagode hinaus und ist im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden. Die Pagode steht inmitten eines Kreisverkehrs. Wir verzichten auf einen Besuch. Sie ist bei Weitem nicht so pompös wie die Shwedagon-Pagode und dient den Einheimischen daher auch nur als Alltagstempel.
Gebete und Bitten, die hier gesprochen werden, beziehen sich auf die kleinen Probleme des Alltags. Gleich daneben befindet die City Hall. Hier ist die Verwaltung von Yangon untergebracht, welche wahrscheinlich das Ihre zu den Alltagsproblemen der Menschen beiträgt.
Als typisches Beispiel der britischen Kolonialarchitektur gilt hier der Gerichtshof mit seinem dekorativen Glockenturm. Lange Zeit weilte darin das höchste Gericht Myanmars. Erst als Yangon den Status als Hauptstadt an Naypyidaw (am 6. November 2005) abgeben musste, verlor das Gebäude seine hohe Bedeutung.
In der Straße vor dem Gerichtsgebäude befindet sich heute ein freundlicher Garküchenmarkt. Über Holzkohle schmoren die Gerichte in großen Töpfen und warten auf hungrige Mägen. Für Europäer ist dies sicherlich gewöhnungsbedürftig. Doch die Burmesen sitzen auf niedrigen Kindergartenstühlen und genießen ihr geselliges Mahl.
Garküchen in Yangon
Daneben befindet sich der Maha Bandula Park mit seinem hoch aufragenden Unabhängigkeitsdenkmal. Der Park ist nach dem General benannt, der im ersten Anglo-Birmanischen Krieg (1824-1826) gegen die Briten kämpfte. Er wurde seinerzeit verehrt wie heute Aung San Suu Kyi, die Friedensnobelpreisträgerin und heutige Außenministerin von Myanmar.
Das Land befindet sich im Umschwung. Während der Militärdiktatur war es den Reiseleitern noch verboten, über Politik zu sprechen. Heute hat das Land eine Demokratie light. Doch die Burmesen freuen sich auf ihre neue Zukunft und schauen der Demokratie frohen Mutes entgegen.
Leider mangelt es in Yangon an Großstadtidylle. Die Straßen wirken sehr fußgängerunfreundlich und die meisten Kolonialhäuser bräuchten auch mal wieder einen deftigen Anstrich, wenn nicht gar eine Grundsanierung. So spazieren wir langsam zum Yangon-Fluss und passieren dabei den um 1900 gebauten Yangon Division Court mit seinen achteckigen Ecktürmen.
Teile des Gebäudes wurden im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und sind bis heute nicht wieder instand gesetzt. Vor dem Gebäude stehen kleine Gemüsestände, an denen Htet Htet uns das Fruchtfleisch der Jackfrucht zum Probieren kauft. Wir kennen es bereits von unserer Borneo-Rundreise, finden es aber immer wieder lecker.
Ein kurzer Abstecher bringt uns zum 1901 erbauten Strand Hotel. Es gilt als ein nationales Wahrzeichen im viktorianischen Stil im Zentrum von Yangon. Hier ließe sich stilvoll eine Tasse Tee trinken. Stattdessen nutzen wir den nahen Rolltreppenübergang zur Pansodan Jetty. Denn unser nächstes Ziel ist die kleine Ortschaft Dala auf der anderen Seite des Yangon-Flusses.
Kurzer Spaziergang durch die Altstadt von Yangon oder auch Rangun. Aufnahmen von einem Straßenmarkt nahe dem Maha Bandula Park.
Zum Abschluss unseres Stadtrundgangs in Yangon fahren wir zum Kandawgyi-See, dem »großen königlichen See«. Eigentlich handelt es sich dabei um ein künstliches Gewässer. Während der Kolonialzeit wurde der See geschaffen, um eine saubere Wasserversorgung der Stadt zu gewährleisten.
Dazu leiten eine Reihe von Rohren das Wasser vom Inya-See zum Kandawgyi-See ab. Mit der Zeit hat sich das große Trinkwasserreservoir zu einem beliebten Naherholungsgebiet für die Stadtbewohner entwickelt. So tummeln sich auch während unseres Aufenthalts zahlreiche Burmesen in der gleichnamigen Parkanlage des Sees.
Wir erreichen den Kandawgyi-See bei der Bagan Lone Island. Dieser Bereich der Parkanlage ist noch frei zugänglich, ohne dass wir Eintritt bezahlen müssen. Die Insel ist über alte, klapprige Holzstege mit dem Ostufer des Sees verbunden.
Es ist sicherlich ratsam, seine Schritte mit Bedacht zu setzen. Einige Bretter im Steg fehlen, andere wackeln und wirken sehr morsch. Doch wir haben einen schönen Blick auf das Karaweik Palace und sein mehrstufiges Pyatthat-Dach.
Das Karaweik Palace ist eine Nachbildung eines burmesischen Königsschiffs und wurde nach Plänen des Architekten U Ngwe Hlaing errichtet. Nach gut zweijähriger Bauzeit wurde das Schiff im Oktober 1974 fertiggestellt. In der bereits tief stehenden Sonne glänzt es golden auf dem Wasser.
Als Schiff taugt es allerdings wenig, da die zweistöckige Konstruktion aus Beton und Stuck sowie Eisenstangen auf einem Sockel stehen muss, um sich über der Wasseroberfläche zu halten. Heute ist ein Büfettrestaurant im Karaweik Palace untergebracht.
Kurzer Abstecher an den Kandawgyi-See von Yangon. Spaziergang über hölzerne Stege zur Bagan Lone Island mit Blick auf den Nachbau eines burmesischen Königsschiffs.