Nach dem Einchecken im Summit Parkview haben wir eine kurze Pause, um uns im Zimmer frisch zu machen. Auch 20 Minuten Schlaf sind noch drin. Dann aber stehen bereits die ersten Besichtigungen an. Wir treffen unsere Reisegruppe in der Lobby, wobei zwei Teilnehmerinnen nach wie vor fehlen.
World Insight gestaltet die Anreise sehr individuell, wie wir feststellen. Doch die Gruppe macht einen sehr sympathischen und überwiegend jungen Eindruck. Prima, damit können wir etwas anfangen. Auf die zwei Fehlenden wird nicht gewartet – wer weiß, wo die gerade herumschwirren? – und schon sind wir unterwegs.
Unser erstes Ziel ist der liegende Buddha im Chaukhtatgyi Tempel. Dieser befindet sich keine fünf Kilometer vom Hotel entfernt. Durch den nervigen Großstadtstau dauert die Fahrt dorthin dennoch eine halbe Stunde. Am Eingang verstauen wir unsere Schuhe bei einer Sammelstelle.
Htet Htet nennt dies den Schuhparkplatz, den es hier bei jedem buddhistischen Tempel gibt. Anders als auf Sri Lanka sind in den Tempelanlagen Myanmars auch Socken verboten. So stapfen wir barfuß zu einem der schönsten liegenden Buddha-Figuren des Landes.
Mit einer Läge von 66 bis 72 Meter – die Angaben variieren je nach Quelle erstaunlich deutlich voneinander – ist der Liegende Buddha vom Chaukhtatgyi Tempel zugleich eine der größten Buddha-Figuren in Myanmar. Er wurde 1899 von Sir Po Tha, einem reichen Buddhisten, gesponsert und innerhalb der nächsten acht Jahre errichtet. 1907 waren die Bauarbeiten abgeschlossen.
Das Ergebnis allerdings war alles andere als zufriedenstellend. Die Figur war schlecht proportioniert und das Gesicht des Buddhas zeigte einen aggressiven Ausdruck. Auch wenn sich Sir Po Tha seinen Buddha anders vorgestellt hatte, wurde die Figur erst in den 1950er Jahren restauriert. Oder besser gesagt: abgerissen. Zwischen 1966 und 1973 entstand dann das heutige Prachtexemplar.
»Burmesische Buddhisten wollen ihren Buddha schön darstellen«, erklärt uns Htet Htet vor Ort. Das verstehen auch die Männer unserer Gruppe. Deshalb besitzt die Figur im Chaukhtatgyi Tempel sehr weibliche Züge. Das verstehen vor allem die Frauen unserer Gruppe. Damit ist der Buddha mit Lippenstift, Lidschatten und Nagellack geschminkt.
Am auffallendsten sind jedoch die natürlich wirkenden Augen. Eine traditionelle Glasfabrik aus Yangon kreierte zwei Augen mit wunderschön gearbeiteten Pupillen und Iris. Auch die Fußsohlen sind mit 108 Zeichnungen sehr eindrucksvoll gestaltet. Ähnliches kennen wir vom Liegenden Buddha im Wat Pho in Bangkok.
Bei einem kleinen Nebenaltar lernen wir die ersten buddhistischen Rituale kennen. Htet Htet ist gut vorbereitet und hat jedem ihrer Gäste den Wochentag seiner Geburt herausgesucht. Für jeden Wochentag gibt es ein Tiersymbol. Für den Mittwoch gibt es sogar zwei, denn die Burmesen haben eine Acht-Tage-Woche. Als einfaches Ritual übergießen wir unser Tier – ich als Montagskind den Tiger, Lars den für Dienstag stehenden Löwen – dreimal mit Wasser.
Dies soll Wünsche erfüllen und Glück bringen. Wer sehr viele Wünsche hat oder mehr Glück braucht, übergießt sein Tier für jedes Lebensjahr einmal plus einmal zusätzlich. Auch wenn wir einige Junge in der Gruppe haben, sehen wir davon ab. Es würde nur allzu schnell einen Besichtigungsstau verursachen und unser Programm schon am ersten Tag durcheinander wirbeln.
Eindrücke vom Liegenden Buddha im Chaukhtatgyi Tempel in Yangon. Er gehört mit 70 Metern Länge zu den größten seiner Art in Myanmar.