Die Shwedagon-Pagode ist das Nationalheiligtum Myanmars. Der Besuch der Pagode zählt damit für viele als DER Höhepunkt ihrer Reise durch das Land. Macht es da Sinn, sie gleich zu Beginn unserer Rundreise zu besichtigen?
Werden wir uns die restlichen drei Wochen langweilen, weil wir alle anderen Tempel mit der prächtigen Shwedagon-Pagode vergleichen? Wir folgen dem Programm und lassen uns brav zu einem speziellen Foreigner-Eingang kutschieren.
Zur schönen Shwedagon-Pagode gibt es natürlich auch eine schöne Legende: Vor mehr als 2500 Jahren, als Buddha noch auf Erden weilte, machten sich die beiden Händlerbrüder Tapussa und Bhallika aus Okkalapa auf nach Indien. Auf dem Weg dorthin trafen sie einen Nat (einen Naturgeist), der sie zu Buddha führte.
Sie erkannten den Erleuchteten und wurden bald zu treuen Anhängern seiner Lehre. Als sie sich später verabschiedeten und wieder in ihre Heimat zurückkehrten, schenkte ihnen Buddha acht seiner Haare. Diese sollten sie bei den Reliquien vorheriger Buddhas auf dem Singuttara-Hügel aufbewahren.
Während der Rückreise mussten sie einzelne der kostbaren Haare beim König von Ajjhatta und beim Naga-König Jayasena abgeben. Ihnen blieben lediglich vier Haare Buddhas, die sie ihrem König Okkalapa in einem Kästchen überreichten. So glaubten die frommen Brüder zumindest. Doch als der König das Kästchen öffnete, waren alle acht Haare wieder beisammen.
Sie begannen zu schweben und leuchteten in allen Farben. Taube konnten plötzlich hören, Stumme sprechen und Lahme wieder laufen. Der König erkannte den hohen Wert der heiligen Haare und ließ sie, wie von Buddha gewünscht, auf dem Singuttara-Hügel in einem Stupa einmauern. Er legte damit den Grundstein der Shwedagon-Pagode.
Wer den gewaltigen Stupa aus der Ferne in der Sonne glitzern sieht, kann sich kaum vorstellen, dass dieser anfänglich kaum zehn Meter hoch war. Doch die vielen Mon- und später birmanischen Könige bauten den Tempel im Laufe der Jahrhunderte immer weiter aus. 1774 erreichte die Shwedagon-Pagode unter König Hsinbyushin ihre gegenwärtige Höhe von 100 Metern.
Eigentlich gibt es vier, nach den Himmelsrichtungen ausgerichtete Aufgänge, die über Treppen und Rolltreppen hoch auf den Berg führen. Für Touristen jedoch haben die Burmesen einen bequemen Panoramalift gebaut, der über eine Brücke mit der fast sechs Hektar großen und mit weißem Marmor gepflasterten Plattform verbunden ist.
Unser Rundgang beginnt bei einem Bodhi-Baum, der ein Ableger des Baumes sein soll, unter dem Buddha einst die Erleuchtung erlangt hatte. Ab hier gilt es, mit den vielen Pilgern, im Uhrzeigersinn um den großen, goldenen Stupa zu laufen. Der zentrale Stupa ist tatsächlich gewaltig. Er ist vom Sockel bis zur »Lotusblüte« mit Blattgold bedeckt.
Die »Lotusblüte« wie auch die »Bananenknospe« sind hingegen mit Goldplatten gedeckt, deren Gewicht auf rund 60 Tonnen geschätzt wird. Schirm und Wetterfahne sind mit Tausenden Diamanten, Rubinen und Saphiren verziert und als prunkvoller Abschluss glitzert ein 76-karätiger Diamant auf der Spitze des Stupas.
Umgeben ist der Hauptstupa von 60 kleineren Stupas und vier größeren an den Querseiten, welche die vier Himmelsrichtungen markieren. Dazwischen treffen wir auf unzählige Andachtshallen, Schreine, Nat-Figuren, Pavillons mit liegenden, sitzenden, ruhenden und sonstigen Buddhas. Auch Ecken für die verschiedenen Wochentage sind hier zu finden. Wir sind überwältigt von all dem Prunk, der von den Gläubigen verehrt und gepflegt wird.
Finanziert wird das alles hauptsächlich über Spenden, die bei den Opferständen gerne genommen werden. Wem das nötige Kleingeld zum Spenden fehlt, kann sich gerne bei den Geldautomaten Nachschub holen. Diese wurden mit sicherlich bester Absicht an mehreren Ecken auf dem heiligen Boden aufgestellt. Ja, vom Buddhismus kann so manch eine Religion noch etwas lernen.
Trotz der vielen Menschen herrscht eine friedliche und beruhigende Atmosphäre bei der Shwedagon-Pagode. Junge Mönche und Nonnen schleichen an uns vorbei. Ein freiwilliger Putztrupp säubert mit lustigen Besen voller Inbrunst den glatten Marmorboden.
Gläubige sitzen meditierend vor Schreinen und verteilen Blumengirlanden und Lotusknospen, während andere jede Menge Räucherstäbchen und Kerzen anzünden. Wir fühlen uns wohl, genießen die entspannte Ruhe und warten auf den Sonnenuntergang.
Je dunkler es wird, desto mehr Touristen versammeln sich bei der Shwedagon-Pagode. Im Dunkeln wird die Anlage wunderschön von Flutlichtern angestrahlt. Das lockt natürlich viele Besucher an. Wir selbst sind durch die lange Anreise jedoch schon bald müde und auch hungrig. Mit der Gruppe wollen wir zurück zum Hotel. Die Fahrt dorthin sollte nur wenige Minuten dauern.
Doch leider bleibt unser Bus direkt mit der Abfahrt in einem hoffnungslosen Taxistau stecken. Wir beschließen zu Fuß zum Summit Parkview zu laufen. So lernen wir auch gleich die für Fußgänger wenig geeignete Gegend zwischen der Pagode und unserem Hotel im Zentrum von Yangon kennen. Der Bau vierspuriger Straßen geht auch hier leider mit einem Mangel an Fußgängerwegen und -übergängen einher. Da der Verkehr trotz der breiten Straßen weitgehend zum Erliegen gekommen ist, kommen wir dann aber doch sicher ans Ziel.
Eindrücke von der Shwedagon-Pagode in Yangon. Rituelles Fegen zur Abenddämmerung und Übergießen des Löwen in der Dienstagsecke.