Ehrlich gesagt, hat Windhoek nicht allzu viel zu bieten. Die meisten Sehenswürdigkeiten von Namibias Hauptstadt lassen sich bequem bei einem Spaziergang durch das historische Zentrum abklappern. Danach kann man eigentlich nur Einkaufen gehen. Statt der zwei Nächte, die wir hier verbringen, hätte für die Stadtbesichtigung von Windhoek auch eine gereicht.
Lieber wären wir dafür woanders einen Tag länger geblieben. Vielleicht in der Kolonialstadt Swakopmund, um neben der Stadt einen Ausflug nach Sandwich Harbour oder Walvis Bay unternehmen zu können. Oder um eine etwas längere Wanderung auf dem Wasserberg Plateau zu begehen, anstatt die historische Stätte mittels einer kurzen Stippvisite abzuhaken.
So aber kommen wir abends in Windhoek an, wobei Sydney einen Punkt des Programms bereits auf den nächsten Tag legen muss. Denn eigentlich sollten wir noch einen Stopp beim Kunsthandwerkermarkt in Okahandja einlegen. Durch den Umweg über das Wasserberg Plateau ist es aber bereits dunkel und sind die Läden geschlossen, als wir ankommen. Da sich der Markt eine Stunde von Windhoek entfernt befindet und es hier auch nichts anderes zu kaufen gibt als auf den Märkten direkt in der Hauptstadt, verzichten wir schließlich darauf, am nächsten Tag nochmals zurückzufahren.
Anmerkung: der Handwerkermarkt in Okahandja ist Ende September 2010 vollständig abgebrannt. Damit gingen zeitweilig rund 1000 Arbeitsplätze verloren. Nach dem erfolgten Wiederaufbei konnte der Markt im Jahr 2013 wieder eröffnet werden.
Gut erholt brechen wir am nächsten Morgen nach dem Frühstück zu unserer ersten Stadtbesichtigung von Windhoek auf. Bereits wenige Meter außerhalb des Hotels wird uns das die Windhoeker Allgemeine Zeitung (Nachrichten von a bis z auf gut Deutsch) angeboten. Doch nein, wir wollen doch nur ein wenig die Umgebung des Hotels erkunden und dafür erst einmal sicher auf die andere Seite der Independence Avenue gelangen.
Über einen Parkplatz und die Peter Müller Straße kommen wir zur Christuskirche von Windhoek. Sie wurde von 1907 bis 1910 erbaut und ist das Gotteshaus der evangelisch-lutherischen Gemeinde, die Pastor Siebe 1896 für die Rheinische Mission gegründet hatte. Spätestens seit ihrer Renovierung im Jahr 1971 ist sie eines der schönsten Gebäude in Windhoek. Kein Wunder, dass sie mittlerweile zu den Nationaldenkmälern Namibias zählt. Leider ist sie geschlossen, weswegen wir direkt weiter zum Reiterdenkmal und der Alten Feste laufen.
Bemerkenswert finden wir, dass die Namibier die Denkmäler der Kolonialzeit erhalten. Vor allem, da die Gedenktafeln zwar die Opfer der Deutschen während der Aufstände nach Geschlecht und militärischen Rang genau aufzählen, von den Einheimischen aber kaum die Rede ist. So lesen wir auf der Tafel unterhalb des Reiters:
»Zum ehrenden Angedenken an die tapferen deutschen Krieger, welche für Kaiser und Reich zur Errettung und Erhaltung dieses Landes während des Herero- und Hottentotten-Aufstandes 1904-1907 und während der Kalahari-Expedition 1908 ihr Leben ließen. Zum ehrenden Gedenken auch an die deutschen Bürger, welche den Eingeborenen im Aufstand zum Opfer fielen.«
Nachdem wir einen Blick in den Vorraum der Alten Feste (sie ist heute ein Museum) werfen, laufen wir ein paar Meter zurück, wieder vorbei an der Christuskirche und durch den Park zum Tintenpalast, dem Regierungsgebäude. Seinen Namen erhielt das Gebäude übrigens, weil hier die Beamten offenbar sinnlos viel Tinte verschrieben.
Auch wenn dies abwertend ist, so ist der Name mittlerweile so geläufig, dass sich darüber kaum noch ein Beamter aufregen wird. Von außen ist der Tintenpalast leider recht unansehnlich. So wird die ohnehin einfach gehaltene Architektur der Fassade durch etliche Klimaanlagen verschandelt.
Als wir die meisten Sehenswürdigkeiten Windhoeks gesehen haben, müssen wir zurück zum Hotel, um wenig später bei der programmgemäßen Stadtrundfahrt die Kirche, die Alte Feste und den Tintenpalast nochmals zu sehen.
Immerhin aber zeigt uns Sydney einen Stein nahe der Kirche: Ostdeutsche Provinzen unvergessen. Dann erklärt er, dass die Statuen im Park nahe des Tintenpalastes zu ehren zweier Häuptlinge errichtet wurden.
Bei der anschließenden Rundfahrt kommen wir durch die Außenbezirke Windhoeks. War diese bis zur Unabhängigkeit von Südwestafrika durch die Politik der Apartheid in strikt nach Rassen getrennte Viertel eingeteilt, so werden die Bewohner inzwischen durch wirtschaftliche Kriterien getrennt.
Denn einmal in einem der armen Viertel gelandet, gelingt es kaum einem Vertreter der Nama, Ovambo oder Herero, in eines der ehemals rein weißen Viertel umzuziehen. Sydney aber lacht, als wir bei einem dieser Weißen-Viertel vorbeikommen: »Dort hinten steht mein Haus - ein Alptraum für die Weißen.«
Möglichkeiten zum Aussteigen gibt es während der Fahrt leider kaum. Abgesehen von einem Halt bei einem Hotel, in dem ein Jahr zuvor die Miss World gekürt wurde.
So also brechen wir am Mittag ein zweites Mal zu Fuß auf, um uns die Fußgängerzone, das Kudu-Denkmal und das Namibia Crafts Centre anzuschauen.
Gut, in die Kneipe »Zum Wirt« haben wir auch kurz reingeschaut. Weil uns sofort der Gestank alten Brat- und Frittierfetts, gemischt mit Zigarettenqualm und anderen schlechten Gerüchen entgegenschlug, sind wir aber nur durchgelaufen und haben den Übergang zur Gartenwirtschaft genutzt, um wieder zurück zur Independence Avenue zu laufen. Nein, eine solche Kaschemme brauchen wir nun wirklich nicht im Urlaub.
Genial ist der Empfang im Kalahari Sands Hotel welches inzwischen in das Avani Windhoek Hotel & Casino umbenannt ist. Okay, wir müssen durch den unteren (Gepäck-) Eingang. Dafür aber überrascht uns das Personal mit heißem Kakao.
Nach zwei Wochen oftmals wässrigen Welcomedrinks ist das so etwas von lecker, dass wir uns gerne noch eine zweite Tasse gönnen. Zu unserem Glück nämlich haben die netten Damen ein paar Tassen mehr zubereitet als eigentlich nötig gewesen wäre.
Das Kalahari Sands selbst befindet sich direkt im Zentrum von Windhoek, sodass wir sowohl die Alte Feste mit dem Museum, die Kirche, die kleine Fußgängerzone als auch den Tintenpalast, den ehemaligen Zoo und das Kudu-Denkmal bequem zu Fuß erreichen können. Günstige Restaurants gibt es natürlich auch in der Nähe.
Nachdem ausgerechnet während unserer Reise in dem sonst so friedlichen Land eine Frau nach dem Besuch der Kneipe Zum Wirt verschwunden ist und zu allem Unglück außerdem ein Urlauber bei einem Überfall erschossen wurde, bleiben wir abends jedoch lieber im Hotel.
Nach einer belebenden Dusche verzichten wir mal wieder auf das Abendessen und begnügen uns stattdessen mit zwei eisgekühlten Rock Shandys und Knabbersachen in der Bar. Etwas nervig finden wir, dass sich direkt nebenan das Kasino des Hotels, Joker, befindet und wir von den vielen Spielautomaten praktisch dauerbeschallt werden. Ansonsten ist das Hotel aber schön eingerichtet. So hängen überall Bilder an den Wänden, die typische Landschaften und Tiere Namibias zeigen.
Unser Zimmer ist ordentlich und ansprechend eingerichtet, die Betten sind bequem und auf dem Tisch versüßen uns ein paar Pralinen den Aufenthalt. Daneben bietet das große Fenster einen weiten Überblick über Windhoek.
Weniger schön finden wir die Klimaanlage im Restaurant. Denn als wir am zweiten Abend essen gehen, fröstelt es uns und bin selbst ich gezwungen, mir einen (am liebsten dicken) Pulli vom Zimmer zu holen. Das Büfett jedoch ist reichhaltig. Allerdings sollte man etwas Wartezeit einrechnen, da die meisten Sachen direkt am Büfett zubereitet werden.
Nach Zwei Wochen in Namibia heißt es für uns Abschied nehmen. Wenn uns jemand fragt, ob sich die Reise gelohnt hat, können wir nur mit einem klaren »Ja!« antworten. Sicher, die Entfernungen sind enorm. Oft sind wir mehr im Reisebus gesessen als dass wir zu Fuß unterwegs waren.
So liegen die Sehenswürdigkeiten im Osten, der Köcherbaumwald und der Fish River Canyon, doch weit auseinander. Auf die Fahrt von der Anib Lodge in die Kalahari aber hätten wir nicht verzichten wollen; auch wenn wir besser Handschuhe und einen dicken Pulli mitgenommen hätten...
Eindrucksvoll fanden wir den Besuch und das Streicheln der schnurrenden Geparde, ebenso wie den Aufstieg in die Dünenlandschaft - trotz der Strapaze - bei Sesriem, einem der schönsten Tage während der Rundreise. Nicht zuletzt, weil wir später am Tag die Möglichkeit fanden, allein in die afrikanische Landschaft hineinzuspazieren.
Glück hatten wir mit Swakopmund. Denn weder von dem Sand- und Staubsturm noch von dem berüchtigten Nebel haben wir viel mitbekommen - und ihn dennoch erlebt. Nicht vergessen werden wir die Schwarzwälder Kirschtorte beim Leuchtturm von Swakopmund. Wie auch die nette Frau im Museum, die wegen des aufziehenden Nebels nur meinte: »Ja, das ist unser Südwester. Wenn der kommt wird es kalt.«
Nicht gedacht hätten wir, wie viele Robben am Kreuzkap leben und wie viele verschiedene Tiere wir bei unserer Safari im Etosha National Park beobachten können. Allein dafür hätte sich die Reise gelohnt. Aber auch für den kleinen Gamedrive auf der Epako Safari Lodge, bei der uns etliche Giraffen begegneten. Für uns war das schon vor der Rückfahrt nach Windhoek ein toller Abschluss einer erlebnisreichen Reise.