Wie schon in Edfu legen wir auch in Assuan erst nach Einbruch der Dunkelheit an. Umso gespannter sind wir bei Tagesanbruch auf den Ausblick, der sich uns bietet. Und - wow! Wir haben direkte Sicht auf die Felsengräber von Assuan.
In sanftem Rotgold erstrahlt der Berg in der Morgensonne, während die Feluken noch müde am Ufer des träge dahin fließenden Nils vor sich hin dümpeln. Welch eine Aussicht!
Frisch geduscht und voller Ausflugslust eilen wir in den Frühstücksraum. Dass sich die Auswahl am Solaris-Büfett auch im Süden Ägyptens nicht verbessert, Schwamm drüber. Schließlich wollen wir die berühmten Assuan-Steinbrüche mit dem unvollendeten Obelisken der Hatschepsut,
den Nasser-Staudamm (beziehungsweise die beiden Staudämme) und den ersten Nil-Katarakt sehen, in einer Feluke über den Nil segeln, über den Bazar schlendern und überhaupt ganz viel erleben.
Anders als in Edfu werden wir hier noch zwei weitere Tage und Nächte verbringen. Genug Zeit, sich organisiert nach Abu Simbel fahren zu lassen. Allerdings dauert die Busfahrt dorthin vier bis fünf Stunden, sodass wir am nächsten Morgen um bereits drei Uhr nachts aufstehen müssten. Das Monument, welches Ramses am ehemals dritten Katarakt zu ehren seiner Frau Nefertari sowie zur Abschreckung feindlich gesinnter Stämme Nubiens errichten ließ, zählt zwar zu den ganz großen Höhepunkten einer Ägyptenreise. Der Tempel von Philae, die Insel Elephantine und der botanische Garten auf der Kitchener-Insel sind jedoch auch einen Besuch wert - und befinden sich alle in bequemer Taxi-Nähe. Für uns Grund genug, auf rund neun Stunden Busfahrt zu verzichten.
Am späten Nachmittag fahren wir zur großen El Tabia Moschee von Assuan. Eingebettet in einen kleinen Park, bietet sich hier ein guter Ausblick über die tiefer liegenden, meist gräulichroten Stadtteile Assuans. Obligatorisch müssen die Frauen vor dem Eintritt in die Musullah (Gebetshalle) ihr Haar sowie die Schultern bedecken, bevor unser Reiseleiter im Innern der Moschee die fünf Säulen des Islams erklärt: Allah als einzig wahren Gott mit seinem Propheten Mohammed anzuerkennen, fünf Gebete am Tag zu verrichten, Bedürftige zu unterstützen, die Fastenzeit während des Ramadhans, warum es sie gibt und wer davon ausgenommen ist, sowie als Höhepunkt eines jeden Moslems die Pilgerfahrt nach Mekka.
El Tabia Moschee von Assuan
Obligatorisch zu jeder Ägyptenreise gehört der Besuch eines der vielen Bazare. So natürlich auch in Assuan, wo wir uns - vom Reiseleiter unbehelligt - in aller Ruhe umschauen dürfen.
Oder viel eher dürften. Denn so, wie die Märkte Ziel der Touristen sind, so sind wir Touristen wiederum das Ziel der Händler. Um so mehr, wenn in der Stadt - wie im Sommer - nicht viel los ist.
Tatsächlich schaffen wir es an so gut wie keinem Stand vorbeizukommen, ohne dass uns jemand ein »Hallo, Mister, Madame...« zuruft. Andere gehen mit ein, zwei Kleidern auf Annette zu, um ihr diese im Vorbeilaufen zu zeigen. Als schließlich einer so dreist wird, ihr ein Kleid direkt an den Körper zu halten, sehe ich rot.
Es mag zwar ägyptische Männer geben, die es in Ordnung finden, wenn sich andere an ihre Frauen vergreifen. In diesem Fall wird der Verkäufer jedoch eher froh gewesen sein, dass ich ihn nur unsanft beiseite dränge, bevor er sich unter dem Gelächter der anderen Händler trollt.
Als wir am hinteren Ende der Kleidermeile ankommen, erfahren wir, dass es sich nicht lohne, weiter zu gehen. Ein paar Meter weiter wechselt das Bild. Ist der vordere Teil noch einigermaßen intakt und ansehnlich, gibt es hinten neben ein paar kleinen Geschäften nur noch schäbig wirkende Stände und Karren. Wenn überhaupt, denn zwischen Bergen von Schutt, bieten ein paar Händler ihr Obst und Gemüse lediglich in Körben an. Teilweise nur durch eine staubige Decke vom Straßendreck getrennt.
Die Kulisse aber passt: teils eingestürzte, teils abgerissene Häuser dominieren das Bild. Und ein Abschnitt gar sieht aus wie nach einer kriegerischen Auseinandersetzung. Dann aber kommen wir in die Nähe einer Moschee und alles wirkt gleich wieder aufgeräumter.