Ehrlich gesagt, die Granitsteinbrüche Assuans hatten wir uns ein gutes Stück größer vorgestellt. Das mag aber auch daran liegen, dass sich zum einen der Lauf des Nils immer wieder ein wenig geändert hat (der Steinbruch befand zur Zeit der Pharaonen direkt am Wasser), sicherlich aber auch daran, dass weite Teile des antiken Steinbruchs längst überbaut sind.
Werden nämlich bei uns die Baulücken in den Städten geschlossen, so müssen diese in Assuan an vielen Stellen zunächst einmal aus dem Massiv herausgemeißelt werden. Die hinterliegende Lärmschutzwand ist damit »hausgemacht«.
Vor Ort lernen wir, wie der Stein früher mürbe gemacht wurde, bevor die Steinmetze Löcher in den Fels bohrten, in welche sie Holzkeile steckten. Gut gewässert, quollen diese auf und sprengten den Granitblock (hier Syenit genannt) im Idealfall entlang der gewünschten Linie aus dem Fels heraus.
Danach wurde er auf speziellen Schlitten über gewässerten Sand zum Nilufer gezogen, um mit dem nächsten Hochwasser seine Reise nilabwärts anzutreten. So entdecken wir hier unter anderen die »Negative« mehrerer Obelisken von Karnak und Luxor.
Dass dies nicht immer gelang, beweist der unvollendete Obelisk der Hatschepsut. An drei Seiten liegt er frei im Bruch. Weil er aber riss, musste er aufge-
geben werden. Denn Obelisken durften immer nur aus einem Stück gefertigt werden.
Beim Rundgang durch den Steinbruch empfiehlt sich übrigens festes Schuhwerk, da die ohnehin schiefen Wege durch eine feine Sand- und Staubschicht recht rutschig sind und die Absicherungen nach unten leicht zu unterqueren sind.
Dahinter droht ein (etappierbarer) Sturz von drei bis etwa zehn Meter. Sich das Knie am unvollendeten Obelisken aufzuschlagen, mag zwar eine spannende Urlaubsgeschichte sein, ist den Schmerz aber sicher nicht wert.