Nach erholsamer Nacht und wirklich frühem Frühstück bringt uns ein kleines Boot um sechs Uhr ans Westufer des Nils. Die Fahrt dauert nur ein paar Minuten.
Und doch erwartet uns eine ganz andere Welt. Ist das Ostufer mit der aufgehenden Sonne den Lebenden vorbehalten, so war West-Theben zur Zeit der Pharaonen das Reich der Toten.
Heute ist der Westen jedoch eher das Land der aufsteigenden Heißluftballons. Mit rund 50 Personen pro Kabine starten diese, sobald es hell genug ist, um ihren Insassen einen gedrängten Blick auf zum Beispiel die beiden Memnon-Kolosse zu bieten.
Ob man aus der Luft, abgesehen von der Schädeldecke der beiden Figuren, sehr viel mehr sieht als wenn man direkt vor den 18 Meter hohen und 800 Tonnen schweren Statuen steht? Ich glaub es eher nicht.
Bereits bei diesem ersten Stopp zahlt sich der frühe Aufbruch aus. Denn kaum haben wir ein paar Bilder aufgenommen, als auch schon die nächsten Busse bei dem einst prächtigen Tempel halten. Augenblicke später sind die beiden Kolosse belagert.
Dann geht es auch schon weiter und, großes Kompliment an unseren Reiseleiter, auch beim berühmten Totentempel der Hatschepsut kommen wir an, bevor der große Ansturm einsetzt.
Der Weg vom Bus zum Tempel ist übrigens sehr bequem. Denn nur wenige Meter vom Parkplatz entfernt warten eine ganze Reihe »Minizüge«, welche uns den morgendlichen Spaziergang deutlich verkürzen. Denn auch zu dieser Tempelanlage führt eine gerade, ca einen Kilometer lange Prozessionsstraße. Von den einstigen Sphingen, welche diese gesäumt haben, ist leider nichts mehr übrig geblieben.
Über den Tempel selbst lernen wir, dass ihn zwar Hatschepsut erbauen ließ. Kartuschen mit ihren Hyroglyphen gab es aber schon kurz nach ihrem Tod keine mehr an dem Gebäude. Das nämlich war die Quittung dafür, dass sie ihrem Stiefsohn und eigentlich rechtmäßigem Pharao Zeit ihres Lebens die Regentschaft verwehrte.
Seit Jahren übrigens lauert ein Ägypter bei einem nach oben offenen Raum an der linken Seite des Tempels. Viel zu sagen hat er nicht, außer dass er jedem ein Bild mit Hathor, der göttlichen Kuh, zeigen will. Andere kennen noch das Zeichen »Ankh«, das Zeichen des Lebens, welches zum Beispiel im Namen des jung gestorbenen Pharaos »Tutankhamun« (Tutenchamun) steckt.
Viel interessanter finden wir jedoch (im selben Raum) ein winziges Relief, dessen blaue Farbe aus Lapislazuli bis heute noch erstaunlich gut erhalten ist. Außerdem lohnt ein Blick in die Gänge rechts der Treppe mit Darstellungen des Horus-Falken,
des Anubis, der Sonnengöttin Nut (oben an der Decke), aber auch Szenen aus dem ägyptischen Alltag und eben Kartuschen von Thutmosis III., dem Stiefsohn der Hatschepsut.