Spät am Abend durchqueren wir die Schleuse von Esna, bevor wir nachts bei Edfu anlegen. Die erste Etappe ist damit schon geschafft. Und wie in Luxor, nutzen wir auch hier die noch nicht ganz so heiße Morgenluft für den Ausflug zum Horustempel.
Wieder wird uns das Laufen abgenommen. Diesmal durch eine ganze Reihe an Pferdekutschen, die uns zur Station nahe des Horustempels bringen. Ein Trinkgeld sollen wir keines geben, da alles schon gut bezahlt ist, erklärt unser Reiseleiter. Zum Unglück des Kutschers, der natürlich auf ein zusätzliches »Bakschisch« hofft.
Aber gut, aufgestiegen, auf das »Hallo!« von der Seite gehört und schon gibt es ein ägyptisches Beweisfoto von unserer Kutschfahrt. Die Station gehört übrigens zur Dorothy-Brooke-Krankenhausstiftung für Tiere, welche die Arbeitsesel und -pferde bei Krankheiten oder Verletzungen kostenlos versorgt.
Schon von Weitem sehen wir den mächtigen, 36 Meter hohen Eingangspylon des Tempels, der dem falkengestaltigen Gott Horus, Sohn des Osiris, gewidmet ist. »Horus kennen Sie alle, Sie wissen es nur nicht«, erklärt unser Reiseleiter. Naja, auf »Horometer«, dem Zeitmesser (Uhr), komme ich ja noch. Aber was könnte das mit dem Gott Horos zu tun haben?
Tatsächlich liege ich jedoch gar nicht so falsch. Denn von Horus leitet sich das viel bekanntere Horoskop, sprich: das »Auge des Horus«, ab. Dem nicht genug, war das Horusauge bei den Ägyptern das stärkste Amulett, welches selbst heute noch gerne als Schutz vor dem bösen Blick verwendet wird.
Neben übergroßen Darstellungen des Horus sowie seiner Eltern, Isis und Osiris, zeigen die Reliefs am Eingang den Pharao beim »Erschlagen der Feinde«. Bei den Besuchern weitaus beliebter sind jedoch zwei Horus-Statuen, die sich bereitwillig mit so ziemlich jedem Urlauber fotografieren lassen (ja, auch wir haben uns davor gestellt). Immerhin, hier ist es wenigstens überall - und damit auch im Innern des Tempels - erlaubt, die Kamera zu zücken.
Beeindruckend sind die vielen inneren Räume, die über und über mit Hyroglyphen und Reliefs bedeckt sind. In ein paar der Räume wurden diese leider durch etliche Einkerbungen unkenntlich gemacht. Als Grund erfahren wir, dass sich die frühen Christen zur Zeit der Römer in die Gräber und Tempel zurückgezogen hatten und die Wandbilder in den von ihnen bewohnten Räumen zerstörten.
Sei es aus Rache oder als Provokation. Ganz sicher jedoch aus Missachtung der älteren Religion. Die 32 Säulen im ersten Hof sowie die beiden im hinteren Teil des Hofes anschließenden Säulenhallen mit Darstellungen der Tempelgründung und der verschiedenen Kulthandlungen des Pharaos blieben davon zum Glück verschont. Sehr angenehm finden wir, dass es selbst bei regem Besucherverkehr immer wieder mal einzelne Räume gibt, in denen man die vielen Isis- und Horus-Abbildungen in Ruhe auf sich wirken lassen kann. Zu lange allerdings auch nicht. Denn die Kutsche wartet schon wieder. Und das leider an einem ausgesprochen ungünstigen Platz. Der Weg dahin führt nämlich an einigen Bazaren vorbei, sodass uns ständig Sachen feil geboten werden, für die wir absolut keine Verwendung haben.
Etwas Schade find ich, dass der Kutscher am Schluss extrem aufdringlich wird und sich, als er bei mir den bissfesten Granit bemerkt, an eine Mitreisende hängt, um ihr lautstark einzureden, dass alle anderen Europäer, sei es Franzosen, Italiener oder Skandinavier, immer Trinkgeld geben würden.
Das Bild vom Anfang der Fahrt lehnen wir ebenfalls ab. Zwar kann so etwas eine hübsche Erinnerung sein, aber leider hat das Foto eine derart schlechte Qualität, dass es eigentlich nur Schade ums Papier war - abgesehen davon, dass wir gar nicht richtig im Bilde sind.