Kurz vor 13 Uhr kommen wir in Luxor bei unserem Hotelschiff, der HS Solaris, an. Während die Koffer vom Personal geschultert werden, müssen wir selbst nur unser Handgepäck über den wacklig wirkenden Steg ins Schiff tragen. Dabei übrigens mustern uns die Verkäufer der kleinen Bazar-Straße erstmals, um uns fortan bei jedem Verlassen, jeder Ankunft ihre Dienste, Klamotten und Souvenirs feilzubieten.
Innen angekommen, den Zimmerschlüssel in der Hand, geht es erstmal zur Begrüßung in die Bar. Kaum halten wir unsere Willkommenslimo in der Hand, beklagt sich auch schon Annette, ich solle uns ein anderes Zimmer geben lassen, da unseres ganz hinten bei den Motoren sei. Aber hatte der Reiseleiter beim Flughafen nicht gemeint, wir bekämen ein sehr schönes Zimmer? Also erstmal vorsichtig nachgefragt, wo denn unser Zimmer nun sei? »Oh, Sie sind ganz vorne«, bekomme ich als Antwort. Und »ja«, natürlich befinden sich die Motoren ganz hinten.
Die »Meckerkeule« sorgfältig zurückgepackt, sind wir wenig später wirklich überrascht, erwartet uns doch ein geräumiges Zimmer mit Fernsehvorraum und einem kleinen Balkon sowie ein großzügig eingerichtetes Bad mit Wanne/Dusche, WC und Bidet, Fön sowie zwei Waschbecken. Alles ist picobello sauber, die Klimaanlage bläst nicht in Richtung Bett und auf einem kleinen Tisch steht ein Früchtekorb mit kleinen Bananen, Trauben und Äpfel. Drei Tage später verrät uns schließlich ein Blick auf den Schiffsplan, dass wir in einer der Suiten untergebracht sind. Mit anderen Worten: Gut, dass wir nicht gemeckert haben...
Etwas enttäuschend ist hingegen das Essen. Zwar wurde uns bei der Hinfahrt noch stolz berichtet, dass in Ägypten praktisch alle Früchte wachsen. Tatsächlich schaffen es die Ägypter aber leider nicht, diese Vielfalt aufs Schiff zu tragen. So finden wir am Büfett neben einigen Süßspeisen nur sporadisch Bananen, Trauben oder auch mal Melone. Mehrmals jedoch muss ich meinen Teller leer zurückstellen und auf das Dessert verzichten, weil ich das süße Zeugs einfach nicht mag, es außer diesem aber nichts zur Nachspeise gibt.
Nach einer Nacht in Luxor, legt die HS Solaris während des Mittagessens in Richtung Assuan ab. Zeit für das Personal, die Vorhänge beiseite und die Sicht auf den Nil frei zu schieben. Aufregung breitet sich im Speisesaal aus und für die nächste Zeit ist das frühe Aufstehen, samt der Anstrengungen des Vormittags mit Besichtigungen vergessen. Wenig später wechselt die städtische Kulisse Luxors zu mit Palmen gesäumten Ufern beiderseits des breiten Stroms.
Sicher kann uns das Schiff nicht den Komfort und den Luxus bieten, für den die Kreuzfahrtschiffe im Mittelmeer oder in der Karibik bekannt sind. Auch ist das Unterhaltungsprogramm eher dürftig. Das Gefühl, die Ufer des Nils gemächlich vorbeiziehen zu lassen, aber ist einfach nur herrlich! Soll heißen: Mit dem Essen haben wir es auf einmal ganz eilig, eh wir unsere Kameras schnappen, um die ersten Eindrücke der Fahrt digital festzuhalten.
Auf dem Sonnendeck gehören wir zu den ersten Gästen. Glück gehabt. Oder auch nicht? Denn im Gegensatz zur Hauptsaison ist die HS Solaris während unserer Nilkreuzfahrt nur zu einem guten Drittel belegt. Was bedeutet: anstelle der sonst einen Liege pro Kabine (von denen die meisten ungeschützt in der Sonne stehen) können wir uns in aller Ruhe ein schön schattiges Plätzchen aussuchen. Warum die Liegen alle nach innen stehen, wissen wir zwar nicht. Aber auch das lässt sich leicht ändern, sodass uns eigentlich nur noch die Reling vom freien Blick aufs Ufer trennt.
Schön finden wir, dass ausreichend Handtücher an Deck bereitgehalten werden und keiner schräg guckt, wenn man diese mal während des Tages austauscht. Da ist es für die Crew doch viel interessanter, zu gucken, wer sich so alles im Schiffspool tummelt. Dieser taucht nämlich gut zwei Meter tief ins Schiffsinnere ein (zwischen Treppenaufgang und dem Eingang zur großen Bar) und hat mehrere Guckfenster, welche dem Zuschauer ein recht interessantes Aquarium bieten. Tatsächlich dauerte Annettes erstes Bad nur wenige Sekunden, als sich ein Schiffsjunge nach unten verabschiedete...
Zum Unterhaltungsprogramm auf der HS Solaris zählen ein wenig Folklore und, natürlich, Bauchtanz. Nachdem beim »Galapscha-Abend« alle unbedingt mitmachen sollen, um sich zum Beispiel bei einer Variante der »Reise-nach-Jerusalem« nach irgendetwas auf den Boden zu stürzen oder sich bei Aussetzen der Musik in Gruppen zu angesagter Größe zusammenzufinden, kommt die Bauchtänzerin weitgehend ohne Hilfe der Passagiere aus. So müssen nur wenige unserer Gruppe beweisen, dass sie bei Weitem nicht an die Beweglichkeit einer ausgebildeten Tänzerin heranreichen.
Am Rande beweist übrigens der Sänger, wie wichtig es selbst in Ägypten ist, immer erreichbar zu sein. So kramt er auf einmal nach seinem klingelnden Handy, um minutenlang zu telefonieren, während der Rest der Band etwas verlegen eine folklorische Endlosschleife spielt. Erst als alles geregelt zu sein scheint, stimmt der Sänger wieder mit ein, um die rhythmischen Bewegungen der Tänzerin mit seiner Stimme zu begleiten.
Nach dem besagten Galapscha-Abend geht es mir übel. Schon vorher ließ mich ein ungutes Gefühl zum Tee greifen. Erst hatte ich noch gedacht, in Assuan etwas Kaltes zu schnell getrunken zu haben. Fieber, Erbrechen und Durchfall erklären aber eindeutig den Salat vom Vortag zum Hauptschuldigen. Mittlerweile wissen wir: esse niemals Blattsalat, ohne ihn mit Zitronensaft zu beträufeln bzw. zu desinfizieren. Immerhin, als Annette mitten in der Nacht auf der Suche nach Wasser geht (die Minibar war zu dem Zeitpunkt bereits durch das Personal leer geräumt), geben ihr die beiden netten Jungen von der Rezeption außerdem ein paar recht wirksame Tabletten mit.
Leider gibt es auch das: da die Rechnungen nach dem letzten Abendessen erstellt werden, müssen wir abends bar bezahlen. Das allein wäre ja nicht so schlimm. Seltsamerweise jedoch besitzen die Kellner in der Bar überhaupt kein Wechselgeld - ganz gleich, welcher Betrag zu zahlen ist. Dem nicht genug, verrechnen sie sich und versuchen, insofern in Euro gezahlt wird, zu einem völlig falschen Kurs umzurechnen. Alles natürlich nicht zu Gunsten des Gastes. Für uns ist dies unverständlich, hat doch die Crew von jedem Gast satte 25 Euro Trinkgeld bekommen.
Wie wir beobachten, verursacht dieses Verhalten nicht nur bei uns einen bitteren Nachgeschmack. Mehr noch, sind andere Gäste stinksauer, weil sie von einem der Kellner halbwegs angeschrien werden, als sie ihm seine Masche nicht durchgehen lassen wollen. Für ein 5-Sterne-Schiff jedenfalls ist dies unwürdig und damit sehr schade. Und damit tuen sich die Crew und der Veranstalter keinen Gefallen. Denn die meisten Urlauber werden sich kaum an die beiden netten Jungs an der Rezeption erinnern, sondern die Unstimmigkeiten am letzten Abend im Kopf behalten. Vielleicht haben wir das Trinkgeld aber auch nur zu früh gezahlt. Denn, so denke ich, wird zunächst nur die Hälfte der pauschalen Summe hingelegt, der Rest aber erst bei der Abreise, dürfte dies die Motivation erheblich steigern (-;