Nur am Strand herumzusitzen war noch nie unser Ding. Um unseren Tatendrang in Dhofar mit Ausflügen in die Al Qara-Berge nach Shatat und anderen Sehenswürdigkeiten zu stillen, haben wir uns für sechs Tage ein Auto gemietet.
Hier gilt: Wer sich vor der Reise um einen Mietwagen kümmert, fährt etwas günstiger. Ein Nachteil ist jedoch, dass FTI keinen Vermieter auftreiben konnte, der den Wagen am Hotel zustellt. Wir müssen also zum Flughafen.
Schon am Neujahrsmorgen hatten wir eine Frau beobachtet, die sich darüber mokierte, dass der Hotelshuttle nur bei Ankunft und Abflug von Hotelgästen verfügbar ist. In der Praxis heißt das, entweder mitten in der Nacht oder aber in aller Herrgottsfrühe. Wie sie müssen auch wir ein Taxi nehmen, was annähernd so teuer wie der Tagessatz unseres Mietwagens ist.
Da der Bankautomat im Hilton Salalah Resort während unseres Aufenthalts unter akutem Geldscheinmangel leidet, stocken wir unser Barvermögen am Flughafen auf. Leider verfehlen wir dadurch den direkten Weg zu den Autovermietungen. So irren wir über lange Umwege im Außenbereich, eh wir zum Büro von Europcar finden. Gemessen an den ehrgeizigen Zielen des Flughafens ist das Büro spärlich eingerichtet.
Die typischen Formalitäten ziehen sich etwas in die Länge, doch dafür bekommen wir ein Upgrade. Als uns der Vermieter zum Auto führt, wissen wir auch warum. Im Parkbereich von Europcar stehen ausschließlich Mittelklassewagen. Kleine Flitzer, wie wir einen wollten, sind Fehlanzeige. Aber das ist in Ordnung. Allerdings müssen wir den ersten Wagen sogleich wieder tauschen, da einer der Reifen fast platt ist.
Wenig später sitzen wir in einem erst wenige Wochen alten Mitsubishi Lancer. Selten haben wir solch einen komfortablen Mietwagen bekommen. Jetzt müssen wir nur noch die Ausfahrt finden. Leider funktionieren die Schranken am Salalah International Airport noch nicht. Nach einer kurzen Irrfahrt über die Parkplätze finden wir aber ein offenes Tor. Für die erste Tour haben wir uns die Küste westlich von Salalah vorgenommen.
Dafür könnten wir ganz einfach die bestens ausgebaute Umfahrung von Salalah nutzen. Wer unser abenteuerlustiges Navi kennt, ahnt es schon. Es leitet uns stattdessen mitten durchs Zentrum bzw. zu einem neuen, riesigen doppelstöckigen Kreisverkehr. Ob es uns damit ärgern oder einfach nur unseren Orientierungssinn testen will, bleibt fraglich. Sicher ist nur, dass unsere Navi-Tante die neue Verkehrsführung noch nicht kennt. Wir müssen selbst zurück auf den richtigen Weg finden.
Am Hilton Salalah und dem Raysut-Hafen vorbei ebbt der Straßenverkehr bald deutlich ab. Wir haben zu Hause schon einige Ziele auf das Navi gespeichert. Da unsere Route immer entlang der Küste verläuft, wollen wir mit dem entferntesten starten. Entgegen einer ersten Überlegung scheint uns die Grenze zum Jemen nun doch etwas zu weit entfernt. Damit steuern wir als Erstes Shatat an. Auf der Fahrt dorthin werden wir jedoch schon nach 30 Minuten aufgehalten.
In einer Kurve kurz vor dem Mughsail Beach trabt eine Kamelherde über die Straße. Genauso haben wir uns die Straßen im Oman vorgestellt. Sowie wir halten und aussteigen, sehen wir dann auch die vielen Jungtiere, die mit ihren Müttern in einem Flusstal grasen. Der Hirte rennt wild umher, um seinen Tieren den Weg runter von der Straße zu weisen. Es scheint ein Knochenjob zu sein.
Auf der Fahrt nach Salalah in die Region Dhofar wird der Verkehr von einer Kamelherde ausgebremst. Eindrücke der großen Herde, die beiderseits der Straße läuft.
Nachdem wir Mughsail passiert haben, führt unsere Fahrt über kahle Berge. Die Ausläufer des Dhofar Gebirges bzw. der Al Qara-Berge reichen hier bis an die Steilküste, sodass sie lange Zeit eine natürliche Grenze bildeten. Heute geht es hier steil nach oben. Die Sicht auf das Meer ist bald von hoch aufragenden Felsen versperrt. Kaum sind wir auf gut 250 Meter Höhe, geht es genauso steil wieder hinunter in einen Wadi,
der sich bis zum Strand von Fazayah erstreckt. Auf dem Talboden weisen Schilder darauf hin, dass bei stehendem Wasser auf die rote Markierung zu achten ist. Nur wenn diese zu sehen ist, ist ein Durchfahren noch möglich. Um Neujahr herum gibt es hier wegen der Trockenzeit keine Probleme. Umso deutlicher zeugt die Auffahrt auf den nächsten Berg von den gewaltigen Kräften von Wind und Wasser.
Acht, in dem Felsen gehauene Spitzkehren bringen uns schnell wieder auf 500 Meter über dem Meer. Beim Bau dieser Straße mussten tausende Tonnen Fels gesprengt werden. Aufwendige Drainagen lassen das Monsunwasser kontrolliert abfließen. Denn das instabile Kalkgestein birgt ständig die Gefahr von Erdrutschen.
Gefährdete Hänge sind deshalb mit einer Betonschicht überzogen. Das Land ist stolz auf ihre »Zickzack-Road« und hat auch allen Grund dazu. Denn ihre Fertigstellung beendete eine jahrhundertelange Isolation der Bewohner in den Bergdörfern des Jebel al Qamar.
Auf fast 1000 Metern fahren wir auf dem Plateau durch eine vegetationsarme und einsame Gegend. Umso überraschender ist eine Militärkontrolle, die plötzlich im Nirgendwo auftaucht. Die Militärjeeps sind mit einem Geschützstand ausgestattet. Im Schatten sitzen schwer bewaffnete Soldaten und halten Ausschau nach was auch immer. Doch der Jemen ist nahe und Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. In einer Baracke werden unsere Pässe und Fahrzeugpapiere kontrolliert, bevor wir den Schlagbaum passieren und weiterfahren dürfen.
Gut zehn Kilometer weiter erreichen wir den kleinen Ort Shatat, auch Shaat genannt. Hier verlassen wir die komfortabel ausgebaute Hauptstraße und holpern fortan über Kameldung und durch Schlaglöcher. Nach etwa vier Kilometern erreichen wir einen gut ausgeschilderten Parkplatz. Zu unserer Überraschung treffen wir in dieser gottverlassenen Gegend eine italienische Gruppe. Kleine Pavillons bieten auf dem Picknickplatz Schatten.
Einsturzdoline beim Ort Shatat im Oman
Unser Interesse indes gilt dem Aussichtspunkt oberhalb der Steilküste. Von hier aus blicken wir 900 Meter tief auf den Ozean. Geschützt durch eine Mauer ist der Ausblick bereits schwindelerregend. Dennoch gibt es auf der linken Seite einen Durchgang. Von dort führen grob behauene Treppen zu einer Halbhöhle, direkt in der Steilwand. Hier wurde auf jedwede Schutzvorrichtung verzichtet. Dafür öffnet sich uns hier die perfekte Sicht auf den senkrecht abfallenden Felsen. Wow!
Ausflug ab Salalah ins Dhofar-Gebirge bzw. die Al Qara-Berge. Aussicht von Shatat über den Ozean, Abstecher zu einer Halbhöhle in der Steilwand sowie zur Einsturzdoline von Shatat.
Nach diesem imposanten Ausblick lohnt sich Shaat noch für eine zweite Sehenswürdigkeit. Wieder in Richtung der Ortschaft nehmen wir nach 1,7 Kilometern (ab dem Aussichtspunkt) die Stichstraße zum nächsten Parkplatz. Diesmal sind wir die einzigen, abgesehen von ein paar Kühen, die durch das niedrige Gestrüpp schleichen.
Ein Spazierweg führt halb um eine Einsturzdoline. In Dhofar gibt es einige solche sowie auch noch gewaltigere Dolinen. Die von Shatat ist so tief, dass der Grund des Einsturzkraters von keiner Stelle zu sehen ist. Dafür ist die Stille herrlich, welche vom Zwitschern der Vögel untermalt wird.