Ubar und die Vielgötterei des Volkes Ad

Ausflug ab Salalah zu Omans Atlantis der Wüste

Ausgrabungsstätte Ubar im Oman Ausgrabungsstätte Ubar im Oman

Die Wüstenstadt Ubar zählt zu den großen Geheimnissen des Omans. Während der Antike soll sich hier eine blühende Oasenstadt befunden haben. Für die Weihrauchkarawanen war die Stadt ein wichtiger Stopp vor der Durchquerung der Rub al Khali. Nachdem Schiffe die Dromedare als wichtigstes Transportmittel abgelöst hatten, versank die Stadt im Sand. Erst durch moderne Technik gelang es im 20. Jahrhundert, die sagenumwobene Stadt wiederzuentdecken.

Anreise über Thumrait und das Oasendorf Shishr

Ab Salalah führt uns der Ausflug zunächst entlang der Küstenstraße, dann über den Highway in Richtung Muskat. Bis zur Abfahrt zum Wadi Dawkah ist uns die Strecke durch unsere eigenen Fahrten bereits bekannt. Dann aber ändert sich das Bild und fahre wir durch eine triste Landschaft. Schon als wir einzunicken drohen, erreichen wir die Stadt Thumrait. Vor Ort wird uns erzählt, dass wir uns nun in der zweitgrößten Stadt Dhofars befinden. Das mag durchaus sein. Auf uns wirkt Thumrait allerdings nur wie ein riesiger Truckstopp mit viel, viel Staub.

Wenige Kilometer weiter zweigt die alte Straße nach Shishr und Ubar ab. Es ist eine ruppige Schotterpiste. Seit einigen Jahren ist das Oasendorf Shishr jedoch auch über eine weiter nördlich verlaufende Asphaltstraße erschlossen. Daher lässt unser Konvoi die Schotterpiste links liegen und haben wir nochmals 90 gemütliche Kilometer vor uns. Ist es nicht erstaunlich, was eine Ausgrabungsstätte alles bewirken kann? Das meint man zumindest. Hier jedoch sind es die Al Najd Agriculture Development-Farmen, welche den Straßenausbau ausgelöst hatten.

Gemüse- und Futteranbau inmitten der Halbwüste

Es ist schon ein seltsames Gefühl. Obwohl wir mit jedem Kilometer weiter in die Wüste vordringen, sind wir plötzlich von grünen Feldern umgeben. Riesige Sprinkleranlagen bewässern die kreisrunden Felder der Geröllwüste, wo neben Gemüse auch Futtergras für die Kamele angebaut wird. Gespeist wird das hier geförderte Grundwasser unter anderem aus dem 115 Kilometer entfernten Wadi Ayun, den wir wenige Tage zuvor besucht hatten.

Ausgrabungsstätte Ubar

Heute aber steht die Kultur im Vordergrund. Denn am Ortseingang des knapp 30 Häuser großen Dorfes Shishr befindet sich die Ausgrabungsstätte Ubar. Verglichen mit Al Baleed bei Salalah und dem UNESCO Weltkulturerbe Samharam bei Taqah ist das Gelände winzig. Doch es gibt ein kleines hübsches Informationszentrum. Vor dem Rundgang wird uns ein kurzweiliger Film über die Geschichte Ubars gezeigt. Denn die Mythen über Ubar sind uralt.

In den Märchen von 1001 Nacht, im Koran sowie auch zahlreichen historischen Erzählungen taucht immer wieder eine sagenhafte Stadt mit unermesslichem Reichtum auf. Hochmut, sündiger Lebenswandel und Vielgötterei des Volkes Ad schwor jedoch den Zorn Gottes herauf. Mit mahnenden Worten versuchte der Prophet Hud, die Menschen wieder auf den Weg der Rechtschaffenheit zu führen – und stieß nur auf taube Ohren. Die göttliche Strafe folgte auf den Fuß: die gesamte Stadt wurde mit einem Schlag vom Erdboden verschluckt.

Versunkene Stadt des Sandes oder das Atlantis der Wüste

Namen wie die »Versunkene Stadt des Sandes« oder das »Atlantis der Wüste«, wie der Entdeckungsreisende Lawrence von Arabien sie nannte, lockten später immer wieder Archäologen in die Rub al-Khali. Entdeckt wurden die Ruinen allerdings erst durch modernste Technik, als die Raumfähre Challenger Satellitenaufnahmen von der Region Dhofar zur Erde schickte. Die Bilder lösten eine neue Transarabia Expedition aus. Mit Erfolg: Diesmal legten die Archäologen die Reste einer größeren Wehranlage frei.

Endlich wurde der Mythos über die Stadt von der Wissenschaft bestätigt. Denn vor ihnen breitete sich ein zwölf Meter tiefer Krater aus. Dieser entstand etwa in der Zeit 200 bis 300 nach Christus. Infolge der Wassererosion oder durch ein Erdbeben, vielleicht auch aus dem Zusammenwirken beider, war eine der hier typischen Kalksteinhöhlen eingestürzt. Oberhalb der Höhle befand sich damals eine umfriedete Wehranlage. Mit dem Einsturz könnte sich demnach tatsächlich das in den Sagen beschriebene Szenario abgespielt haben.

Eine Süßwasserquelle als größter Reichtum

Ob es sich tatsächlich um die im Koran erwähnte, versunkene Stadt Ubar handelt, lässt sich freilich nicht zweifelsfrei beweisen. Sicher ist jedoch, dass bei Ubar Tausende von Karawanen rasteten und Wasser fassen mussten, als sie damals Weihrauch und andere Luxusgüter durch die große Wüste transportierten. Der wahre Reichtum Ubars beruhte nämlich auf eine unerschöpfliche Süßwasserquelle.

Anstelle von riesigen Goldbeständen schützte die Festung lediglich wertvolle Zisternen. So hat das Wort »Reichtum« den Blick der Forscher getrübt. Denn mitten in der Wüste sind nicht prunkvolle Luxusgüter, sondern die Süßwasserquellen von unermesslichem Wert. Andererseits liegt es auch auf der Hand, dass die Karawanenführer für den Zugang in die Stadt tief in ihre Taschen greifen mussten.

Die heutige Ausgrabungsstätte ist relativ klein, wird jedoch von einem Spazierweg umschlossen. Von einem Fort aus eröffnet sich uns ein etwas erhöhter Blick über das gesamte Areal. Von dem darunter liegenden Fußweg aus können wir in die Höhle hineinschauen. Wegen der Einsturzgefahr ist der betonierte Zugang allerdings versperrt. Einige Hinweistafeln beschreiben die Grabungsfunde, wie Keramik aus Rom oder China und Steintafeln semitischer Hochkulturen. Der spektakulärste, hier gemachte Fund jedoch besteht aus etwa eintausend Jahre alten Schachfiguren aus Speckstein. Es sind bislang die einzigen, die bis dato in Südarabien gefunden wurden.

Video: Ubar, die Wüstenstadt in der Rub al-Khali

Ausflug nach Ubar, dem Atlantis der Wüste. Eindrücke vom Fort, der Versunkenen Stadt des Sandes mit ihren darunter liegenden Höhlen sowie dem Ausgrabungsgelände.

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