Wer das urtümliche Paris erleben möchte, sollte einen Spaziergang durch das Marais in seinem Programm fest einplanen. Zwischen dem Platz der Republik und dem Platz der Bastille gelegen, hat das Viertel seinen Charme bis heute erhalten.
Die bekanntesten Plätze und Gebäude sind der Place des Vosges und das Centre Pompidou. Dazwischen gibt es in dem Gewirr der Gassen und Kopfsteinstraßen einige versteckte Höfe, Boulangerien und Galerien zu entdecken.
Bebaut wurde das Marais ab dem 13. Jahrhundert, nachdem Angehörige der Tempelritter die alte Sumpflandschaft trockengelegt hatten. Bis zur Erweiterung der Stadtmauern im 14. Jahrhundert befand sich das Viertel noch vor den Toren der Stadt.
Später, im 17. Jahrhundert, entwickelte sich das Marais zu einer beliebten Wohngegend des Adels. Bis zur französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts entstanden etliche Prunkgebäude. Dann wurde der Adel vertrieben und begann der zeitweilige Abstieg des gesamten Marais.
Wie man sich das Marais in den Jahrzehnten nach der Revolution vorzustellen hat, erzählt Victor Hugo in seinem Glöckner von Notre Dame: »Zigeuner, entlaufene Mönche, versumpfte Studenten, Schurken aller Nationen, wie Spanier, Italiener, Deutsche, und alle Religionen, Juden, Christen, Mohammedaner, Götzenanbeter, am Tag bettelnd, nachts als Räuberbanden ausschwärmend…«
Andererseits verdanken wir es gerade dieser schändlichen Vernachlässigung, dass die Bauten von der unter Stadtplaner Georges-Eugène Haussmann vorangetriebenen Modernisierung der Stadt verschont und damit die alten Adelspaläste erhalten blieben.
Heute gilt das im 3. und 4. Stadtbezirk gelegene Viertel als das jüdische Zentrum von Paris. So hören wir, dass die meisten der rund 200.000 Juden in Paris im Marais leben sollen.
So wundert es uns dann auch nicht, dass wir bei unserem Rundgang einigen Männern mit Vollbart und dunkler Kleidung (inkl. schwarzem Hut) begegnen.
Das Centre Pompidou oder, wie das Gebäude offiziell heißt, das Centre national d'art et de culture Georges Pompidou, zählt ganz klar zu den auffallendsten Gebäuden im Marais. Denn die komplette Gebäudetechnik mit Wasser, Strom, Belüftungsanlagen und Rolltreppen befindet sich außerhalb des Kulturzentrums. Auch wenn dies auf uns unübersichtlich wirkt, macht diese eigenwillige Architektur durchaus Sinn. Denn dadurch lassen sich die Wände im Innern nach Belieben oder entsprechend den Anforderungen einer Ausstellung verschieben.
Um auch bei der Technik den Überblick zu behalten, sind die Rohre entsprechend ihrer Funktion verschieden angemalt: die Wasserrohre sind blau, die Rohre der Klimaanlage grün und alles, was mit der Elektrik zu tun hat, ist gelb.
Während sich diese vornehmlich an der Ost- bzw. Rückseite befinden, wird die West- bzw. Vorderseite von einer teilweise überdachten roten Rolltreppe geprägt.
Als wir das erste Mal in Paris waren, konnten wir mehrere Künstler - Feuerschlucker, Jongleure und Musiker - bei ihrer Vorführung vor dem Kulturgebäude beobachten. Die Atmosphäre, die dann vor dem riesigen Gebäude herrscht, ist richtig toll.
Bei unserer zweiten Reise - an einem tristen Herbstwochenende - fehlten die Künstler, sodass wir uns mit den poppig bunt angemalten Figuren im Strawinsky-Brunnen zufrieden geben mussten. Wobei wir feststellen mussten, dass diese dringend restauriert werden müssen.