Die nächste Station unseres Spaziergangs ist das Hotel de Ville, das Rathaus. Das heißt, eigentlich ist es mehr der Platz vor dem Rathaus. Auf ihm findet alljährlich am dritten Sonntag im Juni das Kellner-Rennen statt.
Bei dem Wettkampf müssen die Akteure ein Tablett samt Bierflasche und drei Gläsern über einen acht Kilometer langen Parcours balancieren. Ein Spektakel, das heute jede Menge Schaulustige anzieht.
Im Interesse der Schaulustigen stand der Place de l’Hotel de Ville auch schon im Mittelalter. Das Gebotene war allerdings nichts für schwache Nerven. Denn früher wurden vor dem Rathaus die zu Tode verurteilten Verbrecher (und solche, die man als solche behandelte) auf dem schmucken Platz hingerichtet. Neben dem zur Schau stellen der Delinquenten standen Strafen wie das Kneifen und Fleischziehen mit glühenden Zangen und Rädern auf der Tagesordnung,
die manch einer über sich ergehen lassen musste, eh seine Pein vom Tod erlöst wurde. Lebendig beschrieben wird das Elend in den Tagebüchern der Henker von Paris 1685–1847 von Henri Sanson. Die zwei Bände sind zwar durch die alte Sprache mühsam zu lesen, geben aber dafür auch anschauliche Einblicke in die Geschichte von Paris.
Leider wird während unseres Spaziergangs gerade etwas auf dem Rathausplatz aufgebaut, sodass sich ein längerer Aufenthalt nicht lohnt. Außerdem macht sich bald der Hunger bemerkbar. Also zurück ans nahe Seine-Ufer und über die Pont d’Arcole und die Ile de la Cité hinüber ins Quartier Latin.
Das lateinische Viertel war die erste römische Siedlung auf dem linken Seine-Ufer und beherbergt Reste des Amphitheaters Arènes de Lutèce und der Thermen von Cluny. Später entstanden hier die ersten Universitäten von Paris.
Touristisch gesehen zählt das Viertel heute mit der Rue de la Huchette, der Rue da la Harpe und der Rue Xavier Privas zu den wichtigsten Ausgehstraßen in Paris. Ein Restaurant reiht sich an das nächste. Hier haben wir die Wahl zwischen französischer und italienischer, chinesischer und thailändischer Küche, Sushi aus Japan, Spezialitäten aus dem Libanon, Ägypten und vielen weiteren Ländern der Welt.
Schließlich entscheiden wir uns für eines der griechischen Restaurants. Wer dies am Abend tut, sollte sich allerdings auf kein allzu ruhiges Essen einstellen und kein Problem damit haben, über Scherben zu laufen. Denn um Aufmerksamkeit zu erregen und die Stimmung zu heben, schmeißen die Kellner gelegentlich (leere) Teller krachend auf den Boden. Wer das für Verschwendung hält, sei beruhigt. Denn die Griechen haben’s ja.