Bei vielen Touristen ist der Montmartre scheinbar untrennbar mit den weltbekannten Nachtclubs Pigalle und dem Moulin Rouge - der Roten Mühle - verbunden. Diesen und etlichen weiteren Clubs aus dem Rotlichtmilieu verdankt der Montmartre seinen etwas zweifelhaften Ruf.
Wer sich am späten Abend auf dem breiten Boulevard de Clichy aufhält, wird dies gerne bestätigen. Und doch tut er dem früheren Künstlerdorf unrecht. Denn in den Gassen zwischen dem Boulevard und der Basilika Sacré-Cœur oben auf dem Montmartre hat das Viertel seinen charmanten Charakter behalten.
So gibt es bei einem Spaziergang von der Métrostation Blanche hoch zur Sacré-Cœur einiges zu entdecken: etwa die Rue Lepic, eine bunte Marktstraße, in der der niederländische Maler Vincent van Gogh bei seinem Bruder Theo lebte, oder die Rue Ravignan mit dem ehemaligen Waschhaus, in dem Picasso wohnte. Wenige Schritte von der Place du Tertre entfernt, in der Rue Poulbot, befindet sich zudem das Espace Dalí.
Das Museum beherbergt die größte Skulpturensammlung von Salvador Dalí in Frankreich. Zuletzt ist der Place du Tertre bekannt für seine vielen Künstler, die auf dem Montmartre ihre Werke ausstellen oder auch die Touristen porträtieren. Bevor wir die steilen Gassen hinauf zu dem schönen Platz steigen, drehen wir jedoch zunächst eine Runde auf dem Friedhof von Montmartre.
Um von der Métrostation Blanche zum Cimetière de Montmartre zu kommen, müssen wir vorbei am Le Moulin Rouge und dem Theater des Deux Anes laufen. Bei der Avenue Rachel biegen wir rechts ab. Kurz danach erreichen wir den Cimetière de Montmartre. Der Friedhof zählt zu den schönsten Friedhöfen von Paris und lockt, auch wegen der berühmten,
hier bestatteten Personen, täglich zahlreiche Besucher an. Weil er außerdem recht weitläufig ist, kann man sich am Eingang einen Plan geben lassen, auf dem einige der Gräber verzeichnet sind. Alternativ kann man sich auch einen groben Überblick auf der Tafel mit dem Friedhofsplan verschaffen.
Auch wenn wir alles andere als Kenner der französischen Wissenschaft, Kunst und Kultur sind, entdecken wir auf der Tafel mehrere bekannte Personen. Wie den Physiker André-Marie Ampere (Erfinder der Stromstärke), den Filmregisseur Henri-Georges Clouzot,
den Schriftsteller Alexandre Dumas, den Komponisten Jacques Offenbach und natürlich den deutschen Dichter Heinrich Heine. Ihre Gräber in dem riesigen, durch eine Brücke geteilten Friedhof zu finden, ist jedoch alles andere als leicht, wenn man ohne den genauen Plan unterwegs ist.
So belassen wir es bei einem ruhigen Rundgang durch die Reihen und staunen über die großen Totenhäuser, die teils ganze Familien beherbergen. Bald bekommen wir das Gefühl, als wenn wir uns in einer Stadt für die Verstorbenen befinden. Denn immerhin bietet der Pariser Nordfriedhof (so der offizielle Name) Platz für 20.000 Gräber. Dabei ist verblüffend, wie viele mit Statuen oder aufwendig gearbeiteten Denkmälern kunstvoll verziert sind.
Nach dem Friedhofsbesuch gehen wir auf demselben Weg zurück bis zum Moulin Rouge, biegen dann aber nach links in die Rue Lepic. Auf ihr geht es, an Gaststätten vorbei, steil bergauf bis zur Rue des Abbesses. Wer hier rechts abbiegt, kommt nach 300 Metern zur Métrostation Abbesses. Bekannt ist die Station durch ihr grünes Dach. Es besteht aus einer Konstruktion aus Eisen und Glas und wurde von Hector Guimard entworfen.
Ein zweiter von Guimard gestalteter Eingang in die Métro befindet sich beim Porte Dauphine. Wir allerdings biegen nach links ab und folgen der Rue Lepic über einen Rechtsbogen zur Rue Tourlaque und weiter bis zu ihrer Einmündung in die Rue Norvins. Dort halten wir uns rechts, sodass wir bald die Kirche St-Pierre de Montmartre vor uns sehen.
Zusammen mit den Abteikirchen Saint-Germain-des-Prés und Saint-Martin-des-Champs ist die romanische Kirche St-Pierre de Montmartre eine der ältesten Kirchen von Paris. Sie wurde nach der Gründung eines Benediktinerinnenklosters ab 1133 errichtet und im Jahr 1147 durch Papst Eugen III. geweiht. Womöglich hat die Kirche eine Kapelle aus dem 7. Jahrhundert ersetzt.
Belegt wird dies durch Sarkophage aus der merowingischen Zeit, die hier entdeckt wurden. Berühmt wurde die Saint-Pierre de Montmartre im Jahr 1622, als man glaubte, auf dem zum Kloster gehörenden Grund die Stelle wiedergefunden zu haben, an welcher der Heilige Dionysius und seine Begleiter Rusticus und Eleutherius Mitte des 3. Jahrhunderts enthauptet worden sein sollen.
Von der Kirche Saint-Pierre de Montmartre laufen wir noch ein paar Meter bis zum Wasserturm an der Rue du Mont Cenis, kehren dann aber um und spazieren zur Place du Tertre. Aus unserer Sicht zählt der kleine Platz zu den schönsten überhaupt in Paris. Eine Meinung, mit der wir nicht alleine stehen.
So lesen wir in unserem Baedeker Reiseführer: »Der von kleinen Cafés und stets überfüllten Restaurants gesäumte ehemalige Dorfplatz auf der Butte Montmartre ist neben der Basilika Sacré-Cœur eine der meistbesuchten touristischen Attraktionen von Paris.«
Gründe für die Beliebtheit gibt es mehrere. Es ist das Flair, das der Platz durch die Künstler und ihr Schaffen erhält. Es sind - insbesondere im Sommer - die vielen Schatten spendenden Bäume auf der Place du Tertre. Es sind nicht zuletzt die geringen Ausmaße des Platzes, der jedweden Auto- und Lkw-Verkehr verhindert. Da er auf allen Seiten dicht bebaut ist, wirkt der »Platz der Anhöhe« wie eine idyllische Insel inmitten der hektischen Großstadt. Bevor wir uns eine Pause in einem der Cafés gönnen, besuchen wir jedoch zuerst die Sacré Cœur.
Von unserem Spaziergang durch Montmartre und der Besichtigung der Sacré-Cœur erschöpft, entfliehen wir abermals dem Trubel rund um der Kirche und dem Künstlerplatz du Tertre. Es ist eine kleine Crêperie, welche Annette wie magisch anzieht und in der wir dann tatsächlich fast die freie Platzwahl haben.
Denn die meisten Gäste begnügen sich damit, am offenen Stand geschwind einen Crêpes zu holen, während nur wenige Besucher in der Crêperie Platz nehmen. Uns ist es recht, bekomme ich doch so die Möglichkeit, zwischendurch die Crêpes-Bäckerin aufzunehmen, bevor wir unsere lecker belegten Crêpes genießen.
Wenn wir bedenken, dass wir erst zu einem anderen, im Reiseführer empfohlenen, leider aber zu dieser Zeit geschlossenen Restaurant wollten und eine zweite Gaststätte direkt daneben schon bei den Getränken teurer war und doch keinen freien Tisch mehr hatte, ist die Crêperie sogar eine richtig gute Wahl für den Hunger zwischendurch.