Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen. Schließlich gilt es, schon bei Öffnung des Jüdischen Museums (um 9 Uhr) beim Alten Judenfriedhof zu sein. Ein Jüdisches Viertel, wie das in Prag, lockt viele Besucher. Und auch wenn der Eintritt recht teuer ist, so ist der Ansturm dennoch gewaltig. Und vor allem ab 10 Uhr, wenn die Reisegesellschaften anrücken.
Und auch wenn der Eintritt mit 470 Kronen (etwa 16 bis 17 Euro) recht hoch ist, so ist der Ansturm dennoch gewaltig. Und vor allem ab 10 Uhr, wenn die Reisegesellschaften anrücken.
Als wir aufbrechen, schenken wir uns einmal mehr das Warten auf die Tram, sondern beginnen den Tag mit einem Spaziergang entlang der Moldau zur historischen Karlsbrücke und weiter zum Rudolfinum Richtung Jüdisches Viertel. Beim Rudolfinum hätten wir rechts abbiegen müssen. Statt dessen laufen wir geradeaus weiter und gucken uns den Friedhof erstmal von außen an. Das ist wegen einer hohen Mauer zwar nicht ganz so leicht.
Es gibt jedoch ein paar Stellen, in denen man einen ganz guten Einblick hat. Außerdem kommen wir dadurch zu einem Tickethäuschen (direkt beim Ausgang des Friedhofs), bei dem noch niemand ansteht. Wobei, wer nur auf den Friedhof will, muss auch nicht unbedingt ein Ticket kaufen. So zumindest beobachten wir zwei Jugendliche, die einem jungen Wachmann ein paar Kronen zustecken, bevor er sie ganz schnell und still passieren lässt ...
Nachdem wir den Alten Jüdischen Friedhof zu Dreiviertel umrundet haben, finden wir in der Straße Siroká dann endlich den richtigen Eingang. Wir haben Glück. Denn bisher sind nur wenige Besucher auf dem Friedhof. Das mag aber auch mit daran liegen, dass der Eingang zum Friedhof zugleich der Eingang zur Pinkas-Synagoge ist, die wir zunächst links liegen lassen (nämlich übersehen).
Schön finden wir, dass die Besucher über eine vorgegebene Route über den Alten Friedhof geführt werden, sodass sich genügend Möglichkeiten bieten, die alten Steine zu fotografieren, ohne dass zwangsläufig modern gekleidete Menschen ins Bild laufen.
Der Friedhof selbst besteht seit dem 15. Jahrhundert und zählt zu den bedeutendsten erhaltenen Baudenkmäler des Jüdischen Viertels. Der älteste erhaltene Grabstein stammt aus dem Jahr 1439 und erinnert an den Gelehrten und Dichter Avigdor Kara.
Neben einigen weiteren Grabsteinen ist dieser im Friedhofsplan eingezeichnet, den es zur Eintrittskarte gratis (!!!) dazu gibt.
Bis ins Jahr 1787 wurden hier Beisetzungen vorgenommen. Von den Grabsteinen sind annähernd 12.000 erhalten. Die Zahl der Beerdigten dürfte jedoch nochmals einiges höher sein. Um all diese Verstorbenen unterzubringen, musste der Friedhof mehrfach erweitert werden. Da dies nicht so einfach möglich war,
schütteten die Juden weitere Erdschichten auf der bereits bestehenden Friedhofsfläche auf. So nimmt man an, dass mehrere Gräberschichten übereinander liegen. Dies zumindest würde die Hügelform erklären. Die alten Grabmale sind dabei in die obere Schicht gehoben worden, sodass über die Jahrhunderte Grabmalgruppen entstanden.
Direkt neben dem Ausgang befindet sich der ehemalige Zeremoniensaal bzw. die Leichenhalle. In den Jahren 1911 und 1912 im pseudoromanischen Stil errichtet, beherbergt er heute den Teil der Ausstellung »Jüdische Traditionen und Bräuche«,
welcher sich mit Krankheiten und Medizin im Getto, Tod und Judenfriedhöfe in Böhmen und Mähren sowie der Prager Begräbnisbruderschaft widmet.
Weiter die Straße runter befindet sich die Altneu Synagoge. Was mir schon mal gar nicht gefällt: hier werden runde Pappdeckel ausgeteilt, die man sich aufsetzen soll. Aber gut, lange gehalten hat sich das Teil eh nicht. So bekommt man ein kleines jüdisches Andenken mit nach Hause.
Die Synagoge selbst wurde bereits Mitte des 13. Jahrhunderts gebaut und hieß damals »Neue« oder »Große« Synagoge, da sie ein noch älteres Bethaus ersetzte. Als es mit der Zeit jedoch immer mehr Synagogen in Prag gab, bürgerte sich die Bezeichnung »Altneu« ein. Neben der Hohen und der Jerusalemer Synagoge ist die Altneu-Synagoge einer der drei Synagogen, in denen heute noch Gottesdienste abgehalten werden.
Als wir zum Prager Judenfriedhof und der Pinkas-Synagoge zurückkehren, hat sich bereits eine recht ansehnliche Touristenschlange vor dem Eingang gebildet. Doch wir haben Glück und werden vom Personal an den Wartenden vorbei in die Synagoge gelassen.
Diese übrigens hat schwer zu kämpfen. Denn nachdem die Synagoge nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Gedenkstätte ausgestaltet und die Namen der Juden, die dem H*tl*r-Regime zum Opfer gefallen waren, mit ihren Geburts- und Sterbedaten aufgeschrieben wurden, gefährdete Grundwasser das Gebäude. 1968 wurde die Synagoge geschlossen und die Inschriften Stück für Stück abgetragen.
Bei der Renovierung fand man in den unterirdischen Räumen einen alten Brunnen und ein Ritualbad. Das war aber wohl nicht der Grund, warum die Bau- und Renovierungsarbeiten immer wieder verzögert wurden. Denn auch das kommunistische Regime zeigte nur wenig Interesse an der Gedenkstätte und hielt die Bauarbeiten immer wieder hin.
Erst 1990 wurde die Renovierung der Synagoge beendet. Zwischen 1992 und 1996 wurden dann die rund 80.000 Namen der in der N*z*-Zeit umgebrachten Juden wieder auf die Synagogenwände geschrieben.
Diese mussten jedoch schon sehr bald wieder gerettet werden. Denn nachdem man das Grundwasser im Griff hatte, brach im Sommer 2002 ein Hochwasser über die Synagoge herein. Die Räume standen anderthalb Meter unter Wasser. Als Folge war die Gedenkstätte erneut 14 Monate lang geschlossen.
Abermals waren aufwendige und sehr kostspielige Maßnahmen notwendig, um die Nässe wieder aus den Wänden zu bekommen und die Schriften zu erhalten bzw. abermals zu erneuern.
Dafür aber ist die Synagoge heute neben der Spanischen Synagoge das schönste jüdische Gebäude in Prag.
Während das Personal die Leute in den meisten Teilen des Museums trotz der durchgestrichenen Kameraschilder ein paar Aufnahmen machen lässt, weht in der Maisel-Synagoge ein anderer Wind.
Hier nämlich hat sich eine ältere Frau zur Lebensaufgabe gemacht, das Verbot tatsächlich durchzusetzen. Und das in Zeiten, wo fast jeder Tourist wenigstens eine kleine Kamera bei sich trägt. In der Folge rennt die Frau von einem zum anderen, um dann auch uns zu sagen, dass wir die Kamera einstecken sollten - das wäre besser. Als ich sie frage, warum Fotos verboten sind, ein anderer Herr aber direkt neben ihr alles ganz genau filmen darf, bedankt sie sich bei mir, um einen Moment später über den nächsten herzufallen ...
Bereits von außen ist die Spanische Synagoge das schönste Gebäude des Jüdischen Museums in Prag. Sie steht an der Stelle des ersten jüdischen Bethauses der Stadt (an der Vezenská-Straße) und wurde 1868 nach einem Projekt von Ignác Ullmann im maurischen Stil erbaut. Damit erinnert die Synagoge zugleich an die Zeit, als die Prager vielen in Spanien verfolgten Juden Asyl gewährte.
Als wir den großen Mittelraum mit seiner gewaltigen Kuppel betreten, staunen wir über den Glanz und Prunk in der Synagoge. Hier Fotografieren? Das können wir wohl vergessen, denken wir noch, zumal der Mittelraum nur schwach beleuchtet ist. Das ist zwar schade, aber man muss ja nicht alles unbedingt ablichten, sondern kann die Räume auch ruhig mal einfach ein paar Minuten lang auf sich wirken lassen.
Um so erstaunter sind wir, als wir uns ein wenig an das Licht gewöhnt haben, beziehungsweise an das Blitzlichtgewitter!!! Denn trotz des Fotografierverbots zücken die Besucher gleich reihenweise ihre Kameras. Natürlich gibt es auch hier einen Aufpasser. Dieser, ein älterer und ausgesprochen sympathisch wirkender Herr, ist mit seiner Aufgabe jedoch vollends überfordert. Seine Bitten, die Kameras auszuschalten, bleiben meist ungehört.
Da hilft es auch nur wenig, dass er sich (etwa zwei Meter) vor die Leute stellt und freundlich winkt. Zugleich aber scheint er längst zu wissen, dass sein Unterfangen in Zeiten der digitalen Fotografie sinnlos ist. Denn auf drängenden Bitten einzelner Touristen geht er sogar wieder zur Seite und lässt sie gewähren.
Bevor er dann weiter durch den Raum trottet, umgeben von wahren Heerscharen an blitz- und knipswütigen Besuchern. Andererseits wäre es aber auch schade, wenn eine so schöne Synagoge hinter den hohen Mauern versteckt bliebe.