Wer schon einmal in Paris an der Seine spazieren war, wird der Promenade des Tibers nicht viel abgewinnen können. Allenfalls der Abschnitt zwischen dem Petersplatz und der Engelsburg lohnt sich für einen kurzen Spaziergang. Da Rom aber auf sieben Hügeln und nicht über sieben Brücken entstanden ist, war der Tiber lange Zeit nicht mehr als ein willkommener natürlicher Schutz Roms. Dementsprechend gibt es am Tiber kaum Sehenswürdigkeiten und fehlen die für Paris und auch Amsterdam typischen Ausflugsboote. Stattdessen wirkt der Fluss industriell und abweisend.
Eine Ausnahme bildet die Isola Tiberina. Zwar wird die hübsche Brücke, die vom Stadtteil Trastevere auf die Insel führt, ebenfalls als Parkraum missbraucht, die Insel selbst aber ist weitestgehend frei von Blech. Weil dies so ist, nutzen viele junge Paare die kleine Insel für einen kurzen Spaziergang oder zum Verweilen unter den Bäumen.
Wir selbst aber überqueren zunächst den Hauptplatz der Insel und besichtigen die mit einer barocken Fassade versehene Kirche San Bartolomeo, wobei wir erst einiges später erfahren, dass es in der Kirche einen zwölf Meter tiefen Brunnen gibt, der aus einem ‘Säulenstumpf mit eingemeißelten Heiligenfiguren’ besteht. Schade eigentlich.
Laut einer Legende soll die Isola Tiberina auf den Ablagerungen entstanden sein, die sich auf der Ernte anhäuften, die die Tarquinier im 6. Jahrhundert vor Christus in den Fluss warfen, nachdem ihr König, Tarquinius Superbus, aus Rom vertrieben worden war.
Eine zweite Legende besagt, die Insel habe die Form eines Schiffes angenommen, nachdem Äskulap hier mit seinem Schiff landete. Früher stand sogar ein Obelisk inmitten der Insel, der als Schiffsmast gedeutet wurde.
Gesichert ist hingegen, dass hier einst Pestkranke isoliert wurden. Bereits 293 vor Christus wurde die Stadt von einer schweren Seuche heimgesucht. Man folgte den Sprüchen eines Orakels und sandte eine Triere zum Gott der Heilkunst in Epidauros. Das Boot kehrte der Sage nach mit einer heiligen Schlange zurück, einem Symbol des Gottes. Das Tier schwamm über den Tiber zur Insel und zeigte den Platz für einen Tempel. Die Bauarbeiten wurden sofort begonnen. 289 vor Christus konnte der neue Tempel eingeweiht werden.
Schlange hin oder hier, die Isolation der Tiberinsel dürfte wohl der wahre Grund für die Errichtung des Tempels gewesen sein. Nur so war man Sicher vor der Verbreitung von Krankheiten. Dies ist wohl auch der Grund, warum es auch heute noch ein Krankenhaus auf der Tiberinsel gibt, welches vom Orden der Barmherzigen Brüdern geführt wird. Auch die jüdische Gemeinde Roms unterhält auf der Insel seit dem späten 19. Jahrhundert ein Krankenhaus auf der Isola Tiberina.