Trastevere bedeutet so viel wie »jenseits des Tibers« und ist eben auf der anderen Seite des Tiber als das ursprüngliche Rom. Zur Zeit des Römischen Reichs galt es als Heim der Minderheiten, hier lebten bereits Syrer und Juden, noch bevor die Christen in Rom sesshaft wurden und in Trastevere ihre ersten Gottesdienste feierten. Später, im Mittelalter, wohnten hier vor allem die Familien der niederen Stände wie Fischer, Bootsleute und Handwerker.
Weil diese nicht das Geld hatten, neue Häuser zu bauen, aber das Geschick, die vorhandene Bausubstanz zu erhalten, bewahrte das Viertel bis Mitte des 20. Jahrhunderts seinen Charakter. Oder, wie es die Einwohner gerne sagen: in Trastevere ist Rom noch römischer als drüben in der Stadt. Der achte Hügel Roms ist heute als das ursprüngliche Rom bekannt.
Das ist Grund genug für uns, mit dem Bus bis zur Ponte Sisto nahe der Isola Tiberina zu fahren und auch durch dieses Viertel Roms einen Spaziergang zu unternehmen. Nach einem flüchtigen Blick auf den industriell wirkenden Tiber überqueren wir die stark befahrene Straße »Lungotevere« und kommen zur Piazza Trilussa. Von hier laufen wir auf der rechten Seite des Platzes über die Via di Ponte Sisto und Via di Santa Dorotea zur breiten Via Garibaldi.
Dieser folgen wir ein Stück weit, um dann über die Via di Porta San Pancrazio weiter bergauf zu laufen. Es lohnt sich, diesen Abschnitt schnell hinter sich zu lassen, denn so wie wir nach rechts in die Passegiata del Gianicolo abbiegen, wird die Gegend deutlich grüner und ruhiger.
Über eine breite Allee mit Platanen geht es weiter hinauf zur Piazza Garibaldi. Hier lohnt es sich, eine längere Pause einzulegen. Denn hier oben, weit oberhalb des Tibers, ist man endlich der Hektik und dem Verkehr des Zentrums entkommen und kann seinen Blick in aller Ruhe über Rom schweifen lassen.
Deutlich zu erkennen ist die Kuppel des Pantheons, auch das Nationaldenkmal und die Kuppeln der Peterskirche sind gut zu sehen, sodass wir hier oben einen guten Überblick über die Lage der Ziele bekommen, bei denen wir schon waren oder die wir uns noch anschauen wollen.
Wie sehr es sich lohnt, auf dem Platz länger zu verweilen, merken wir, als wir weiter zur Piazzale Aurelio spazieren. Wie der Name des kleinen Platzes ahnen lässt, befindet sich hier ein Stück der Aurelischen Stadtmauer. Das etwas deplatzierte Gebäude, welches in einer Lücke der Mauer steht, ist die Porta San Pancrazio.
Von hier wollen wir eigentlich weiter zur Villa Doria Pamphili. Leider aber muss man dazu ein Stück entlang der Via San Pancracio laufen, deren Planer offenbar nicht an Fußgänger gedacht haben. Als wir vor uns eine Familie beobachten, die mitsamt Kinderwagen von den Autos an den äußersten Rand der Straße gedrängt wird, verzichten wir auf den Abstecher zur Villa.
Nachdem wir uns zum Pancracio-Tor zurück gerettet haben, weichen wir teilweise auf die Gassen neben der Via Garibaldi aus (Via Angelo Masina, Giacomo Medici) und kommen schließlich zur Kirche San Pietro in Montorio. Eigentlich wollten wir ja zur Santa Maria in Trastevere, die sich angeblich an der Stelle befindet,
an der vor der Geburt Christi eine Ölquelle für einen Tag gesprudelt haben soll. Dieses Wunder deuteten die Christen später als Verkündigung der Ankunft Christi, welcher seine Gnade über die ganze Welt ergießen werde. Irgendwie sind wir bei unserem Spaziergang aber durcheinander gekommen.
So oder so, man muss kein Prophet sein, um sagen zu können, dass in Trastevere schon sehr früh Kirchen gebaut wurden. Denn hier soll unter Papst Calixtus ein ersten Bau entstanden sein, bevor Papst Julius I. im vierten Jahrhundert eine Basilica bauen ließ.
Auch wenn danach die Kirche im 9. und 12. Jahrhundert umgebaut wurde, ändert dies nichts daran, dass die Santa Maria in Trastevere bis heute eine der ältesten Kirchen der Christenheit überhaupt ist. Schade, dass wir sie verfehlt haben.
Bei der Besichtigung der Kirche San Pietro in Montorio werden wir dafür Zeuge einer nahen Hochzeit: beiderseits des Mittelgangs werden die Bänke mit aufwendigen Gestecken dekoriert, werden die Bänke selbst in edlen, blauen Stoff gehüllt und hören ein paar Arbeiter gar nicht mehr damit auf,
immer mehr Blumenschmuck aus einem kleinen Lieferwagen zu holen. Wow! Bis zur Zeremonie aber wollen wir nicht warten, sondern lassen den Spaziergang in den unteren, teilweise verkehrsberuhigten Gassen von Trastevere bzw. in einem netten Restaurant ausklingen.