Wer das erste Mal nach Rom reist, der wird bei seiner Urlaubsplanung kaum um die Vatikanstadt herum kommen. So also machen auch wir uns früh morgens auf. Und »früh morgens« sollte man sich wirklich merken. Denn spätestens, wenn die Reisebusse vorfahren, wird es im Vatikan voll. Als wir um 8:20 Uhr ankommen und die unsichtbare Grenze zwischen Italien und dem Inselstaat überqueren, ist es hingegen noch recht ruhig auf dem Petersplatz.
Jetzt heißt es, bloß nicht trödeln und nichts wie hin zur Sicherheitskontrolle. Seit ihrer Gründung am 22. Januar 1506 ist hierfür die Päpstliche Schweizergarde (auch ital. Guardia Svizzera Pontificia oder lateinisch Pontificia Cohors Helvetica genannt) verantwortlich. Zugegeben, die Schweizergardisten sehen in ihrer traditionellen Berufsbekleidung schon drollig aus und dienen heute auch dekorativen Gründen. An ihnen vorbei in den apostolischen Palast zu stürmen, würden wir aber niemandem raten.
Wie viel Glück wir haben, dass wir schon jetzt, anderthalb Stunden nach der Öffnung des Doms, hier sind, werden wir erst nach der Besichtigung bzw. am letzten Tag unserer Rom-Reise merken, als wir die stundenlange Schlange wartender Touristen und Gläubigen auf der Piazza San Pietro sehen. Soll heißen:
wer erst am Mittag kommt, sollte sich genug zu Trinken und vielleicht auch eine Kleinigkeit zu Essen mitnehmen und sich für den Tag nichts anderes mehr vornehmen. Eine Lektüre, vielleicht über die 120-jährige Bauzeit des Doms, wäre nicht verkehrt. Doch auch ohne dies zu wissen sind wir froh, dass wir ohne Verzögerung die Kontrolle passieren dürfen und auf direktem Gang in die Kirche gehen können.
Während wir die Peterskirche besichtigt haben, hat sich eine etwa 30 Meter lange Schlange vor der Sicherheitskontrolle gebildet. Oder besser gesagt: eine 30 Meter kurze Schlange. Denn so wie wir den Petersplatz in Richtung vatikanische Museen verlassen, trauen wir unseren Augen kaum.
Auf halbem Wege entlang der Via di Porta Angelica erreichen wir das Ende einer Menschenmenge, bei der wir nicht einmal erkennen, wofür die Leute anstehen. Also passieren wir sie und folgen der Mauer des Vatikans um die Ecke.
Ein Ende der Schlange können wir nicht ausmachen. Wohl aber dämmert es uns, dass die vielen, vielen Leute dasselbe Ziel wie wir haben. Zu unserem Glück ist die Schlange recht löchrig, sodass wir vielleicht eine halbe Stunde Wartezeit abkürzen können. Hätten wir geahnt, dass wir dadurch immer noch länger als zwei Stunden anstehen müssen und einen großen Teil des Vatikans entlang laufen,
wir wären - befürchte ich - noch ein wenig unverschämter gewesen. So aber reihen wir uns brav ein, achten darauf, dass sich niemand von der Seite reindrängelt und erleben, vielleicht zehn Minuten, bevor wir den Eingang erreichen, einen kleinen Regenschauer.
Was dann passiert, finde ich interessant zu beobachten. Denn so oft bei uns erst Wasserverkäufer und Souvenirhändler vorbeikamen, so laufen dieselben Männer bei uns jetzt plötzlich mit billigen Regenschirme vorbei. Was heißt billig? Die Schirme sind sicher nicht die paar Euro wert, die sie dafür verlangen.
Hat man beim Packen aber auf Regensachen verzichtet, kommt man kaum drum herum, einen zu kaufen. Dass es gleich nach dem Kauf aufhört zu regnen, versteht sich von selbst. So also schleppen wir ein wenig mehr Ballast als geplant mit uns herum, als wir endlich, nach zwei Stunden Anstehen, den Eingang erreichen.
Nachtrag: auf die langen Warteschlangen hat der Vatikan inzwischen reagiert. So ist es nun auch möglich, die Tickets online für eine bestimmte Uhrzeit zu kaufen. Es wird dabei zwar eine Gebühr fällig. Da man dank der festen Eintrittszeit die Warteschlange passieren kann, lohnt es sich jedoch allemal, die paar Euros mehr zu zahlen. Allerdings muss man dann pünktlich sein, da die Tickets sonst verfallen und auch nicht zurückerstattet werden.
Zu unserer Überraschung gibt es nach der Sicherheitskontrolle keine weitere Wartezeit. Es gibt im Museum genügend Kassen, sodass wir tatsächlich eine finden, die gerade gar nichts zu tun hat. Zu unserer zweiten Überraschung sind wir wenig später ganz alleine auf der Treppe, welche hoch in die Museen führt.
Wo nur sind all die vielen Leute abgeblieben? Immerhin strömen im Schnitt pro Minute 40 Besucher in die vatikanischen Museen. Der erste lange Gang gibt die Antwort. Sie schauen sich alle die unzähligen Gemälde an den Wänden und Decken an.
So legen auch wir den Kopf in den Nacken und betrachten die Szenen, in denen Geistliche, Engel, aber auch ganz normale Menschen in gemalten Landschaften und Städten unterwegs sind. Leider bemerken wir dabei, dass wir (wie auch alle anderen) genau falsch herum durch das Museum geführt werden. Denn die Deckenbilder sind so angebracht, dass wir uns umdrehen müssen, um sie richtig herum sehen zu können. Eigentlich schade.
Und doch sehen wir uns allein in diesem ersten Gang einer Fülle an Kunst gegenüber, wie wir sie kaum für möglich gehalten hätten. Sich hier ohne Reiseleiter zurechtzufinden, ist nicht möglich. Will man die Gemälde und die Pracht einfach auf sich wirken lassen, ist es allerdings auch nicht unbedingt notwendig.