Vom Palastcafé des Gyeongbokgung sind es nur wenige Schritte bis zur Bushaltestelle in der Jahamun-ro. Für die Wanderung auf dem Bukak Trail müssen wir – in Fahrtrichtung gesehen – zur zweiten Bushaltestelle mit dem Wartehäuschen. Dort halten die Busse der Linien 7212, 1020 und 7022. Sowie wir dem Busfahrer einen Zettel mit der Haltestelle vom Museum des Poeten Yun Dong-Ju zeigen, nickt dieser freundlich. Nach knapp zwei Kilometern hält der Bus bei einem auffälligen Gedenkpark nahe dem Bukak Trail. Der Busfahrer nickt ein zweites Mal. Das bedeutet, wir können aussteigen. Die Gedenkstätte ist dem General Choi Gyu-sik sowie dem Inspektor Jung Jong-su gewidmet. Beide ließen ihr Leben, als ein Nordkoreanischer Agent am 21. Januar 1968 im »Blauen Haus«, der Residenz Cheongwadae versuchte, den Südkoreanischen Präsidenten zu töten.
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Der Mordversuch scheiterte. Das Gebiet um die alte Stadtmauer herum wurde jedoch über Jahre zum Sperrgebiet erklärt. Erst seit 2006 steht der Bukak Trail wieder der Allgemeinheit offen. Und das ist gut so. Denn der Trail führt durch ein beliebtes Naherholungsgebiet und bildet eine der schönsten Wanderungen in der Stadt Seoul. Trotz allem befindet sich die Stadtmauer in einer Militärzone und sind bis dato gewisse Regeln einzuhalten. So dürfen Besucher zwar in alle Richtungen schauen, aber nicht alles Fotografieren. Sowie wir das Changuimun Gate passiert haben, erreichen wir das Eingangshaus zum Bukak Trail. Hier ist es von Vorteil, den Reisepass griffbereit zu halten. Für das Betreten der Hanyangdoseong, also der alten Stadtmauer von Seoul, besteht eine Registrierungspflicht. Offenbar machen wir einen vertrauenswürdigen Eindruck auf den Beamten. Denn anstelle des erwarteten Prozedere begnügt er sich damit, uns eine Plakette um den Hals zu hängen, welche wir am Ausgang am anderen Ende wieder abgeben sollen.
Kaum sind wir durch das Drehkreuz hindurch, ist ein Verlaufen nahezu ausgeschlossen. Der Weg wird links von einer Mauer, rechts durch ein Geländer gefasst. Freundlich wird darum gebeten, etwaige, aus Versehen über das Geländer gefallene Gegenstände nicht selbst wieder zu holen. Man solle sich in so einem Fall bitte an das Personal, also die Soldaten, wenden. Vorausgesetzt natürlich, es ist einer zur Stelle. Auf einen Versuch, was wohl passiert, wenn jemand über die Absperrung hüpft, verzichten wir lieber. Der gesamte Weg ist lückenlos videoüberwacht. Bei den Rastplätzen hocken die Soldaten im Schatten. Und bei sommerlich heißen Temperaturen genügt uns die Anstrengung auf den steilen Treppen nach oben.
Bereits auf der Chinesischen Mauer mussten wir bei Badaling feststellen, dass solche Schutzbauwerke richtig anstrengend sein können. Auch beim Bukak Trail fragen wir uns: Ist solch ein steiler Berg nicht schon Schutz genug? Tatsächlich galten die Berge um den Bukaksan herum lange Zeit als naturgegebenen Schutzschild gegen Angriffe auf die Hauptstadt. Die Joseon-Dynastie verstärkte 1395 den natürlichen Schutz durch Stadtmauern samt Tore, Bastionen und Erdhügel für Signalfeuer. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Mauer stetig erweitert und ausgebessert. So wuchs die Mauer bis auf eine Länge von 18,627 Kilometern an, bis sie sich schließlich über die vier Bergkämme Baegaksan, Naksan, Namsan und Inwangsan erstreckte. Damit übertrifft sie jede andere Stadtmauer auf der Welt. 514 Jahre diente Hanyangdoseong als Stadtmauer von Seoul.
Bei unserer Wanderung erreichen wir nach zehn Minuten den ersten Rastplatz. Für ein koreanisches Ehepaar scheint dieser dringend nötig zu sein. Wir jedoch steigen weiter und genießen von der Treppe aus die herrliche Aussicht über die grünen Berge von Seoul. Mitten in einer Millionenstadt hält man solch eine Kulisse eigentlich für schier unmöglich. Und dann umfängt uns eine herrliche Ruhe, untermalt durch das Zwitschern der Vögel über uns. Offenbar quälen sich normale Leute bei sommerlichen Temperaturen nicht solche Berge hinauf. Doch wir sind Touristen und haben genug zum Trinken dabei. So erreichen wir nach 650 Meter ab dem unteren Tor die Baegak Rest Area, wo nun auch wir eine erste Pause einlegen.
Die Baegak Rest Area bietet einen idyllischen Pavillon. Die Aussicht reicht hier weit über Seoul hinweg bis zu mehreren, sich im Dunst verlierenden weißen Häuserschluchten. Bis zum Gipfel sind es noch 300 Meter. Zehn Minuten nach dem Rastplatz haben wir diesen erreicht. Auf dem Gipfelstein ist die Höhe des Bugaksan mit 342 Meter markiert. Auch hier steht ein junger Soldat und bewacht die Gegend. Während seine Mitstreiter im Schatten der überdachten Pavillons sitzen, muss sich der Gipfelsoldat mit einem schnöden Sonnenschirm begnügen. Mehr Schutz vor der brennenden Sonne ist ihm vergönnt. Andererseits hat er einen wirklich beeindruckenden Arbeitsplatz. Fanden wir die Aussicht bei der Baegak Rest Area toll, so ist sie hier fantastisch. Beim Blick auf das viele Grün und die Stadt wird deutlich, warum der Bukak Trail als schönster Wanderweg Seouls gilt.
Der Bukaksangipfel ist ein Abzweig auf dem Trail, sodass wir umkehren und ein Stück zurück laufen müssen. Kurz nachdem wir die Stadtmauer wieder erreicht haben, treffen wir auf einen sonderbaren Baum. Was auf dem ersten Blick wie Kunst im Walde wirkt, ist ein weiteres Puzzleteil der koreanischen Geschichte. Wir stehen beim »January 21 Incident Pine Tree«, einer Kiefer, welche mit 15 Kugeln versehrt ist. An dem besagten Januartag floh der Attentäter Kim Sin-jo nach den Kämpfen in den Wald des Bukaksan. Später wurden die Einschüsse in die Kiefer entdeckt und mit weiß-roten Punkten kenntlich gemacht.
Kurz darauf finden wir einen Markierungsstein in der Hanyangdoseong. Verschiedene Arbeiten an der Mauer sind mithilfe solcher Steine protokolliert. So gibt es in der gesamten Stadtmauer über 280 gravierte Steine. Ist ja auch viel praktischer, als wenn die Arbeiten auf einem Zettel notiert werden, um in irgendeiner Beamten-Schublade auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Ein paar Schritte weiter erreichen wir den 293 Meter hohen Cheongundae Peak. Auch hier öffnet sich die Sicht auf Seoul. Eine Holztreppe führt dort über die Stadtmauer hinweg, bzw. wechselt der Wanderweg auf die linke Seite des Bollwerks. Denn nur dort sind die unterschiedlichen Konstruktionstechniken der Mauerepochen zu erkennen.
Zurück auf der rechten Seite der Mauer, durchquert der Wanderweg als Nächstes einen idyllischen Pinienwald und nimmt Kurs auf das Sukjeongmun Gate, dem Nordtor. Es ist das einzig verbliebene Tor, welches noch mit der Stadtmauer verbunden ist. Der bunte Pavillon darüber wurde jedoch erst später, 1976, errichtet. Im Bereich des Tors verlassen wir die Militärzone auf dem Bukaksan. Leicht bergab, führt uns der letzte Abschnitt zum Ausgang, wo wir unsere Plakette wieder abgeben und somit ordnungsgemäß abgemeldet sind. Da wir uns fortan wieder auf freiem Gelände befinden, stehen uns sämtliche Wege offen. Mit anderen Worten: wir müssen acht geben, nicht den Berg versehentlich in die falsche Richtung hinunter zu kraxeln. Unser Ziel ist der Samcheong Park. Er befindet sich nördlich vom Gyeongbokgung und dem Bukchon Hanok Village. Die Richtung ist also gut, sodass wir gemütlich zum Sonnenuntergang in Richtung eines Café über den Hanoks schlendern können.
Die Anfahrt erfolgt am besten mit dem Bus bis zur Haltestelle vom Museum des Poeten Yun Dong-Ju. Diese wird ab der Jahamun-ro von den Linien 7212, 1020 und 7022 angefahren.
Ausgangspunkt | Changuimun Gate |
Koordinaten | N 37.5928, E 126.9667 |
Gehzeit | 2-2.30 Stunden für den Trail |
Distanz | 3,7 km bis zum Samcheong-Gong-Won-Park, insgesamt 6,5 km inklusive Village und Weg zur U-Bahn-Station. |
Anstiege | ca. 280/380 Höhenmeter |
Anforderungen | T2, für den Aufstieg auf bzw. entlang der Stadtmauer ist eine gute Kondition am Berg von Vorteil. Ansonsten technisch leichte Wanderung ohne besondere Anforderungen. |
Einkehr | innerhalb des Militärgebietes keine, in Seoul |
GPS-Daten | Wanderung Bukak Trail gpx |
KML-Daten | Wanderung Bukak Trail kml |