Fünf Tage in der Stadt Seoul liegen hinter uns. Das reicht, um sich zu akklimatisieren. Mit einem Mietwagen warten nun neue Herausforderungen auf uns. Uns war möglich, für die Übernahme des Wagens einen Platz direkt in der Stadt zu wählen. Mit einmal Umsteigen wäre es uns außerdem möglich, mit der U-Bahn dort hinzukommen. »Wir haben ein' Haufen Geld für die Reise gezahlt, sparen uns aber die paar Kröten fürs Taxi? Ich hab' kaum noch Speck auf den Rippen, soll aber den Koffer schleppen …?« Machen wir es kurz: Lars favorisiert eine artgerechte Unterbringung. Und wenn es die schon nicht gibt, so will er zumindest standesgemäß reisen. Ich wahre den Frieden und frage also lieber im Hotel nach einem Taxi. Was soll ich sagen? War der Service im Roadhouse bisher eher spartanisch, so überschlägt sich der junge Mann am Empfang nun schier dabei, uns eine Transfermöglichkeit zu besorgen. Das Taxi benötigt fünf Minuten bis zum Hotel. Weitere 16 Minuten soll dann die Fahrt zum Parkplatz in Mapo Seoul dauern. Eine App zeigt ihm die genauen Zeiten. Da sind wir ja mal gespannt. Der Hoteljunge wohl auch, so nervös, wie er plötzlich ist.
Während der Junge sonst zumindest immer ein Auge auf das Frühstücksgeschehen geworfen hatte, lässt er dieses nun links liegen und bringt uns mit dem Gepäck zur Straße runter. Tatsächlich dauert es nur einen Moment, da kommt unser Taxi auch schon um die Ecke gefahren. Wir laden ein, sagen Tschüs und los geht die Fahrt. Der Fahrer hat bereits bei der Bestellung erfahren, wo es hingehen soll. Und weil er den direkten Weg fährt, kommen wir pünktlich auf die Minute beim Mapo Public Car Park an. Das einzige, was wir vergebens suchen, sind irgendwelche Schilder von Autovermietungen.
Als Europäer sind wir jedoch sehr leicht zu erkennen. So sind wir kaum aus dem Taxi ausgestiegen, steht der Vermieter auch schon neben uns. Nervös und hibbelig – Warum sind die hier immer so? – zeigt und erklärt er uns Auto und Papiere. Englisch wird völlig überbewertet. Wir verstehen kein Wort. Lars unterschreibt den Wisch trotzdem. Wir wollen ja das bereits bezahlte Auto haben. Es nützt ja nichts! Nach unseren Erfahrungen in Irland schaffen wir es noch, die Reifen auf etwaige Schäden zu kontrollieren. Auch lässt Lars auf dem Wisch vermerken, dass der Tank, anders als in den Unterlagen angegeben, nur zu einem Viertel gefüllt ist. Allein das gebe Anlass zum sich ärgern. Doch egal, der Typ hat es scheinbar stressig. Doch wir haben dafür ein Auto, das einen soliden Eindruck macht und reichlich Platz fürs Gepäck bietet. Vielleicht aber hätten wir uns die wichtigsten Eckpunkte unseres Vertrags notieren und vor Ort Punkt für Punkt abhaken sollen. Denn so werden wir leider erst gegen Ende der Reise bemerken, dass uns der Gauner für die Einwegmiete 110 Euro zu viel berechnet hat.
Stattdessen vertrauen wir nun auf unser Auto-Navi. Dieses haben wir daheim mit allen, für uns wichtigen Punkten und Orten präpariert. Ob das Kartenmaterial darauf etwas taugt, wird sich hier auf Koreas Straßen zeigen. Zumindest aber weiß es schon mal, wo wir sind und wo wir hin wollen. Zuhause wurde uns von weisen Reisenden erzählt, dass man in Korea lieber auf ein Auto verzichten solle, will man nicht die meiste Zeit im Stau verbringen. Und der Verkehr raus aus Seoul macht dem Geschwätz tatsächlich alle Ehre. Für die späteren Touren jedoch können wir dies nicht mehr bestätigen. Lediglich an die vielen Spuren und seltsamen Abfahrten muss man sich gewöhnen. So biegen wir bei der Brücke über den Han-Fluss prompt ein paar Meter zu früh ab. Blöderweise lassen wir uns von einem Mercedes verleiten, der offensichtlich ebenfalls falsch abgebogen ist. Wir lernen: folge im Land von Hyundai und Kia niemals einer deutschen Automarke.
Kaum haben wir den Großraum Seoul verlassen, beruhigt sich der Verkehr. Allerdings fahren wir auf einem Expressway, einer mautpflichtigen Schnellstraße. Es gibt ein Hi-Pass System, mit dem man ohne anzuhalten durch die Mautstationen durchfahren kann und dabei registriert wird. So etwas kennen wir aus Südafrika. Im Leihwagen gibt es das aber nicht. Anscheinend müssen wir direkt bezahlen. Aber wie? Die erste Mautstation ist bereits vor uns, und die Straße teilt sich in mehrere Bahnen auf. Ein Teil der Spuren ist blau markiert, die anderen Bahnen sind rot. Rot wirkt uns zu gefährlich. Wir nehmen blau. Und schon sind wir als Schwarzfahrer auf Koreas Expressway unterwegs. Das fängt ja gut an.
Wenig später hören wir die ersten Polizeisirenen. Sie zählen zu den Dingen, an die wir uns die nächste Zeit gewöhnen müssen. In Korea scheint alles videoüberwacht. Da kann man auch mal auf Polizisten verzichten, die an den Autobahnen herumlungern. Stattdessen passieren wir in regelmäßigen Abständen rot-blau blinkende Lichter, die mit Sirenengeheul die Polizei mimen sollen. Hin und wieder steht ein Papp-Polizeiauto irgendwo im Grünen. Damit der Autofahrer immer wach und aufmerksam bleibt, sind außerdem verschiedene Straßenbeläge eingebaut, welche unterschiedliche Töne erzeugen. Bei einem der vielen Tunnel wird das so kreativ, dass wir die Melodie aus »Morgen kommt der Weihnachtsmann« erkennen. Bauzeichner scheint hier ein lustiger Beruf zu sein.
Wie lustig wird wohl der Empfang bei der nächsten Mautstelle, der wir uns nun nähern? Dieses mal fahren wir auf der roten Linie. Im Häuschen sitzt zum Glück jemand, dem wir uns kleines Malheur beichten können. Die Frau lacht freundlich und greift zum Telefon. Ah ja, die Freudenthals sind nun auch in Korea aktenkundig, denn hier kommt keiner unbeobachtet auf die Autobahn. Wir dürfen 10600 Won abdrücken. Das sind etwa 8 EUR für 130 Kilometer Autobahn. Ob der Bon eine Gebühr wegen Falschfahrens beinhaltet, ist für uns nicht ersichtlich. So kommen wir unbeschadet in Naksan, am koreanischen Ostmeer auf der anderen Seite der Halbinsel, an. Unser erstes Fazit: Autofahren in Südkorea ist eigentlich ganz einfach und der Verkehr deutlich besser als sein Ruf.