Der Küstenort Naksan Beach bereitet uns eine äußerst trübe Ankunft. Nach dem sonnigen Auftakt unserer Reise hat das Wetter komplett umgeschlagen. Es ist kühler geworden und sehr, sehr windig. Die Wellen schlagen heftig auf den Sandstrand und spülen jede Menge Unrat und Seetang ans Land. Mehrere Bagger sind damit beschäftigt, den Strand von dem vielen Grün zu befreien.
Naksan Beach ist eigentlich ein Seebad. Hier machen die Koreaner Urlaub und baden im Meer. Doch durch den Taifun Mitag ist das Meer nun viel zu wild, um in den Wellen zu planschen. Dabei können wir uns noch glücklich schätzen. Denn laut den europäischen Medien wurden im Nachbarort Gangneung komplette Straßenzüge mitsamt der Häuser weggeschwemmt.
Die Tiefgarage des The Suite Hotel bei Naksan Beach ist leer, als wir ankommen. Ob das an den möglichen Überflutungen des Taifun Mitag liegt? Vor unserer Ankunft haben wir noch nicht einmal etwas von den Sturmwarnungen gehört. Normalerweise sind es unsere Eltern, die wegen jedem Hafekäs ein großes Trara veranstalten. Wenn aber wirkliche Gefahr droht, erfahren wir dies von anderen.
So erreicht uns am Abend die E-Mail einer besorgten Freundin aus Österreich. Sie sah die gewaltigen Fluten im Fernsehen. Auf koreanisches Fernsehen hatten wir bislang verzichtet. Dadurch entgingen uns sämtliche Reisewarnungen zur Ostküste Koreas. Das Hotelpersonal aber wirkt wenig besorgt. So schlimm kann es also kaum kommen.
Leider entfällt durch das trübe Wetter die schöne Aussicht vom Balkon auf das Meer. Dafür aber bekommen wir ein schönes Zimmer mit bequemen Bett und Zimmerservice. Ein Luxus, der uns nach fünf Nächten im Backpacker-Hotel in Seoul sehr angenehm ist. Hier im The Suite Hotel Naksan kann man es wirklich gut aushalten. Ein kleiner Wermutstropfen ist das für koreanische Verhältnisse hochpreisige Frühstück. Vielleicht liegt das auch am warmen Büfett, das geboten wird. Doch in der Nähe habe ich bereits ein Café als Frühstücksalternative gefunden.
Naksan hat einen wirklich schönen und breiten Strand. An unserem Abreisetag wird sich das Meer wieder blau, flach und ruhig zeigen. Ein Holzpfad ermöglicht uns aber auch an stürmischen Tagen, am Strand entlang in das nahe Zentrum zu spazieren. Dort treffen wir auf eine verkehrsberuhigte Promenade, bei der sich ein Fischrestaurant an das Nächste reiht.
Vor den Restaurants stehen große Aquarien, aus denen sich die Gäste den Fisch frisch aussuchen können. Küste bedeutet für mich eigentlich immer, dass wir irgendwo leckeren Fisch essen. So haben wir es natürlich auch im Seebad Naksan Beach geplant. Leider entpuppt sich das vor Ort als ein kostspieliger Irrtum.
Von der Aufmachung her sehen alle Fischrestaurants gleich aus. Wir lassen uns vom freundlichsten Personal anlocken und stehen kurz darauf in einer Halle mit kühler Kantinenatmosphäre. Als Gast hat man die Wahl zwischen tiefen Bodenplätzen oder normalen Tischen mit Stühlen. Wegen Lars' Knieproblemen entscheiden wir uns für die hohe Alternative und beginnen, die Karte zu studieren. Um das Bestellen zu vereinfachen, erhalten wir ein Blatt mit verschiedenen Symbolen. Auf diese brauchen wir nur zu tippen, falls wir eine Gabel benötigen oder es weniger scharf wollen. Eine tolle Sache, die leicht von den Preisen ablenkt.
Während ich nach einem passenden Fisch schaue, bleibt Lars Blick an den 150.000 Won hängen. Soll das günstigste Fischmenü wirklich 115 Euro kosten? Das ist teurer als eine Nacht in unserem Luxuszimmer in Naksan. Und ob Lars davon satt wird, ist ungewiss. In einem Nobelrestaurant wären solche Preise vielleicht vertretbar. Aber in einer Art Kantine zu solchen Preisen essen? Herrscht in den Fischrestaurants von Naksan Beach deswegen gähnende Leere? »Entweder sind die Fischgründe derart leergefischt, dass sie nur noch ganz wenig fangen und die Bestände dringend geschont werden müssen. Oder die verdienen hier ein Heidengeld«, resümiert mein gebürtiger Butjanter.
So oder so ist uns der Appetit auf Fisch vergangen. Der Hunger freilich bleibt. Die Suche nach einem budget-gerechten und zugleich ordentlichen Lokal erweist sich in Naksan als mühsam. Nahe dem Markt finden wir aber eine nette Pizzeria, gut und günstig. Verglichen mit dem Fischlokal werden wir dort für ein Zehntel des Preises satt.
Und weil wir ein paar Minuten länger als üblich warten müssen, bekommen wir obendrauf zwei Getränke auf Kosten des Hauses spendiert. Die nächsten Abende verbringen wir schließlich in einem gemütlichen Irish-Pub. Dort gibt es neben Salaten und Frittiertem zumindest noch ein Guinness.
Klappt es wenigstens mit dem Frühstück im Café »La Mer Bleue«? Wir sind in Korea. Da muss man etwas flexibler sein. In Sachen Kulinarik ist Naksan Beach kein Ort, den wir nochmals aufsuchen müssen. Aber die Spaziergänge am Meer und durch die Pinienwälder entlang der Küste haben was für sich. Die abendliche Ruhe wird hin und wieder von bunt leuchtenden Kutschen unterbrochen. Mit künstlichem Gewieher und koreanischer Volksmusik klappern sie an uns vorbei. Bestenfalls sitzt eine koreanische Familie darin und klatscht fröhlich in die Hände. Einzig die grellen Leuchten am nächtlichen Horizont, weit draußen im Meer, wirken bedrohlich. Fährt dort das Militär Patrouille? Nein, es sind Fischerboote. Doch die Ursache für diese Lichter finden wir erst zwei Wochen später in Tongyeong.