Nach dem Regen am Vormittag hatten wir ja nicht mehr daran geglaubt. Aber als wir am späten Nachmittag die Weinberge der Barbagia erreichen, erwartet uns goldenes Oktoberwetter.
In allen Rot- und Gelbtönen leuchten die Blätter an den sanft ansteigenden Hängen der vielen Hügel der Barbagia. Herrlich und für uns wunderschöne Augenblicke, auszusteigen und in der Herbstlandschaft innezuhalten.
Als letztes Ziel des Tages wollen wir auf den Gipfel des Bruncu Spina (1829 m) fahren und dort, nahe des zweithöchsten Gipfels auf Sardinien, den Sonnenuntergang erleben. Um von der Barbagia dahin zu kommen, bieten sich uns bei Tonara zwei Möglichkeiten: entweder wir fahren ein paar Kilometer südwärts und dann in einem Bogen durch die Bergdörfer Asuai und Desulo oder wir fahren die nördliche, unbebaute Variante.
Weil wir darauf spekulieren, in Desulo typische Berghäuser zu sehen, fahren wir leider über die südliche Route. Was wir nicht wissen: Anfang November findet in Desulo ein großes Straßenfest statt. Dieses zieht sich wie ein Bandwurm durch den Ort und bringt den Durchgangsverkehr nahezu zum Erliegen. Wo die vielen Leute herkommen, die überall über die Straße laufen oder an einem der zahllosen Stände stehen, wir wissen es nicht. Die Überlegung, auszusteigen und an dem ausgelassenen Treiben teilzuhaben, verwerfen wir jedoch auch bald wieder. Denn wo immer es mal eine Möglichkeit zum Parken gegeben hat, es steht entweder ein Auto oder ein Stand darin.
Nachdem wir jede Menge Zeit im Desulo-Chaos verloren haben, sind wir froh, als wir endlich zu der großen Kreuzung kommen, ab der es zum Bruncu Spina geht. Ging es bis dahin gut bergauf, wird es nun richtig steil. Dass die Straße überhaupt irgendwohin führt, man mag es kaum glauben. Und doch kommen uns auf den letzten Kilometern mehrere Autos entgegen. Offenbar ist der Berg mit seinen kargen Hängen selbst im Herbst ein beliebtes Ausflugsziel.
Als wir auf einmal zu einem Parkplatz mit Gasthaus kommen, wundere ich mich jedoch, dass es ganz anders aussieht als auf dem Luftbild daheim. Zudem befinden wir uns immer noch ein gutes Stück unterhalb des Gipfels. Von dem Parkplatz führt zwar ein Schotterweg weiter nach oben. Ein paar Italiener, die dort hochzufahren versuchen, kommen jedoch nur bis zur nächsten Kurve. Dann bleibt eines der Fahrzeuge hängen und müssen auch die anderen umkehren.
Erst später merke ich, dass wir zu früh von der Hauptstraße abgebogen sind. Den etwa fünf Kilometer langen Wanderweg zum Bruncu Spina zu laufen, macht nun jedoch leider keinen Sinn mehr. Genauso wie mit dem Auto zum Bruncu Spina zu fahren, müssten wir hierfür doch gut 30 Kilometer über Bergstraßen fahren. In beiden Fällen wäre es Nacht, bevor wir ankämen. Aber wie hieß es bereits auf der Giara? Schade eigentlich.