So einfach es sein mag, sich auf Sardinien ohne Navigationsgerät zurechtzufinden, in Cagliari ist dies so gut wie nicht möglich. So irren wir trotz Routenplaner erstmal durch einen Vorort, um uns dann in der Stadt selbst völlig zu verfahren. Anstatt auf den direkten Weg zur Altstadt zu fahren,
kommen wir dadurch in immer enger werdende Gassen unterhalb der alten Stadtmauer und sieht Annette irgendwann ein, dass die Szenen in »Go Trabbi Go« wohl doch nicht so weit hergeholt waren, wie es im Film scheint. Ganz ehrlich: es hätte eigentlich nur noch gefehlt, dass wir unter irgendwelchen gespannten Wäscheleinen durchfahren hätten müssen.
Als wir endlich zurück auf eine halbwegs taugliche Straße finden, lassen wir sämtliche Pläne und Hinweisschilder beiseite und verlasse ich mich einzig auf mein Gefühl, was uns schließlich hoch zum Porta Cristina führt. Wir haben Glück.
Denn auch wenn das Zentrum so gut wie zugeparkt ist, finden wir einen echten (!!!) Parkplatz direkt beim nördlichen Ende des Kastells und über das Cristina-Tor Sekunden später in das Innere der Altstadt Cagliaris.
Ein Blick über die Umgebung macht klar, warum die Punier ihre Siedlung damals Karalis, felsige Stadt, nannten. Denn auch wenn das Umland längst überbaut ist, lässt sich das Felsmassiv im Rücken Cagliaris auch heute noch erkennen. Nachdem den Gründern die Pisaner, Aragonesen und Savoyer folgten,
hat sich Cagliari schließlich zu einer Mischung aus Provinz- und Großstadt entwickelt. Die meisten der Sehenswürdigkeiten befinden sich dabei innerhalb des hoch gelegenen Castello und so starten auch wir am Piazza Indipendenza unseren Rundgang durch das Kastell.
Eine gute Möglichkeit, sich einen ersten Überblick über das Kastell zu verschaffen, ist zweifellos der Torre di San Pancracio. Zur Piazza Independenza wirkt er mit seiner düsteren und zugleich offenen Seite zwar bedrohlich, aber Hauptsache es geht ein paar Meter nach oben.
Kaum im Turm angelangt, wissen wir allerdings schon nicht mehr, ob sich der Aufstieg wirklich lohnt. Denn acht Euro, nur um mal kurz ein paar Treppen hochzulaufen, scheinen uns doch unverhältnismäßig.
Und das sind sie auch. Denn nur der untere Teil des Turms ist einigermaßen sauber, während die oberen Treppen, Handläufe und Plattformen völlig verdreckt sind. Dass in dem Turm Tauben zu Hause sind, ist sicherlich ein Grund dafür, aber keine Entschuldigung.
Andererseits aber wollen ja auch die drei phlegmatischen Damen am Eingang bezahlt werden. Naja, immerhin erhalten wir den erhofften Ausblick über das Kastell und über die Dächer Cagliaris bis hin zum Hafen und die Bucht.
Im mittleren Teil des Kastells lässt sich gut erkennen, dass Cagliari lange Zeit zu den vergessenen Städten in Italien zählte. So bemüht man sich zwar, ein attraktives Touristenviertel zu schaffen (was mehrere Baustellen belegen),
an vielen Ecken aber hat man mit der Sanierung der alten Bausubstanz noch nicht einmal begonnen. Mag sein, dass es am Geld mangelt, mag aber genauso sein, dass es nicht möglich ist, alle Straßen, Gebäude und Denkmäler auf einmal anzupacken.
Anders sieht es auf der Terrazza Umberto I. aus. Hier blenden einen die neuen, reflektierenden Bodenplatten, ist die Bastion des Saint Remy voll intakt und laden einige neue Bänke sowie ein Straßencafé zum Verweilen ein.
Sei es, um einer Band oder einzelnen Musiker dabei zuzuhören. Sei es, um einfach einen Cappuccino unter der Novembersonne Sardiniens zu genießen.
Nachdem wir uns auf der Terrasse des Umberto umgesehen haben, passieren wir das königliche Tor der zwei Löwen (Porta dei Due Leoni) und spazieren über den Universitätsweg zum Torre dell´ Elefante. Wie der Pancrazius-Turm ist dieser an einer Seite offen. Auch sonst unterscheidet er sich kaum von seinem Pendant an der Piazza Indipendenza.
Bis auf eine kleine Elefantenfigur neben dem Eingang, welcher der Turm seinen Namen verdankt. Nochmals acht Euro für einen Blick mehr über Cagliari sparen wir uns allerdings und biegen stattdessen in die Via Santa Croce.
Diese Seite des Kastells ist sehr viel besser in Schuss, bietet (auch ohne Turmbegehung) bei der Bastione Santa Croce einen schönen Ausblick über die Stadt und wird sogar von der touristischen Bimmelbahn angefahren. Nachdem wir einen Häuserbogen durchschritten haben, kommen wir in die Kirche Santa Maria del Monte.
Und treten damit in die letzte Überraschung unserer Sardinien-Reise. Denn anstelle der gewohnten Ausstattung hängen in der Kirche mehrere Flaggen. Eine von ihnen kommt uns bekannt vor. Doch erst, als uns eine junge Frau einen Zettel in die Hand drückt, wissen wir, dass die Kirche dem Malteser Orden angehört.
Dann aber müssen wir auch schon weiter, laufen durch die enge Vico P. Martini zur Via Nicolo und biegen nach links in Richtung Piazza Indipendenza, welche auch in unserem Reiseführer der Anfangs- und Endpunkt des beschriebenen Spaziergangs ist.
Wobei, wer genug Zeit hat, sollte am letzten Tag lieber eine kleine Wanderung in den Bergen unternehmen. Denn so toll ist Cagliari bis jetzt noch nicht anzusehen.
So schwierig es war, nach Cagliari hinein zu finden, so einfach ist es, vom Stadtzentrum auf die Ausfallstraße zum Flughafen von Cagliari zu finden. Tatsächlich studiert Annette noch unsere Karte von Sardinien, als wir uns schon lange auf dem direkten Weg befinden.
Nicht ganz so einfach ist es hingegen, an einem Sonntag eine offene Tankstelle zu finden, geschweige denn eine, welche Visa nimmt. So brauchen wir drei Anläufe, bis wir dann endlich zu einer vernünftig aussehenden und funktionierenden Tankstelle kommen. Immerhin aber gibt es sie.
Danach ist es kein Problem, den Fiat bei Europcar abzugeben - die Mitarbeiter fragen nur, ob wir getankt haben, ohne ihn sich anzusehen - und wenige Minuten später sind wir auch schon im schmucklosen Terminal des Flughafens.
Außer eine Mini-Einkaufsmeile, einem dunkel gehaltenen SB-Restaurant und Restaurant in der oberen Etage gibt es hier nichts. Aber groß Essen wollen wir ja eh nicht, sondern träumen schon von unserer nächsten Reise, noch bevor wir Sardinien wieder verlassen. Dabei ist es gut möglich, dass wir wieder kommen. Denn schön ist die Insel allemal. Man darf nur kein Pech mit dem Wetter haben.