Der Brough of Birsey ist eine Sehenswürdigkeit mit besonderen Öffnungszeiten. Als Gezeiteninsel ist der Brough nur bei Ebbe trockenen Fußes zu erreichen. Bei unserem ersten Besuch kommen uns mehrere Briten barfuß entgegen, die durch das Wasser gewatet sind. Bei der Kälte ist für uns gleich klar: das brauchen wir nicht! Zudem haben wir auflaufendes Wasser, was bedeutet: Spätestens der Rückweg könnte recht ungemütlich werden.
Laut einem der Briten sollten wir in sechs Stunden wieder eine Chance für den Besuch bekommen. Ähm ja, Lars ist da anderer Meinung. »Vergiss es! Die nächste Ebbe ist mitten in der Nacht, wir kommen morgen wieder.« Wir beobachten noch eine Robbe, die inzwischen problemlos über den gefluteten Fußweg hinweg schwimmt und uns einen Ätsch-Blick zuwirft.
Eindrücke unserer Wanderung auf der Gezeiteninsel Broch of Birsay. Wir besuchen die Jungsteinzeitliche Besiedlung auf einer kleinen Nebeninsel von Orkney. Aufnahmen vom Leuchtturm und den Klippen von Birsay.
Am nächsten Tag sind wir besser vorbereitet. Lars hat zwar eine mögliche Low-Tide-Zeit geschätzt, aber dem traue ich nicht so richtig. Doch im Hotel steht ein Tideplan und nachdem der vor vier Tagen abgelaufene Plan ausgetauscht ist, bin ich dann doch beeindruckt. Lars hat sich um weniger als eine Viertelstunde vertan.
Ausflug auf die Gezeiteninsel Brough of Birsay
So etwas wie Ebbe und Flut liegt den Norddeutschen wohl im Blut. Wir können unsere Schuhe also anbehalten, denn das Bild ist heute ganz anders als gestern. Eine große Fläche vor der Insel liegt bis auf wenige Pfützen auf dem Trockenen. Ganz viele Algen gubbeln so vor sich hin, aber wir können gemütlich über den Fußweg und im hinteren Teil über große Flusssteine zum Brough of Birsay spazieren.
Die ersten Bewohner der Insel Birsay waren die Pikten. So fanden hier die Archäologen einen der schönsten piktischen Symbolsteine, auf dem ein Adler und ein mit Schild und Speer bewaffneter Krieger zu erkennen ist. Vom 9. bis 12. Jahrhundert besiedelten die Wikinger den Brough. Nach der Orkneyinga Saga befand sich hier der erste Earlssitz des damals norwegischen Orkneys.
Das palastartige Gebäude, von dem heute nur noch die Grundmauern zu erkennen sind, gehörte zum Sitz des Norwegers »Thorfinn der Mächtige«. Für seinen Bau nutzte er die alte piktische Siedlung und ließ es sich dabei richtig gut gehen. So hatte sein Haus eine für die Norweger übliche Sauna und war zudem mit einer Fußbodenheizung ausgestattet.
Trotz seiner kriegerischen Art war Thorfinn Christ und pilgerte zum Papst nach Rom. So finden wir auf dem Brough die Ruinen eines Klosters und einer Kirche aus dem 11. Jahrhundert. Die bischöfliche Inschrift »Mons Bellus«, die in den für die Dorfkirche wiederverwendeten Fensterstürzen gefunden wurde, lässt einen Bischofssitz vermuten. Während Thorfinn noch von Birsey aus regierte, verlegten seine Nachfahren ihren Sitz später nach Kirkwall. Mit dem Umzug wurden der Palast und das Kloster verlassen und dem Verfall preisgegeben.
Ein etwas neueres und nicht verfallenes Bauwerk ist der Leuchtturm von Birsey. Wie der Turm vom Sumburgh Head stammt auch dieser von den Stevensons, einer schottischen Ingenieursfamilie von Leuchtturmbauern. Der Turm von Birsey ragt nur wenige Meter in die Höhe. Da sich die Insel bis zum Turm aber anhebt, befindet sich das Leuchtfeuer trotzdem 52 Meter über dem Meeresspiegel.
Wer genügend Zeit hat, sollte sich einen Spaziergang dorthin gönnen. Neben dem Turm sind auch die hohen Klippen auf der Turmseite und die tiefen Felseinschnitte auf der Rückseite der Insel sehenswert. Natürlich fühlen sich auch hier zahlreiche Meeresvögel wohl und nutzen die unzugänglichen Klippen zum Bau ihrer Nester.
Wir machen uns auf den Rückweg und stellen beim Verlassen der Insel fest, dass die Pfützen auf dem Zuweg schon wieder größer werden. Die Tide kommt. Bald wird wieder Ruhe einkehren auf der kleinen Gezeiteninsel. Zum Abschluss des Ausflugs gönnen wir uns im hübschen Birsey Bay Tearoom in der Nähe des Earl´s Palace of Birsey leckeren Milchkaffee und Kuchen.
Auch hier sind die Tidezeiten für den Brough of Birsey angeschrieben. Zudem wird angegeben, dass die Insel etwa zwei Stunden vor und nach Low-Tide besucht werden kann. Was allerdings keine Garantie ist, da schlechtes Wetter das Wasser in die Bucht drücken kann. Wir jedoch konnten die vier Stunden gut nutzen, sodass wir zufrieden auf die schöne kurze Tour anstoßen können – mit Milchkaffee.