Gegenüber der Insel Bressay befindet sich Lerwick. Der Name stammt aus dem Nordischen und bedeutet soviel wie »Schlammbucht«. Trotz der geschützten Lage wurde Lerwick erst im 17. Jahrhundert gegründet, hat danach aber bald Scalloway als Verwaltungssitz der Shetlandinseln abgelöst. Scalloway blieb mit seinem Fischereihafen zunächst noch das Handelszentrum der Inselgruppe.
Daneben entwickelte sich der Naturhafen am Sond of Bressay jedoch zu einem beliebten Ziel holländischer Heringsfischer. Von dort aus betrieben die Holländer Geschäfte mit der einheimischen Bevölkerung. Nach und nach errichteten die Inselbewohner Bretterbuden an der Bucht und tauschten ihre Produkte gegen Tabak, Branntwein oder Lederwaren.
Eindrücke unseres Roadtrips durch Schottland, den Shetlandinseln und Orkney.
Der Obrigkeit war diese Art von wildem Handel natürlich ein Dorn im Auge. Weniger wegen entgangener Steuereinnahmen, sondern wegen dem Warenangebot, welches der Moralvorstellung der hohen Herren widersprach. So wurde es 1615 unter Strafe gestellt, Häuser zu errichten,
in denen Bier an die Holländer ausgeschenkt wird. Die Frauen durften keine »Socken« mehr verkaufen und mussten für ihre Waren den Ehemann schicken. Erst Jahre später wurde die Sache beim Namen genannt und »Prostitution und der Ausschank von Alkohol« beim Hafen verboten.
1625 wurde das Handelszentrum nach Lerwick verlegt. Als offizielles Gründungsjahr der Stadt wurde jedoch das Jahr 1653 gewählt, als Cromwells Truppen das Fort Charlotte als Verteidigungsbau errichteten. Eine erste Blütezeit erlebte Lerwick unter Königin Viktoria, als es sich zu einem der wichtigsten Heringshäfen von Nordeuropa entwickelte und viele neue Häuser entstanden.
Später brachte der Ölboom eine neue Einnahmequelle und wurde der Hafen ausgebaut. Heute ist der Hafen mit den NorthLink Fähren die wichtigste Verbindung zum Festland. Neben der Schiffe der Öl- und Fischindustrie steuern hin und wieder auch Kreuzfahrtschiffe den Hafen an.
Am Hafen von Lerwick
Ein Spaziergang durch die engen Gassen der doch so kleinen Hafenstadt lohnt sich allemal. Die früheren Bretterbuden sind stabilen Granitbauten gewichen und die Waren werden in kleinen Läden angeboten. Heute hegt keiner mehr Hintergedanken, wenn die Frauen Socken in der Fußgängerzone verkaufen.
Immerhin zählt die Wollproduktion zu den Einnahmequellen der Inselgruppe. Wie überall auf der Insel geht es auch in der Altstadt recht ruhig zu und wer sich traut, kann am winzigen Bains Beach ein Bad im Sound of Bressay nehmen.
Wind- und wettergeschützte Orte, wie der von Lerwick, haben die Menschen schon vor 2000 Jahren aufgesucht. So entstand auf einer Insel am Südufer vom Loch of Clickimin der gleichnamige Broch.
Neben dem Broch of Mousa ist der von Clickimin der am besten erhaltene auf den Shetlandinseln. Da er sich am Ortsrand von Lerwick befindet, ist er zudem leicht zu erreichen und der Eintritt kostenlos. Eine Tafel am Eingang informiert über seine Entstehung.
Innerhalb einer Einfriedung auf der Insel im Loch of Clickimin erbauten die Bewohner schon in der nordischen Bronzezeit die ersten ovalen Gebäude, ähnlich derer bei Skara Brae. Erst später wurde die Insel mit einem Damm verbunden und der Broch erbaut.
Eine Besonderheit ist ein massives Blockhaus vor dem Broch. Die Archäologen sind sich nicht sicher, ob dieses aus der gleichen Zeit stammt oder aus einer früheren. Eventuell diente es der Überwachung des Siedlungseingangs und zur Abwehr ungebetener Gäste.
Die ungewöhnlich starke Doppelwand ließ bei einem zehn Meter großen Durchmesser eine Höhe von 12 bis 15 Metern zu. Die Außenwand war zwar begehbar, besaß aber keine Treppen. Es wird angenommen, dass im Innenraum mehrere Böden eingezogen wurden.
Während im Erdgeschoss die Ställe der Tiere untergebracht waren, konnten die Menschen darüber wohnen und mit offenem Feuer kochen. Der aufsteigende Rauch wurde zum Räuchern der Fische genutzt, die unterm Dach hingen.
Ausgrabungsstätte Broch of Clickimin bei Lerwick
Bereits während der Epoche der Wikinger, die ca. 800 n. Chr. auf den Inseln von Shetland siedelten, waren die Wohnanlagen beim Broch of Clickimin aufgegeben und verschwanden nach und nach unter der Erde. Nur ein kleiner Hügel auf der Insel erinnerte an die prähistorische Siedlung.
1850 wurde zunächst ohne große Fachkenntnis mit den Ausgrabungen begonnen und die gefundenen Gebäude teilweise restauriert. 100 Jahre später kümmerten sich dann Archäologen um die Funde und versetzten die Anlage in den Zustand, in welchem wir sie heute besuchen können.
Wer mehrere Tage auf den Shetlandinseln verbringt, kann davon ausgehen, dass es mindestens an einem Tag ausgesprochen ungemütlich ist. Ein gutes Schlechtwetterprogramm ist hier das Shetland Museum & Library in Lerwick. Auch wenn wir selbst eigentlich nur die Zeit bis zur Fährabfahrt überbrücken müssen, kommt uns das Museum ganz gelegen.
Auf zwei Etagen mit ca. 900 m² Ausstellungsfläche wird in dem 2007 neu eröffneten Gebäude die Entstehungsgeschichte der Shetlandinseln präsentiert. Der Eintritt ist frei. Über den Kauf von ein paar Souvenirs im gut aufgestellten Shop sind die Angestellten aber auch glücklich.
Recht anschaulich werden die Themen Umwelt, Geologie, Landwirtschaft, Fischerei und Folklore im Erdgeschoss behandelt. Es gibt so einiges zu Lesen, womit wir deutlich mehr Zeit im Museum verbringen, als wir zunächst gedacht hatten. Historische Gebäudetypen wurden nachgebaut und im Treppenaufgang hängen einige ehemalige Fischerboote der Shetlandinseln.
Das Obergeschoss beherbergt eine Ausstellung über Politik, Industrie, Kleidung, Walfang und die Handelsmarine. Verschiedene Gerätschaften laden zur Interaktion ein, so kommt auch bei Kindern keine Langeweile auf. Sogar Lars freut sich wie ein Brezelebub, als er sich an einem Designsimulator einen Norweger-Pullover mit Schnitt und Muster zusammenstellen kann.
Zuletzt ist das Restaurant im Museum sehr zu empfehlen. Das wissen auch die Einheimischen. Somit ist dort so einiges los. Will man zur Mittagszeit essen, sollte vorher reserviert werden.
Zur Kaffeezeit wird es ruhiger. Wir bekommen am Panoramafenster Richtung Hafen einen schönen Platz und können uns noch stärken, bevor wir die Weiterreise zur nächsten Inselgruppe starten.