Für gewöhnlich meiden wir bei der landschaftsbezogenen Erholung wichtige Verkehrsverbindungen. Auf dem Erlebnispfad Geislinger Steige verhält es sich anders. Der Mitte des 19. Jahrhunderts erstellte Abschnitt der Filstalbahn ist als frühes Meisterwerk der Technik Dreh- und Angelpunkt dieser spannenden Tour.
Eindrücke unserer Ausflüge und Wanderungen im deutschsprachigen Raum.
Los geht es beim Bahnhof von Geislingen. Nach dem Studium der Infotafel zum 1850 auf der grünen Wiese errichteten Haltepunkt nutzen wir die Überführung über die Gleise. Dort halten wir uns rechts und folgen der Beschilderung des Erlebnispfads über die Alte Weilersteige in den Wald zum Aussichtspunkt Lindele. Beim namensgebenden Baum haben wir bereits einige Höhenmeter geschafft und öffnet sich die Sicht über das Rohrachtal zum Gegenhang mit dem Ostlandkreuz.
Wenige Schritte weiter wechseln wir links auf den schmalen Pfad hoch zur Burgruine Helfenstein. Der Zugang erfolgt über die Südwestseite und eine teils gedeckte Treppe hoch zur äußeren Festungsmauer mit mehreren Rondellen. Sie wurde um 1100 erstmals als Stammburg der Helfensteiner erwähnt, welche während der Stauferzeit rasch an Einfluss gewannen. Im Zuge des Markgrafenkriegs wurde die Festung 1552 durch Ulmer Truppen geschliffen.
Nach dem Rundgang verlassen wir das Burgareal über die Südostseite und erreichen als Nächstes Weiler ob Helfenstein, wo wir vom Ödenturmweg rechts zum Ödenturm abbiegen. Die Nachbarschaft zur Helfenstein ist kein Zufall: um 1420 wurde der Ödenturm zum Schutz der Festung vor Kanonenbeschuss errichtet. Entsprechend dick sind die Grundmauern des gut 33 Meter hohen Turms. Ursprünglich befand sich der Eingang neun Meter über dem Boden, sodass der Turm nur über eine einziehbare Leiter und einer daran anschließender Außentreppe zugänglich war. Ab 1555 diente der Ödenturm der Feuerwache. Allerdings brannte der Ödenturm durch Blitzeinschläge selbst fünfmal aus. Seine heutige Gestalt erhielt er nach dem letzten großen Brand im Januar 1921. Der Turm ist von Mai bis Oktober jeweils sonntags zwischen 10 und 17 Uhr geöffnet.
Zurück beim Wegweiser oberhalb des Turms führt uns der nächste Abschnitt des Pfads entlang des Albtraufs durch den Wald zum Mühltalfelsen. Auf dem Weg dorthin besteht die Möglichkeit, einen Umweg hinunter zum Michael-Knoll-Denkmal und dem Galgenbrünnele in die Runde einzubauen. Da sich dieses unten an der Bahnlinie befindet, müssen wir dafür etwa 90 Höhenmeter zusätzlich leisten. Auf dem Mühltalfelsen erwartet uns anschließend eine grandiose Sicht über das Rohrbachtal, die Eisenbahnlinie und die hier deutlich tiefer liegende B 10. Weiter bergan halten wir uns beim Gasthaus Ziegelhütte rechts, eh wir auf Höhe des Steighofs auf die Bundesstraße treffen.
Nach gut 300 Metern rechts entlang der wichtigen, aber für Wanderer ungemütlichen Straße überqueren wir die B 10 im Bereich K 1440 nach Wittingen und können aufatmen. Auf einem bequem zu laufenden Rad- und Fußweg passieren wir bald die Steigmühle und finden mit dem Mühlencafé der Schimmel- bzw. Straubmühle eine schöne Einkehrmöglichkeit. Für den späteren Rückweg nutzen wir die Zufahrt bis nahe der B 10, biegen dann links ab, sodass wir den Rohrbach überqueren und folgen dem Bachverlauf an einem, für den Artenschutz bedeutenden See vorbei zurück nach Geislingen.
Nahe dem südlichen Ortseingang lohnt sich ein kurzer Abstecher zur Straub'schen Grabkapelle. Danach folgen wir den Wegmarkierungen durch die Rorgensteig, dann der Bachstraße entlang dem Rohrbach in die Altstadt. Dort leitet uns der Erlebnispfad beim Straub-Denkmal um die Stadtkirche herum in die Fußgängerzone sowie in deren nördlichen Verlängerung über die Karlstraße hinweg zum Kornschreiberhaus und dem benachbarten Museum im Alten Bau. Der letzte kurze Abschnitt der Runde führt durch die Schul- und Moltkestraße sowie links der Steingrubestraße bis zur Jahnhalle, vor der wir rechts in den Stadtpark gelangen. Dort finden wir mit dem Biergarten eine weitere Gelegenheit, den Ausflug mit einer gemütlichen Einkehr zu verbinden, eh wir die letzten Meter rechts durch die Parkstraße zurück zum Bahnhof nehmen.
Als Geislinger Steige wird sowohl der alte Handelsweg vom Filstal auf die Schwäbische Alb als auch die Eisenbahnrampe zwischen Geislingen und Amstetten bezeichnet. Dem Bau der damals Ostbahn genannten Verbindung war ein Umdenken in der Verkehrsentwicklung im Königreich Württemberg vorangegangen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde zunächst die Planung und der Bau von Kanälen forciert, um den Neckar und die Donau mit dem Bodensee zu verbinden. Nach der Inbetriebnahme der ersten Bahnlinien in Europa setzte König Wilhelm I. eine Kommission ein, um den Nutzen von Eisenbahnen gegenüber Wasserstraßen abzuwägen. Als ein Ergebnis empfahl die Kommission 1834 den Bau der Eisenbahntrasse Stuttgart-Ulm.
Die Trassenführung erfolgte dabei durch die Täler von Rems, Kocher und Brenz. Im Jahr drauf mehrten sich Forderungen, daneben eine zweite Verbindung durch das Filstal zu führen. Pläne für diese Trassenführung arbeiteten Oberbaurat Georg von Bühler und der Generalmajor und Wasserbauingenieur Carl Christian von Seeger aus. Darin nannten sie den Albaufstieg jedoch als schier unlösbare Aufgabe. Im Vergleich dazu entfiel bei der konkurrierenden Remsbahn-Variante der Albaufstieg, sodass diese als realistischer eingestuft wurde. Allerdings war sie deutlich länger und nur bei einer teilweisen Trassenführung über bayerisches Gebiet möglich. Anders als heute war damals war eine Zusammenarbeit nicht selbstverständlich.
1841 betonten die Stadträte von Geislingen in einer Bittschrift die wirtschaftliche Notwendigkeit eines Anschlusses an die Ostbahn und führten mit Bier und Vieh, Getreide und Mehl sowie Holz und Steine einige bedeutende Erzeugnisse der Region auf. Allerdings glaubten sie selbst nicht, dass je ein Zug den Albaufstieg meistern könne. Vielmehr stellten sich die Stadträte vor, die Waggons in Geislingen abzukoppeln und einzeln mit Pferden hoch auf die Alb zu ziehen. Nach einer Überarbeitung der Pläne unter anderem durch den Eisenbahningenieur Karl Etzel fiel die Entscheidung zugunsten der Filsbahn-Variante. Neben immensen Erdbewegungen waren zum Bau etliche Felssprengungen nötig. So auch am Mühlfelsen mit dem »General«, einer markanten Felsbarriere. Am 29. Juni 1850 war es soweit: nachdem im Jahr zuvor der Abschnitt Süßen-Geislingen eröffnet wurde, konnte auch das Teilstück Geislingen-Ulm den Betrieb aufnehmen.
Anfahrt mit dem Auto: Die Anfahrt nach Geislingen an der Steige erfolgt über die B 10 Stuttgart-Ulm oder, von der A 8, über die B 466. Im Ort auf die Bahnhofsstraße zum Bahnhof und P+R-Parkplatz abbiegen. Weitere Parkmöglichkeiten bestehen an der B 10 zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und Parkstraße.
Anfahrt mit Bus & Bahn: Es bestehen einige Zugverbindungen zum Bahnhof Geislingen an der Steige.
Tourencharakter: Der Aufstieg zur Burg Helfenstein ist relativ steil und erfordert festes Schuhwerk. Auf der Burg führen Treppen und luftige Brücken zu den schönsten Aussichten. Anschließend bequem zu wandernde Wege mit einigen schönen Aussichten.
Ausgangspunkt | Bahnhof Geislingen (470 m) |
Koordinaten | N 48.6192, E 9.8413 (Bahnhof) N 48.6206, E 9.8373 (Parkplatz an der B 10 nahe Stadtpark) |
Gehzeit | 4.30 Stunden |
Distanz | 13,4 km |
Anstiege | 350 HM |
Grad | T3 |
Einkehr | Burgschenke Helfenstein, Sa und So ab 9 Uhr; Mühlencafé, in Geislingen |
GPS-Daten | Wanderung Geislinger Steige gpx |
KML-Daten | Wanderung Geislinger Steige kml |