Für die Wanderung nach Hasliberg Reuti gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder führt die Route über das aussichtsreiche Bärewägli oder über einen Pfad mit Klettersteig-Charakter durch die Alpbachschlucht. Wer die Alpbachfälle näher betrachten will, sollte sich für den Pfad durch die Schlucht entscheiden. Denn diese sind nur vom unteren Eingang der Schlucht her begehbar. Wem das zu wild oder zu nass ist, empfehlen wir das Bärewägli. Der etwas leichtere Weg überrascht mit einer schönen Aussicht über das Dorf Meiringen zu den Wetterhörnern.
Wir starten unsere Wanderung nach Hasliberg Reuti beim Hotel Tourist in Schattenhalb. Bis zum Dorfkern von Meiringen ist es knapp ein Kilometer. Dieser nahezu ebenerdige Spaziergang ermöglicht uns, das Auto beim Hotel stehenlassen zu können. Kaum haben wir die Aare überquert, fällt rechts ein gemauertes Bachbett auf. Etwas kläglich, dafür kerzengerade, wird darin der Alpbach gebändigt. Es gibt sicher Zeiten, in denen deutlich mehr Wasser durch den Kanal rauscht. In so einem Fall sollte man jedoch die Alpbachschlucht besser meiden.
Beim Casinoplatz mit dem Sherlock Holmes-Museum überqueren wir die Bahnhofsstraße, sodass wir direkt auf die Sankt Michaels-Kirche zulaufen. Die Kirche zählt zu den spektakulärsten Gebäuden der Region Haslital. Bei Renovierungsarbeiten im Jahr 1915 entdeckten die Bauarbeiter alte Mauerfragmente unter dem Kirchenboden. Bei den darauf folgenden Ausgrabungen wurden gleich mehrere Vorgängerkirchen zugänglich gemacht. Am auffälligsten ist jedoch der freistehende und mit einer achteckigen Pyramidenspitze gekrönte Kirchturm. Ist es überhaupt ein Kirchturm? Die Anfänge seiner Geschichte sind bis heute ein Geheimnis. So deuten die Dimensionierung und die Bausubstanz eher auf einen Wehrturm hin. Demnach wäre der Turm ein isoliert stehendes Zeugnis des ehemaligen Zähringer Burgareals. Jedenfalls ist der 45 Meter hohe Turm ein Hingucker und schon von Weitem ein dankbares Fotomotiv.
Vor der Kirche teilt sich der Wanderweg. Links geht es hinauf zum Bärewägli, also dem kleinen Bärenweg. Beim nächsten Wegkreuz »Meiringen Amtshaus« ist dieses dann auch angeschrieben. Demnach sollte Hasliberg Reuti in 1 Stunde 25 Minuten zu erreichen sein. 100 Meter folgen wir dem Radweg. Bei einer starken Felsfanganlage erfolgt rechts der Einstieg aufs Bärewägli. Aber Vorsicht: Während Felssicherungsarbeiten kann der Pfad zeitweise aufgrund von Hubschrauberanlieferungen gesperrt sein. Auf felsigem Weg geht es nun stetig nach oben. Immer wieder geben die Bäume den Blick auf Meiringen frei. In der Ferne sehen wir den Reichenbach Wasserfall. Darüber ragen die Wetterhörner zur Sonne.
Das Bärewägli ist zwar nur 800 Meter lang, beinhaltet aber 200 Höhenmeter. Es bringt uns zu einer Lichtung mit einem hübschen Berghaus. Ein Wanderschild weist uns den Weg zum Felspfad der Alpbachschlucht. Wer von dieser Seite her kommt, steht allerdings alsbald vor einem nicht durchgängigen Drehkreuz. Für den Abstieg ist die Schlucht nämlich gesperrt. Stattdessen erreichen wir ein paar Schritte weiter oben einen scheinbar ins Leere reichenden Skywalk. Die spektakuläre Aussichtsrampe hängt leicht nach unten über die Schlucht beziehungsweise direkt vorm oberen Alpbachfall. Manch einem Gemüt wird es hier ganz schön mulmig.
Wer es etwas spektakulärer will, kraxelt durch die Schlucht der Alpbachfälle. Dazu folgen wir bei der Sankt Michaels-Kirche dem Schild in Richtung Bergbahnen Meiringen-Hasliberg. An der Talstation der Bergbahnen vorbei überqueren wir den Alpbach. Kurz darauf erreichen wir den Wegweiser »Meiringen Alpbach«. Hier führt der nächste Wanderweg in mehreren Kurven unter den Kabeln der Bergbahnen hinauf bis nach Hasliberg Reuti. Bei der fünften Kehre zweigt links der Pfad in die Alpbachschlucht ab. Ein Schild weist darauf hin, dass dieses Wegstück besondere Anforderungen an Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordert. In der Schlucht herrscht Absturz-, Steinschlag- und bei Nässe extreme Rutschgefahr.
Kurz nach dem Einstieg quert man die Schlucht über eine auffallend rote Brücke. Der Weg hinauf zu den Wasserfällen ist fortan durchgehend mit Drahtseilen gesichert. Die Treppen sind teilweise in den Fels gehauen oder mit großen Steinen ausgelegt. So ist der Aufstieg bei trockenem Wetter relativ gefahrlos. Leider verhält es sich hier ähnlich wie am Reichenbach Wasserfall. Das Wasser des Alpbachs wird oberhalb der Wasserfälle gefasst und zu den Rohren eines Wasserkraftwerks geleitet. Als Folge blicken wir bei der Aussichts-Plattform auf einen relativ schmalen Alpbachfall. Lediglich der untere Wasserfall breitet sich einem Brautschleier ähnlich aus und bietet etwas mehr fürs Auge. Der Ausgang aus der Schlucht erfolgt dann durch das Drehkreuz beim Bärewägli. Somit beinhaltet auch diese Variante den Schwindel erregenden Genuss des Alpbach-Skywalks.
Oberhalb des Skywalks mündet der Pfad in einen Feldweg. Hier folgen wir dem Wegweiser rechts nach Reuti. 90 Meter weiter treffen wir auf den Verbindungsweg nach Schrändli, von dem weiter unten der Felspfad zur Alpbachschlucht abzweigt. Rechts ginge es also wieder direkt hinunter nach Meiringen. Wir indes wandern weiter bergauf in Richtung Hasliberg Reuti, sodass wir nach 150 Metern den Skulpturengarten Schrändli erreichen. Filigrane Holzschnitzereien, rostige Schneckenwellen und bunte Glasgebilde zieren eine Geländeterrasse am alten Kirchweg. Weit schöner ist die Aussicht auf die klassische Silhouette der Wetterhorngruppe in der Bergwelt gegenüber.
Vorbei an den wenigen Häusern von Schrändli treffen wir im Wald auf einen Abzweig nach Mühlefluh. Bei Unwetter ist dieser gesperrt. Andernfalls ermöglicht er abzukürzen, indem man das Bergdorf Reuti ausspart. Wir selbst treffen bei Brünigsteig auf den Hasliberger Dorfweg. Eine knappe Viertelstunde sind wir dann auch schon in Reuti. Es ist ein klassisches Vorzeigedorf mit malerischen Schweizer Berghäusern. Nahezu alle Grundstücke haben eine traumhafte Sicht auf die Wetterhörner. Einzig das Gebäude und die Stützen der Bergbahn passen nicht so schön ins Bild.
Im Reuti folgen wir zunächst dem Hasliberger Dorfweg. Die unteren Schilder führen uns dann eindeutig in Richtung Mühlefluh. Wir lassen die Häuser von Reuti langsam hinter uns. Wo wir wieder in den Wald eintauchen, biegen wir mit der ViaBerna 38 links ab. Damit wandern wir wieder kurz in Richtung Schrändli, folgen dann aber immer den Schildern nach Mühlefluh. Zehn Minuten später erreichen wir so einen traumhaften Aussichtspunkt über Meiringen. Die Sicht reicht über das Haslital bis zum Brienzersee. Gegenüber rauscht der Wasserfall des Reichenbachs über seine Fallstufen in die Tiefe. Wir erkennen mit den unteren Wandelalpen, den Garzen und dem Wandelhoren beim Chaltenbrunnen-Moor einiges aus unserer ersten Wanderung bei Meiringen. Der Mühlefluh ist ein wirklich toller Ort, an dem es sich bei einem Vesper gut verweilen lässt.
Der Aussichtspunkt Mühlefluh befindet sich auf einem gewaltigen Felsklotz, dessen Kante zum Haslital steil hinab fällt. Der direkte Abstieg nach Meiringen bleibt uns damit verwehrt. Wir bleiben also auf der ViaBerna 38. Entlang der Kante und durch den Wald geht es fortan stetig hinab nach Wylerli, einer Lichtung mit zwei Häusern. Dort biegen wir rechts nach Meiringen ab. Bei den ersten Häusern erreichen wir ein Wegkreuz für den Schlosswald Rundweg. Hier bietet sich ein Abstecher zur Burgruine Resti an. Gut möglich ist dieser geradeaus durch die Obersteinstraße. Wir entscheiden uns für die zweite Variante, die rechts mit einem kurzen Aufstieg durch den Wald einhergeht. Nach 700 Metern haben wir die Burgruine Resti erreicht.
Der Burgturm der Ruine Resti ragt schon von Weitem sichtbar aus dem Wald heraus. Ab 1250 entstand die Burg in mehreren Etappen als dominierende Burganlage des Haslitals. Während des Mittelalters diente sie dem Schutz der Verkehrswege in der Talebene. Von hier aus ließen sich die Zugänge zu den Pässen Grimsel, Joch, Susten, Große Scheidegg sowie auch zum Brünig überwachen. Burgherren waren damals die Ritter von Resti, Lehensträger der Habsburger. Um 1300 ließen sie den Restiturm aufstocken. Infolge des Ausbaus des Handelswegs Grimsel-Gries erfolgte im späten 14. Jahrhundert eine zweite Aufstockung. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg Resti jedoch aufgegeben und dem Verfall preisgegeben.
Als 1617 der Galgen aus dem Wiisland auf die Burg versetzt wurde, diente das Areal bereits als Allmende. 1915 erfolgte eine erste Sicherung, bei der Fugen mit Zement ausgebessert wurden und der Turm einen neuen Zinnenkranz erhielt. Heute wird der Restiturm unter dem Schutz des Kantons und dem Bund vom Gemeinnützigen Verein Meiringen gepflegt und instand gehalten.
Im Turm waren einst der Rittersaal und die Schlafstube bewohnt. Im Dachgeschoss fand sogar die Burgmannschaft einen düsteren, fensterlosen Schlafraum. So waren sie nah bei der Wehrplattform, die zum Schutz vor den gefürchteten Brandpfeilen feuerfest gemauert war. Heute ist von den Stuben wenig übrig. Der Turm selbst ist bis auf ein Stahlgerüst hohl. Der 2004 installierte stählerne Steg eröffnet uns eine weitere Aussicht zwischen den Zinnen hindurch auf die Dächer von Meiringen.
Nach dem Burgbesuch gelangen wir gemütlich über den Restiweg zum Alpbach. Noch einmal öffnet sich der Blick auf die Alpbach Wasserfälle. Vorbei an den Bergbahnen zum Hasliberg geht es dann durch die Alpbachallee zur Ortsmitte. Oder, wie in unserem Fall, zurück zum Hotel Tourist nach Schattenhalb. Die Wanderung über die Alpbachfälle nach Hasliberg Reuti ist ein gelungener Abschluss unseres Wanderwochendes in Meiringen. Mit eindrucksvollen Wasserfällen, einem schönen Bergdorf, tollen Aussichten und einer mittelalterlichen Burg können wir viele neue Eindrücke aus dem Haslital mit nach Hause nehmen.
Die Anfahrt ist bereits bei unserer Wanderung zum Reichenbach-Wasserfall beschrieben.
Ausgangspunkt | Reichenbachfall-Bahn |
Koordinaten | N 46.71947, E 8.18774 |
Gehzeit | 3.30 Stunden |
Distanz | 10 km |
An-/Abstiege | ca. 480 HM |
Anforderungen | T2 oder T3, Trittsicherheit in der Schlucht der Alpbachfälle erforderlich |
Einkehr | Gastronomien in Meiringen, Restaurant im Hotel Panorama in Reuti |
Beschilderung | ab der Sankt Michaels-Kirche links zum Bärewägli oder vorbei an den Bergbahnen Meiringen-Hasliberg und dort hinauf nach Reuti |
GPS-Daten | Wanderung Alpbachfälle gpx |
KML-Daten | Wanderung Alpbachfälle kml |